Kommentar
17:08 Uhr, 21.04.2017

Das böse R-Wort!

Gestern ging das R-Wort (Rezession) um, obwohl die Daten erst einmal etwas vollkommen anderes sagen. Trotzdem muss man es ernst nehmen

Seit Trumps Wahl vertrete ich die These, dass die neue Regierung mit ihren Reformen Gas geben muss, um eine Rezession zu verhindern. Auf den ersten Blick erscheint das geradezu schon obszön. Gerade erst wurden neue Daten veröffentlicht. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind nach wie vor historisch niedrig. Seit den 70er Jahren gab es nicht mehr so wenige Anträge (Grafik 1).

Die Zahl der Erstanträge sank zuletzt nicht mehr, stabilisierte sich aber auf sehr niedrigem Niveau. Ein anderer Indikator, die fortgesetzten Anträge, erreichten in dieser Woche einen langjährigen Bestwert. Die Zahl sank unter 2 Mio. Wer trotz dieser Zahlen nicht überzeugt ist, der ist es vielleicht mit einem Blick auf Grafik 2. Dargestellt sind die gleichen beiden Zeitreihen, allerdings diesmal relativ zur Bevölkerung ausgedrückt. Die Bevölkerung ist in den USA seit Beginn der Datenreihe stark gewachsen.


200.000 Erstanträge waren vor 50 Jahren sehr viel mehr als heute, denn seit damals ist die Bevölkerung um 63 % gewachsen. Das ist praktisch wie mit der Inflation. Mit einem Dollar konnte man vor 50 Jahren ganz andere Dinge kaufen als heute.

Relativ zur Bevölkerung betrachtet ist die Lage grandios. Auch die Laune der Konsumenten und Unternehmen war grandios. Inzwischen zeigen sich allerdings erste Rückschläge im Sentiment. Der neuste Philadelphia Fed Index, der die Einschätzung von Unternehmen zur Entwicklung der Verkäufe, Preise, Lagerbestände, Auftragseingänge und Beschäftigung misst.

Persönlich interpretiere ich diese und die vielen anderen Datensätze so: die Party ist vorbei, die Luft ist draußen. Die USA haben den Zenit des Aufschwungs überschritten. Ein Abschwung kommt, möglicherweise sogar eine Rezession. Das ist übrigens nicht mit der letzten Rezession vergleichbar. Ich gehe nicht von einem Crash aus und der Notwendigkeit großangelegte Rettungsaktionen durchführen zu müssen. Ich gehe von einem milden Abschwung aus, der in keiner Katastrophe endet, sich dafür aber ähnlich wie zur Jahrtausendwende länger hinzieht - wenn Trump nicht bald Steuersenkungen durchsetzen kann.

Passend zu dieser Ansicht meldet sich ein früherer Notenbanker zu Wort, der meint, dass die nächste Rezession noch vor den Midterm Wahlen im nächsten Jahr beginnen wird, wenn Trump jetzt eine "weiter so" Politik macht. Die Lösung sind Steuersenkungen. Dass dieser Vorschlag gerade von Larry Lindsey kommt, ist dabei nicht verwunderlich. Er steckte hinter den Steuersenkungen unter George W. Bush. Lindsey ist ein Fan von Steuersenkungen und daher darf man sein Wort nicht übergewichten.

Ein bisschen Genugtuung empfinde ich allerdings schon, dass sich die Stimmen der Vorsicht mehren. Ich kam mir so langsam schon ein wenig paranoid vor...

Clemens Schmale

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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