Das Experiment zur Rettung der Welt ist gescheitert
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- Nikkei225 - WKN: 969244 - ISIN: XC0009692440 - Kurs: 23.139,76 Pkt (TSE)
Der japanische Premierminister Shinzo Abe hat am vergangenen Freitag aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt angekündigt. Mit Abe tritt der am längsten regierende Ministerpräsident Japans ab. Als Abe sein Amt Ende des Jahres 2012 antrat, verbanden sich vor allem große wirtschaftliche Hoffnungen mit Abe. Der neue Premierminister sollte endgültig die wirtschaftliche Misere beenden, in der sich Japan seit dem Platzen einer gigantischen Aktien- und Immobilienblase Ende der 80er Jahre befand.
Abes Wirtschaftspolitik war so charakteristisch, dass dafür ein eigener Begriff geprägt wurde: Abenomics. Das Programm bestand aus drei Kernforderungen:
- Fortsetzung der ultralockeren Geldpolitik
- riesige, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft
- Strukturreformen, um die Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen
Wirklich neu war davon wenig in Japan, schließlich hatten auch die Vorgänger Abes letztlich ganz ähnliche Rezepte angewandt. Doch mit den drei "Pfeilen" der Abenomics sollte endlich die Phase der säkularen Stagnation überwunden werden, in der sich die japanische Wirtschaft bereits seit Jahrzehnten befand.
Auf dem Höhepunkt der Blase Ende der 80er Jahre galt Japan auf der ganzen Welt als wirtschaftliches Vorbild. Manager in Europa und den USA eigneten sich verzweifelt japanische Managementtechniken an, um dem angeblich überlegenen japanischen Wirtschaftsmodell nacheifern zu können. Der Landwert des japanischen Kaiserpalasts in Tokio war auf dem Höhepunkt der Blase angeblich genau so hoch wie der des gesamten US-Bundesstaates Kalifornien. Doch dann platzte die Blase und nichts war wie zuvor. Der japanische Aktienindex Nikkei 225 hat sein Allzeithoch von 38.957 Punkten am 29. Dezember 1989 bis heute nicht wieder erreicht.
Auch realwirtschaftlich war das Jahr 1989 eine Zäsur: Hatte die Wachstumsrate der japanischen Wirtschaft vor 1989 in den meisten Jahren bei mehr als vier Prozent gelegen, wurde dieser Wert nach dem Jahr 1989 nur noch ein einziges Mal erreicht, und zwar im Jahr 2010, als sich die Wirtschaft vom Schock der Finanzkrise erholte.
Abe versprach bei seinem Amtsantritt Ende 2012, die wirtschaftliche Schwächephase endlich zu überwinden. Doch die Bilanz fällt ernüchternd aus. In den Jahren 2013 bis 2019 lag die Wachstumsrate der japanischen Wirtschaft im Durchschnitt bei nur einem Prozent. Das war sogar noch etwas schwächer als im Durchschnitt der Jahre vor der Amtszeit Abes, wenn man die Finanzkrise ausblendet. Im laufenden Jahr dürfte die japanische Wirtschaft Corona-bedingt um knapp fünf Prozent schrumpfen.
Abes Versuch, mit einer Kombination aus ultralockerer Geldpolitik, schuldenfinanzierten Konjunkurprogrammen und Strukturreformen die wirtschaftliche Wende zu schaffen, ist gescheitert. Während das Wachstum schwächelte, wuchs die Staatsverschuldung weiter. Allerdings wuchs die Schuldenquote, also das Verhältnis aus Staatsverschuldung und BIP, seit Amtsantritt Abes nur noch marginal. Gleichwohl liegt die Schuldenquote mit rund 240 Prozent weiter höher als in allen anderen Industriestaaten.
Einzig der Aktienmarkt hat sich in den vergangenen Jahren halbwegs erfreulich entwickelt. So steht der Nikkei 225 heute rund doppelt so hoch wie zum Amtsantritt Abes.
Das Rezept vieler Regierungen und Notenbanken weltweit zum Überwinden der Corona-Krise erinnert verheerend an "Abenomics". Während die gigantische Geldflut die Wirtschaft kurzfristig ohne Zweifel ankurbelt und dem Aktienmarkt zu neuen Hochs verhilft, ist zumindest in Japan der langfristige Erfolg ausgeblieben. Das Wachstum der Wirtschaft hat sich nicht nachhaltig belebt. Ganz im Gegenteil hat die Anzahl von "Zombi"-Unternehmen (also Unternehmen, die wirtschaftlich nicht erfolgreich sind und nur künstlich durch staatliche Maßnahmen am Leben gehalten werden) stark zugenommen und könnte zusammen mit der hohen Schuldenlast dafür sorgen, dass die japanische Wirtschaft auch in den kommenden Jahren kaum auf die Beine kommt. Ein ganz ähnliches Schicksal droht wohl auch vielen anderen Ländern.
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