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11:43 Uhr, 29.11.2021

Weltklimagipfel in Glasgow: 10 Schlussfolgerungen

2030 das neue 2050 für die Bekämpfung des globalen Klimawandels. So lautet die erste von insgesamt zehn Schlussfolgerungen von Claire Hedley, ESG Strategist bei Goldman Sachs Asset Management, in einer zusammenfassenden Bewertung des Weltklimagipfels COP 26 in Glasgow.

Die „World Climate Summit – The Investment COP“ gilt als eine der wichtigsten offiziellen Nebenveranstaltungen beim Weltklimagipfel COP26. Sie ist das führende Forum für Unternehmens- und Investmentlösungen gegen den Klimawandel und hat sich zu einer wichtigen Plattform entwickelt, auf der Märkte sich über Maßnahmen zur Abflachung der Klimakurve informieren können.

Goldman Sachs Asset Management war mit einer Delegation bei dieser Veranstaltung vertreten und durfte bei einer der Paneldiskussionen referieren. Nach der Veranstaltung tauschten die Mitglieder unseres Teams ihre Erfahrungen aus, die wir für Sie in diesen 10 Schlussfolgerungen zusammengefasst haben.

1. DRINGLICHKEIT: 2030 ist das neue 2050

Der Handlungsdruck war bei dem Gipfel spürbar, und die Botschaften waren unmissverständlich:
• Jeder Einzelne muss Worte und Verpflichtungen in Taten umsetzen.
• Die Welt kann es sich nicht leisten, keine Fortschritte in diesem Jahrzehnt zu erzielen – bis 2030 sind es nur noch 109 Monate.
• Das Tempo des Fortschritts muss sich beschleunigen.

Die wissenschaftliche Forschung deutet darauf hin, dass wir die Treibhausgasemissionen bis 2030 um etwa 50 % reduzieren müssen, um eine Erderwärmung um 1,5 °C zu verhindern. Vor dem Weltklimagipfel erreichten die bisherigen Reduzierungen und Verpflichtungen Projektionen zufolge nur eine Abflachung der Kurve: Weltweit wurde nach wie vor ein Wachstum der Emissionen um 17 % bis 2030 prognostiziert. Laut der Analysewebsite „Climate Action Tracker“ steuern wir mit den aktuellen Zielen für 2030 (ohne die Zusagen für 2050 zu berücksichtigen) auf einen Temperaturanstieg von 2,4 °C bis Ende des Jahrhunderts zu. Regierungen, Unternehmen, Investoren und Verbraucher müssen jetzt handeln, um diese Lücke zu schließen.

2. KAPITALANLAGE: Der Finanzsektor gilt als wichtiger Akteur beim Entwickeln von Antworten auf Klimafragen

Der Rolle, die der Finanzsektor bei der Entwicklung von Antworten auf Klimafragen spielen kann und muss, wurde beim COP26 deutlich mehr Bedeutung zugeordnet. Führende Wirtschaftsvertreter, Banken und Investoren teilen sich nun im wahrsten Sinne des Wortes die Bühne mit Staatsoberhäuptern. Daran erkennt man, dass private und öffentliche Sektoren zusammenarbeiten müssen; kein Sektor kann die Herausforderungen alleine bewältigen.

Zu den wichtigsten Trends im Bereich der Klimafinanzierungen zählen voraussichtlich:
• Umfassende Entwicklungen vereinter Finanzlösungen zur Vergemeinschaftung der Risiken, was von besonderer Relevanz für die Schwellenländer ist.
• Ein längerer Zeithorizont bei der Realisierung von Renditen vieler Investitionen als für Investoren bisher üblich.
• Eine zunehmende Nachfrage nach Net-Zero-konformen Anlageportfolios, denn die Besitzer von Vermögenswerten versuchen, die Zusagen zu erfüllen, die sie über die Net Zero Asset Owner Alliance und andere Organisationen gemacht haben.
• Die fortlaufende Entwicklung der Fähigkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels zu messen, die Risiken und Chancen des Klimawandels in Modellen und Annahmen für die Kapitalmärkte zu berücksichtigen und Portfolios aufzubauen, mit denen Anleger Klimaziele auf kurze, mittlere und lange Sicht erreichen können

3. KOLLABORATION: Zusammenarbeit – über Branchen, Regionen, öffentliche und private Sektoren hinweg – ist unerlässlich

Die Dekarbonisierung ist eine globale Aufgabe von nie da gewesenem Ausmaß, die die Zusammenarbeit aller Parteien erfordert, auch solcher, die in der Vergangenheit vielleicht Konkurrenten waren. Das ist eine einzigartige Herausforderung. Erfreulicherweise wurde in vielen Paneldiskussionen eingehend über die Zusammenarbeit öffentlicher und privater Sektoren diskutiert, die notwendig ist, um Investitionen zu beschleunigen. Viele Unternehmen erläuterten an Beispielen, wie sie mit ihren Lieferanten und sogar Konkurrenten gemeinsam an der Dekarbonisierung arbeiten, denn sie haben erkannt, dass kleine Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeiten, vor zusätzlichen Herausforderungen stehen, etwa beim Zugang zu Kapital zur Finanzierung des Übergangs.

4. ENGAGEMENT: Das Vorantreiben von Veränderungen führt zu Ergebnissen im Kampf gegen den Klimawandel

Bei vielen Paneldiskussionen wurden Unternehmen mit schlagkräftigen Argumenten zu Verbesserungen im Bereich der Dekarbonisierung angeregt, weil dies zunehmend als effektivere Möglichkeit angesehen wird, den notwendigen Fortschritt hin zu Net-Zero-Emissionen zu erreichen. Das grundlegende Problem lässt sich nicht dadurch lösen, dass man sich einfach nur von emissionsintensiven Unternehmen und Ländern trennt. CO2-intensive Anlagen könnten zudem auf die privaten Märkte gelangen, wo sie weniger transparent sind. Ein Teilnehmer einer Paneldiskussion erklärte es so: Das globale Rennen zu Net Zero könnte gefährdet werden, wenn die emissionsintensivsten Unternehmen sich nicht ändern. Deshalb müssen klimabewusste Investoren mit am Tisch sitzen, um diese Unternehmen zu zwingen, einen Plan zu entwickeln.

Die Gefahr einer Investitionsveräußerung muss jedoch real sein, und es sollte klare Ziele und Zeitrahmen für den Abzug von Kapital geben, wenn diese Ziele nicht erreicht werden. Dieser Prozess kann durch konstruktives und durchdachtes Engagement von Unternehmen unterstützt und beschleunigt werden.

5. INNOVATION UND AUSMASS: Die Beschleunigung und das Ausmaß von Lösungen ist unerlässlich und schafft Anlagechancen

Innovation im Finanzsektor, bei Geschäftsmodellen und in Lieferketten wurde durchgehend betont; um den notwendigen Fortschritt zu erzielen, müssen wir neue Methoden und Vorgehensweisen finden. Die wichtigsten Botschaften in Bezug auf Innovation lauteten:
• Fortlaufende innovative Problemlösungen im Technologie- und im Finanzsektor sowie Lösungen für jede Branche sind entscheidend.
• Viele der benötigten Technologien und Lösungen existieren bereits, müssen aber noch umfangreicher werden.
• Innovation kann ein rentables Investment sein: Auf lange Sicht wird jeder Euro, der in ein Portfolio aus Cleantech-Lösungen investiert wird, bis 2050 voraussichtlich 9 EUR an zukünftigen Umsätzen an den europäischen Märkten generieren.

6. DATEN UND MESSBARKEIT: Einheitliche Standards sind unerlässlich bei der Umsetzung von Unternehmens- und Finanzinitiativen

Die Finanzmärkte müssen die Risiken und Chancen bewerten, mit denen einzelne Unternehmen durch Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungs(ESG)-Faktoren konfrontiert sind, da diese sich auf den Unternehmenswert auswirken. Dadurch entsteht eine enorme Nachfrage nach hochwertigen Daten über Klimaauswirkungen und Performance sowie nach zukunftsgerichteten Berichten; diese unentbehrlichen Tools werden Anlegern helfen, ihre Kapitalallokation an die Klimawende anzupassen.

Wir teilen die Begeisterung der Teilnehmer über die Ankündigung, dass ein International Sustainability Standards Board (ISSB) geschaffen wird. Dies ist ein wichtiges Ergebnis von COP26. Dieser bedeutende Schritt nach vorne zeigt einen Weg zu internationalen Standards auf, der auf bestehenden Bausteinen basiert und von Unternehmen erfordert, dass sie ihre Berichterstattung schnell an die von der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) und dem Sustainable Accounting Standards Board (SASB) vorgegebenen Leitlinien anpassen.

7. POLITIK: Finanzmittel und Initiativen der Privatwirtschaft brauchen Unterstützung durch die Politik

Es herrschte breite Einigkeit, dass die Regierungspolitik weiterhin unentbehrlich für den Erfolg beim Erreichen von Net-Zero-Zielen ist. Unternehmen und Investoren brauchen einen klaren Rahmen, in dem sie tätig sein können, besonders was die Standardisierung von Offenlegungen und die Regulierungen zur Schaffung gleicher Voraussetzungen anbetrifft. Viele Teilnehmer äußerten zudem die Meinung, dass der CO2-Preis in den Fokus politischer Entscheidungsträger rücken sollte.

8. INDUSTRIE- UND SCHWELLENLÄNDER: Industrie- und Schwellenländer haben unterschiedliche Bedürfnisse und Abwägungen

Klimalösungen müssen die sehr unterschiedlichen Umstände von Industrie- und Schwellenländern sorgfältig berücksichtigen. Schwellenländer benötigen mehr Finanzmittel für die Anpassung, um sie für das höhere Stranded-Assets-Risiko, die höhere Anfälligkeit für physische Risiken durch den Klimawandel und die allgemein schwächeren Volkswirtschaften mit niedrigeren Kreditratings, die vielfach noch durch die Pandemie belastet sind, zu entschädigen.

Globale Lösungen gegen den Klimawandel müssen unbeabsichtigte oder nicht beachtete Konsequenzen vermeiden, die wesentlich sein können. In Entwicklungsländern sind Frauen und Mädchen überproportional von Klimakatastrophen betroffen; bis zum Jahr 2025 werden 12,5 Millionen ihre Ausbildung aufgrund des Klimawandels nicht beenden. Bildung ist für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel entscheidend, denn Erwerbstätige müssen geschult und umgeschult werden, um Teil der Green Economy werden zu können.

9. JENSEITS DER EMISSIONSZIELE: Dekarbonisierung bedeutet auch, mehr Aufmerksamkeit auf biologische Vielfalt, Meere und Abfall zu lenken

Etliche Umweltthemen im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung haben sich als Schlüsselthemen herauskristallisiert und werden unserer Ansicht nach zunehmend in den Fokus der Anleger rücken:
• Die biologische Vielfalt gehört zu den wesentlichen Bedrohungen für die Belastungsgrenzen der Erde; sie ist entscheidend für die Dekarbonisierungsbemühungen, wird jedoch durch das aktuelle Emissionsniveau äußerst beeinträchtigt. Die beim COP26 angekündigte Verpflichtung zum Stopp der Abholzung der Wälder wurde allgemein begrüßt.
• Die Meere sind unentbehrlich für die Dekarbonisierungsbemühungen und müssen vor dem Verlust der biologischen Vielfalt und Verschmutzung geschützt werden. Fortlaufende Innovation und Entwicklung „blauer“ Finanzierungsmöglichkeiten sind erforderlich.
• Eine auf die Kreislaufwirtschaft gerichtete Mentalität, bei der die Aufarbeitung von Produkten im Mittelpunkt steht und nicht die Entsorgung oder das Recycling von Abfall, wird die Dekarbonisierungsbemühungen zusätzlich unterstützen. Ein Umdenken in Bezug auf Abfall reicht jedoch nicht aus. Unternehmen müssen das Produktdesign überdenken, damit die Nutzungsdauer von Produkten durch innovative Wiederverwendungsmöglichkeiten verlängert werden kann, was den Planeten weniger belasten wird.

10. VERANTWORTLICHKEIT: Jeder muss zur Rechenschaft gezogen werden

Regierungen, Unternehmen, Investoren und Verbraucher tragen Verantwortung und müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Ein Teilnehmer drückte es so aus: Ergebnisse sind ausschlaggebend; nichts anderes zählt mehr, wenn wir die Pläne, die wir gemacht haben, nicht erfolgreich umsetzen.

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