Kommentar
11:20 Uhr, 10.02.2022

Darum muss China die Geldpolitik lockern

China bestimmt das Wachstum in Europa und den USA mehr als viele wahrhaben wollen. Da kommt es gelegen, dass China in diesem Jahr lockern muss, wenn die Fed die geldpolitischen Zügel strafft.

Im Januar warnte Chinas Präsident beim Weltwirtschaftsforum vor zu schnellen Zinserhöhungen in den USA. Zinserhöhungen in den USA setzen Emerging Markets unter Druck, da höhere Zinsen in den USA zu einem Kapitalabfluss führen. Das belastet das Wachstum und übt Abwertungsdruck auf die Währungen aus.

Frühere Zinsanhebungszyklen der USA haben Emerging Markets in schwere Krisen gestürzt. Zum Teil wurde daraus gelernt. Viele Staaten sind heute weniger anfällig. China warnte vor einer zu schnellen Zinswende zwar unter dem Deckmantel andere Entwicklungsländer schützen zu wollen, doch uneigennützig war die Warnung nicht.

Viele chinesische Unternehmen haben sich in Dollar verschuldet. Wertet der Dollar zu stark auf, ist die Schuldentragfähigkeit gefährdet. Da sich insbesondere auch der Immobiliensektor in Dollar verschuldet hat, kommt das mitten in einer Immobilienkrise ungelegen.

China ist auch darauf angewiesen, dass die US-Konsumenten weiterhin fleißig Güter kaufen, hergestellt in China, versteht sich. China konnte im vergangenen Jahr vor allem deswegen schnell wachsen, weil der Außenhandel einen sehr großen Beitrag leistete (Grafik 1). Ein Viertel des Wachstums hat China der Konsumlust des Westens zu verdanken.

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Der 2021 außerordentlich starke Güterkonsum wird sich nicht wiederholen. China kann nicht auf eine Wiederholung zählen. Auch im eignen Land ist Konsum eine Schwachstelle. Der Rebound im vergangenen Jahr war eine logische Folge des Einbruchs im Jahr zuvor. Sehr viel wurde jedoch nicht nachgeholt. Das Konsumwachstum war nur unwesentlich höher als in den Vorkrisenjahren, obwohl 2020 ein schlechtes Jahr war.

Was China bleibt, ist Wachstum durch Investitionen. Ein wesentlicher Teil der Investitionen kommt aus dem Immobiliensektor. Der geringe Beitrag der Investitionen zum Gesamtwachstum 2021 zeugt von der Immobilienkrise. Diese ist noch nicht ausgestanden. Der Trend zeigt weiterhin abwärts (Grafik 2).

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Eine Abkühlung im Ausland käme denkbar ungelegen. Je mehr andere Notenbanken bremsen, desto mehr muss China lockern. Bei bereits hoher Verschuldung will China die Geldschleusen jedoch nicht weit öffnen. Im Idealfall würde es am liebsten gar nicht lockern. Der Idealfall wird nicht eintreten.

Bisher ist die geldpolitische Lockerung überschaubar. Messen lässt sie sich über den Kreditimpuls. Hier zeigt sich bisher kein Rebound. Im Rest der Welt kommt der Abschwung in China nun an. Chinas Kreditimpuls läuft den Einkaufsmanagerindizes in den USA und Europa voraus (Grafik 3). China exportiert nicht nur in diese Länder, sondern ist auch ein wichtiger Abnehmer von Technologie und Maschinen.

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Chinas Lockerung ist aktuell noch homöopathisch. Hilfe ist aber auf dem Weg. Durch die Senkung von Reservesätzen können Banken mehr Geld verleihen. Die Veränderung der Überschussreserven läuft dem Kreditimpuls voraus. Hier sieht alles planmäßig aus (Grafik 4). Ein Konjunkturfeuerwerk darf man nicht erwarten. China wird die Wirtschaft aber anschieben müssen. Sonderfaktoren aus 2021, die nun wegfallen, müssen ausgeglichen werden. Damit bildet China ein willkommenes Gegengewicht zur Straffung in den USA.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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