Kommentar
08:58 Uhr, 17.02.2016

Das Ende des Dividendentraums

Dividenden, so heißt es, sind die neuen Zinsen. Positive Zinsen gibt es kaum noch. Große Vermögen nehmen einige Banken nur noch an, wenn sie die negativen Einlagenzinsen der Zentralbanken weiterreichen können. Auch auf dem Anleihenmarkt sind positive Renditen eine Seltenheit geworden.

Weltweit notieren derzeit knapp 6 Billionen Dollar an Anleihen im negativen Bereich. Zu dieser Summe tragen vor allem Staatsanleihen bis zu einer Laufzeit von 10 Jahren in der Schweiz, in Deutschland und anderen Euroländern, Japan, Schweden und Dänemark bei. Mit dem Sparbuch lässt sich ebenso wenig Zinsen verdienen wie mit Staatsanleihen. Selbst Unternehmensanleihen gehen teilweise in den negativen Bereich. Bereits seit Februar 2015 zahlen Investoren dafür, wenn sie Nestlé Geld leihen wollen.

Nestlé ist kein Einzelfall, auch wenn die negativen Renditen noch lange nicht so ausgeprägt sind wie bei Staatsanleihen. Nestlé kann sich „nur“ für bis zu 4 Jahre Geld umsonst leihen. Wie man es auch dreht und wendet, es gibt de facto keine Zinsen mehr, wenn man sein Geld einigermaßen sicher anlegen möchte. Wer Zinsen haben möchte, muss entweder in Unternehmensanleihen mit langer Laufzeit oder niedrigem Rating investieren. Wie sicher das dann ist, muss jeder selbst entscheiden.

Was Anlegern derzeit bleibt, das sind Dividenden. Dividenden werden gerne als die neuen Zinsen bezeichnet, denn Dividenden liefern derzeit das, was Sparzinsen und Staatsanleihen noch vor wenigen Jahren geboten haben. Wer Dividenden haben möchte, der muss natürlich die Schwankungen der Aktienkurse verkraften können.

Vielen Anlegern erscheinen die Risiken zwischen Kursschwankungen und Dividenden ausgewogen. Anleger haben in den vergangenen Jahren den Zeithorizont ihrer Anlagen immer weiter verlängert. Erst jetzt bemerken viele, dass die Risiken auf dem Aktienmarkt real sind. Das Sentiment verändert sich und Anleger beginnen auch wieder etwas kurzfristiger zu denken.

Zu dem Sinneswandel trägt vermutlich auch die Entwicklung der Dividenden bei. Der große Dividendentraum ist in vielen Bereich erst einmal ausgeträumt. Ganz vorne mit dabei sind Rohstoffunternehmen, die dank eines zehnjährigen Rohstoffbooms ihre Dividenden immer weiter steigerten. Unternehmen aus der Ölbranche bis hin zu Kohleproduzenten versprachen ihren Anlegern: Die Dividenden werden jedes Jahr gesteigert. Soso.

In der Praxis hat sich die vollmundige Ankündigung nun als problematisch herausgestellt. Viele Unternehmen haben ihre Dividenden bereits gestrichen oder stehen kurz davor. Einige Ausnahmen gibt es. So hält Exxon bisher an seiner Dividendenpolitik fest (keine Senkung der Dividende, egal, was kommt). Exxon ist allerdings eines der ganz wenigen Unternehmen, die sich das auch leisten können. Die meisten anderen können das nicht.

Zu den Unternehmen, die es sich nicht leisten können, zählt die Mehrheit. Es handelt sich dabei nicht nur um die gebeutelte Ölindustrie, sondern die gesamte Rohstoffindustrie. Die schöne Erfolgsstory von Unternehmen wie Freeport McMoRan (größter Kupferproduzent) hat sich inzwischen in Luft aufgelöst.

Anleger reagierten auf die Dividendenkürzungen oder Dividendenstreichungen zunächst verschnupft. Inzwischen haben die meisten begriffen, dass dieser Schritt notwendig war. Für viele Unternehmen wie Freeport McMoRan war das eine Überlebensfrage. Ohne Streichung der Dividende wäre das Unternehmen bald so hoffnungslos überschuldet, dass die Insolvenz unausweichlich geworden wäre.

Andere Firmen, die noch nicht vor dem Bankrott standen, aber unter drastisch sinkenden Einnahmen litten, hielten lange Zeit an ihren Dividenden fest. Das bedeutete letztlich, dass sich Unternehmen bei Banken oder auf dem Kapitalmarkt Geld liehen, um es an Aktionäre auszuschütten. Sehr viel unsinnigere Managemententscheidungen kann man gar nicht treffen.

Leiht sich ein Unternehmen Geld, um es auszuschütten, dann zahlt das Unternehmen für dieses Geld Zinsen. Die Dividenden werden dann beim Aktionär noch einmal versteuert. Gleichzeitig kann das Unternehmen nicht investieren, weil das Geld fehlt und schwächt die Bilanz. Dividenden über Kredit zu finanzieren ist so ziemlich das abwegigste, was einem Unternehmen einfallen kann.

Inzwischen erkennen das Manager und Anleger. Dividendenstreichungen werden mit Kurssprüngen gewürdigt. Wie man allerdings zunächst überhaupt daran glauben konnte, dass die Dividenden niemals angerührt werden müssten, ist rätselhaft. Das Rohstoffgeschäft war schon immer stark zyklisch. In einem zyklischen Segment von immerwährendem Wachstum auszugehen ist töricht.

Die Dividendenhistorie von 5 Rohstoffunternehmen ist in Grafik 1 abgebildet. Der Gold- und Silberminenbetreiber Hecla Mining schüttete bis 1990 Dividenden aus. Das war bis 10 Jahre nach dem großen Spekulationsexzess Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Der Bärenmarkt für Edelmetalle hielt sich bis 2002. Solange gab es keine Dividende. Sie wurden sogar erst wieder 2011 aufgenommen.


Barrick Gold ist in seiner Dividendenpolitik zuverlässiger gewesen, doch auch hier wurde während des Bärenmarktes auf große Steigerungen verzichtet. Freeport McMoRan verzichtete nicht nur auf eine Steigerung der Dividende, sondern strich sie ganz. Von 1999 bis 2002 gab es für Aktionäre keinen Cent. Nachdem Freeport 2003 wieder begann Geld an die Aktionäre auszuschütten stiegen die Dividenden gleich rasant an. Das wurde nun durch die erneute Streichung korrigiert.

Rio Tinto und BHP Billiton konnten in dem allgemeinen Bärenmarkt für Rohstoffe in den 90er Jahren ihre Dividenden ebenfalls nicht nachhaltig steigern. Im Bullenmarkt von 2003 bis 2011 wurde dafür dann richtig zugelangt. Rito Tinto hat bereits angekündigt, die Dividende für 2016 zu halbieren. BHP Billiton wird vermutlich Ende Februar diesem Beispiel folgen.

Für Anleger muss das alles keine schlechte Nachricht sein. Es hilft ja nicht, wenn Unternehmen an den Ausschüttungen festhalten, dafür dann aber in finanzielle Bedrängnis geraten. Zudem haben die Aktienkurse zuletzt so stark verloren, dass die Dividendenrenditen trotz Kürzungen durchaus noch attraktiv sind. Rio Tinto und BHP Billiton liefern bei der Halbierung ihrer Dividenden noch immer Renditen um 4 % (Grafik 2).

Ob Öl, Gas, Gold oder Eisenerz, der Rohstoffmarkt ist stark zyklisch und schwankt zwischen Unter- und Überangebot. Das war in den letzten 100 Jahren so und wird auch die kommenden Jahrzehnte nicht anders sein. Wer das versteht, der kann mit Rohstoffaktien viel Geld verdienen, denn die Kurse verlieren in Bärenmärkten zwischen 70 % und 95 %. Im Bullenmarkt vervielfachen sie sich dann.

Das aktuelle Kursniveau kann den Boden markieren, muss es aber nicht. Die Kurse sind inzwischen jedoch sehr weit zurückgekommen. Auf diesem Niveau kann man die Hälfte dessen, was man in den Rohstoffsektor investieren möchte, einsetzen. Geht es noch einmal nach unten, kann man die Positionen ausbauen.

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6 Kommentare

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  • Frank0815
    Frank0815

    Hallo Herr Schmale,

    Mandalay Resources zahlt eine Dividende von ca. 3-5% aus. Ein kleines kanadisches Unternehmen (337.8 Mio €) mit Minen in Australien, Schweden und Chile. (Ag, Au, Sb, Cu )

    Das Management verfolgt eine interessante Strategie. Sofern ich das beurteilen kann, scheint sich das Unternehmen besonders in schweren Zeiten gut behaupten zu können.

    Ich würde mich sehr über Ihre und auch andrer Meinungen freuen!

    http://www.mandalayresources.com

    02:16 Uhr, 10.07. 2016
  • Long oder Short
    Long oder Short

    Es geht hier um Zinsen und Dividenden, nicht um wilde Zockerei.

    11:06 Uhr, 17.02. 2016
  • netzadler
    netzadler

    RWE

    was ein Timing, herr schmale,

    hut ab

    09:39 Uhr, 17.02. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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