Kommentar
17:32 Uhr, 08.12.2022

Das Armageddon-Szenario: Hebt die Fed den Leitzins bis auf 6,5% an?

Armageddon, Weltuntergang, Apokalypse: Was passiert, wenn die US-Notenbank Fed den Leitzins deutlich stärker anhebt als erwartet?

Aktuell preisen die Finanzmärkte nur noch zwei Leitzinserhöhungen durch die US-Notenbank Federal Reserve ein. Beim Zinsentscheid in der kommenden Woche sowie Anfang Februar dürfte der Leitzins nach Einschätzung der Märkte jeweils noch um 50 Basispunkte angehoben werden. Insgesamt würde der Leitzins damit also noch um einen Prozentpunkt steigen und befände sich dann ab Februar 2023 in einer Spanne zwischen 4,75 % und 5,00 %.

Auf dem dann erreichten Niveau dürfte der Leitzins für den größten Teil des Jahres 2023 bleiben, bevor es nach Einschätzung des Marktes ab November 2023 wieder zu Leitzinssenkungen kommen dürfte.

Das-Armageddon-Szenario-Hebt-die-Fed-den-Leitzins-bis-auf-6-5-an-Kommentar-Oliver-Baron-GodmodeTrader.de-1

Allerdings stellt sich die Frage, ob ein maximaler Leitzins ("terminal rate") von 4,75 % bis 5,00 % tatsächlich ausreichen wird, um die Inflation in den USA wieder auf das Fed-Ziel von 2 % zu bringen. Zuletzt ist die Inflation zwar bereits deutlich gesunken, doch mit einer Inflationsrate von 7,7 % und einer Kerninflation von 6,3 % lag die Teuerung auch im Oktober noch meilenweit vom Notenbankziel entfernt. Die US-Inflationsdaten für November werden am kommenden Dienstag veröffentlicht, nur einen Tag vor dem Fed-Zinsentscheid.

Das-Armageddon-Szenario-Hebt-die-Fed-den-Leitzins-bis-auf-6-5-an-Kommentar-Oliver-Baron-GodmodeTrader.de-2

Wie der folgende Chart zeigt, musste die US-Notenbank in der letzten Hochinflationsphase der 1980er Jahre den Leitzins bis über die Inflationsrate erhöhen, um die Teuerung tatsächlich unter Kontrolle zu bekommen (siehe auch den folgenden Artikel: Inflationsbekämpfung: Warum die Geschichte nichts Gutes verheißt).

Das-Armageddon-Szenario-Hebt-die-Fed-den-Leitzins-bis-auf-6-5-an-Kommentar-Oliver-Baron-GodmodeTrader.de-3

Analysten der US-Bank JPMorgan Chase rund Nikolaos Panigirtzoglou haben nun analysiert was passieren würde, falls die US-Notenbank Fed ihre Zinserhöhungen im kommenden Jahr nicht bei 5 % beendet, sondern den Leitzins in der zweiten Jahreshälfte 2023 bis auf 6,5 % anhebt. Im Gespräch mit Kunden wird dieses Szenario laut JPMorgan überwiegend als Armageddon-Szenario bezeichnet, nachdem der Leitzins im Jahr 2000 bis auf dieses Niveau erhöht wurde, worauf heftigste Verluste an den Aktienmärkten folgten.

Für die aktuelle Situation gehen die Analysten allerdings von einem etwas begrenzteren Risiko aus. "Obwohl kaum Zweifel daran bestehen, dass [Fed-Leitzinsen von 6,5 %] für die meisten Anlageklassen, einschließlich Aktien, Anleihen und Kredite, negativ wären, ist unserer Meinung nach die mögliche Abwärtsbewegung wahrscheinlich begrenzter, als ein Armageddon vermuten lässt", werden die JPMorgan-Analysten von MarketWatch zitiert. Ein Grund dafür sei, dass die Nachfrage nach Aktien und Anleihen auch bereits 2022 sehr niedrig gewesen sei, weshalb ein weiteres, sehr schwaches Jahr, deutlich unwahrscheinlicher sei.

Das klingt zwar nur bedingt nach einer Entwarnung, doch Anleger können sich aktuell noch daran trösten, dass JPMorgan derzeit für das Szenario von Zinserhöhungen bis auf 6,5 % nur eine Wahrscheinlichkeit von 28 % sieht, während der Markt in den Zinsfutures für dieses Szenario sogar nur eine Wahrscheinlichkeit von 10 % einpreist.

Ob ein Armageddon-Szenario droht oder nicht, werden die Inflationsdaten der kommenden Monate zeigen. Die US-Notenbank Fed hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie an ihrem Inflationsziel von 2 % festhält. Und auch wenn die Fed jetzt das Tempo ihrer Zinserhöhungen auf 50 Basispunkte pro Meeting verlangsamt, ist keineswegs ausgeschlossen, dass sie den Leitzins insgesamt stärker anheben wird als erwartet und die "terminal rate" nicht bei 4,75 % bis 5,00 %, sondern darüber liegen wird. Das Risiko eines Armageddon-Szenarios ist also durchaus real, wenn auch aus Sicht des Marktes nicht sonderlich wahrscheinlich.

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

Mehr über Oliver Baron
  • Anlagestrategien
  • Fundamentalanalyse
  • Value Investing und Momentum-Ansatz
Mehr Experten