Kommentar
07:22 Uhr, 29.06.2017

Crashgefahr? Indikator zeigt: US-Investoren sind euphorisch wie nie!

Kaum ein Anleger blickt nicht skeptisch auf die Kurse und denkt sich, dass der Markt vielleicht etwas heiß gelaufen ist. Doch wie heiß der Markt gelaufen ist, ist den wenigsten klar.

Nicht nur draußen ist es heiß, sondern auch an der Börse. In den USA werden weiterhin ständig neue Allzeithochs markiert. Von kurzen Schockmomenten abgesehen (z.B. der Technologie-Selloff vor zwei Wochen) geht es immer weiter bergauf. Wer zumindest ein bisschen Vernunft hat, muss erkennen, dass eine gesunde Skepsis angebracht ist.

Keiner weiß, wann der Markt genau korrigieren wird und um wie viel. Es ist auch unklar, ob es bei einer Korrektur bleibt oder ob gleich ein Bärenmarkt auf uns zukommt. Das gilt für US-Aktien wahrscheinlich mehr als für deutsche und andere europäische Aktienindizes. Die Bewertungen sind hierzulande noch deutlich gesünder als in den USA. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich Dax und Co. von den US-Indizes absetzen können. Insofern spielt die Überbewertung des US-Marktes eine wichtige Rolle für den Dax.

Wenn ich meine Skepsis zum Ausdruck bringe, kommen gleich Gegenargumente (niedrige Zinsen, Alternativlosigkeit usw.). Das mag alles irgendwo begründet sein, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass der US-Markt die zweithöchste Bewertung seiner Geschichte ausweist. Wer hier weiterhin an ewig steigende Kurse glaubt, behauptet letztendlich, dass diesmal alles anders ist. Das ist es für gewöhnlich nicht.

In der letzten Niedrigzins- und Niedriginflationsphase (1950er und 1960er Jahre) war der Markt ebenfalls hoch bewertet, doch immer noch 20 % niedriger als heute. Die damalige Phase unterscheidet sich von der heutigen lediglich darin, dass damals das Wachstum sehr viel höher war. Die heutige Bewertung ist aus dieser Perspektive also nochmals höher.

Wie überhitzt die Kurse sind, lässt sich messen. Bespoke Investment Group hat dazu einen interessanten Index entwickelt, der auf Sentiment Daten der der Yale Universität beruht. Yale erhebt das Sentiment in Bezug auf die Marktbewertung, die Kursaussichten, Crashwahrscheinlichkeit und Bereitschaft von Anlegern Kursrückschläge zu kaufen.

Anleger haben derzeit eine nur geringe Bereitschaft Kursrücksetzer zu kaufen. Das hat sie zuletzt nicht davon abgehalten, es trotzdem zu tun. Insofern sind die Daten immer mit Vorsicht zu genießen. Sie sind eine Tendenz und nicht in Stein gemeißelte Wahrheit.

Aus den beiden Indizes zur Marktbewertung und den Kursaussichten hat Bespoke eine Kombination hergestellt. Das Ergebnis ist der Übertreibungsindex. Für institutionelle Investoren ist er in Grafik 1 abgebildet, für Privatanleger in Grafik 2.

Beide Anlegergruppen sind derzeit so euphorisch wie noch nie (seit Erhebung der Daten). Das liegt daran, dass Anleger den Markt zwar als überbewertet empfinden, aber mit fast 100 %-iger Sicherheit von weiter steigenden Kursen ausgehen. Eine schlimmere Kombination (Überbewertung und übertriebenes Vertrauen) gibt es praktisch nicht.

Einen Wermutstropfen gibt es bei diesem Indikator. Vor dem Crash 2008/09 war das Niveau relativ niedrig. Eine handfeste Übertreibung gab es nicht. Dies lässt sich immerhin noch so erklären, dass die Marktbewertung 2007/08 zwar hoch war, aber bei weitem nicht so hoch wie 2000 oder heute. Die Finanzkrise kam für viele aus dem Nichts. Schocks sagt der Index nicht voraus. Er zeigt lediglich an, ob sich Anleger quasi als unbesiegbar fühlen.

Der Anstieg des Übertreibungsindex auf neue Allzeithochs innerhalb kurzer Zeit gibt zu denken. Ich bleibe daher meiner Linie treu: den Kursanstieg genießen, solange er anhält, aber jeden Tag bereit sein auf einen Stimmungsumschwung zu reagieren.

Clemens Schmale

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9 Kommentare

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  • Super-Hobel
    Super-Hobel

    Scheinbar vergessen alle, dass es schon Phasen gab, wo die Kurse jahrelang weiter stiegen, den Dow sehe ich bei ca 40.000 in den nächsten Jahren, da er sich 10 Jahre ausgeruht hat auf einem Niveau. Und jetzt gehts eben auf das nächste Niveau hoch. Vieles ist sicher Inflation dabei aber dafür sind Aktien ja da. .

    15:18 Uhr, 02.07. 2017
  • Zukunft21
    Zukunft21

    Man muss sich eigentlich nur die Frage stellen was will ich eigentlich an der Börse erreichen, möchte ich zocken wie viele anderen auch oder bin ich wirklich an langfristigem Vermögensaufbau interressiert !?

    Und für jeden der mal etwas ehrlich zu sich selbst ist wird feststellen das es schon oftmals so war das man sich über einen Aktienkurs informiert hat aber nicht dazu bereit war zu investieren warum auch immer und als man einige Zeit später auf den gleichen Aktienkurs sah sich verärgert die Frage stelle warum habe ich nicht gekauft !

    Und nun lebt der gleiche Mensch in der Hoffung die tiefst Kurse noch mal zu sehen um dann wieder nicht einzusteigen weil gerade wieder mal irgend jemand Crash schreit.

    Und so werden im laufe eines Lebens viele gute Einstiegsgelegenheiten vertan und nach getrauert.

    Dabei ist es doch relativ einfach kaufe wenn niemand kaufen möchte denn dann haste zumindest die Gewissheit du bist einer der ersten der kauft und nun beweise Geduld und glaube an dein Investment.

    Also noch mal zusammenfassend, the Trend is your Friend und wer bis heute nicht investiert ist in Aktien sollte nicht den Kursen hinterher laufen sondern darauf warten das die Zeit kommt an der keiner Aktien kaufen möchte dann kauft man am preiswertesten ein.

    Und hat sehr gute Aussichten auf ordentliche Gewinne und Renditen in der Zukunft !!

    14:07 Uhr, 02.07. 2017
  • Fman
    Fman

    Kreditspekulation ist auch extrem hoch. Es fehlt allein ein Auslöser, der ist wirklich nicht in Sicht?

    14:32 Uhr, 01.07. 2017
  • Mike.
    Mike.

    Das aktuelle US Sentiment mit einer Total Put/Call Ratio von 1,18 spricht eher für steigende Märkte ... da kann man sich dagegen wehren oder mitgehen.. das bleibt jedem selber überlassen und saisonal ist der Juli ein starker Monat. Die Korrektur wird kommen im Herbst aber verhältnismäßig lau ausfallen und ein SP500 wird genügend Käufer finden im Bereich 2322-2280.

    Ich muss hier mal gegensteuern da GMT mal wieder voll auf der Crashseite publiziert und die etwas unerfahrenen Trader doch sehr verwirrt.

    Schönes Wochenende

    09:25 Uhr, 01.07. 2017
  • thomas84
    thomas84

    das hochziehen und die Kommentare gestern wo das hochziehen ausgelöst haben sind doch nicht mehr Marktgerecht, ich bin short raus und heute und die nächsten Tage knallt es bestimmt Mega runter in US 30 Schwupp steht es 1500 Punkte tiefer und unter 20000 lol

    09:45 Uhr, 29.06. 2017
  • Morningstar
    Morningstar

    Goldman S&P 500 Ziel Jahresende 2400, 12M Sicht 2450. D.h. nach deren Einschätzung ist der Markt bereits oben angelangt.

    09:28 Uhr, 29.06. 2017
  • Hoeli
    Hoeli

    Das ist genau der Punkt, den ich gestern schon in einem anderen Artikel gepostet hatte. Niemand, allen voran die großen, systemkritischen Investoren, braucht sich mehr zu fürchten. Die Aussagen unserer Währungshüter suggerieren, dass sie bei der kleinsten Verwerfung "Gewehr bei Fuß stehen".

    Das für zu einem Gefühl der Unbesiegbarkeit und der Euphorie, die wir gerade sehen. Vor allem bei denen, die die unbegrenzten Mittel zu Verfügung haben, die die Notenbanken bereit stellen.

    Irgendwann geht es wieder abwärts. Und dann wird es den einen oder anderen erwischen, der sich im Moment vollsaugt. Bin mal gespannt wer dann für die Rettung aufkommen muss.

    08:18 Uhr, 29.06. 2017
  • thomas84
    thomas84

    jetzt bin ich raus und schau blöd in die Röhre wenn es wirklich abwärts knallt, in Moment aber nicht vorstellbar, gerade in den USA

    07:57 Uhr, 29.06. 2017
  • thomas84
    thomas84

    ich dachte auch es crasht zumindest Ansatzweise innerhalb dieser Woche an einem Tage mal 500 - 700 Punkte Down, aber Draghi zaubert alles aus dem nichts hoch

    07:55 Uhr, 29.06. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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