COP 28: Eine bittersüße Symphonie
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Die COP 28 war eine Achterbahnfahrt. Die Forderung nach einem Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, sei laut dem COP 28-Präsidenten „wissenschaftlich nicht fundiert“. Dreizehn Tage lang hielt die Welt den Atem an, bis das mit Spannung erwartete abschließende Abkommen ausgehandelt war. Das Ergebnis ist zweifellos bittersüß.
Abgesehen von der erneuten Verpflichtung zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze hebt sich der Text der Globalen Bestandsaufnahme (GST) insofern von den Ergebnissen früherer UN-Klimakonferenzen ab, als er zu einem „Übergang weg von fossilen Brennstoffen“ aufruft, was über Kohle hinausgeht und erstmals auch Öl und Gas einschließt. Bei den siebenundzwanzig vorangegangenen Gipfeltreffen wurde dies eklatant versäumt, weshalb die im diesjährigen Text gewählte Formulierung so symbolisch ist. Die Symbolik kann jedoch die Ungenauigkeit des Textes nicht wettmachen. Viele Länder, darunter auch EU-Staaten und die Allianz der kleinen Inselstaaten, drängten auf eine Verpflichtung zum „Ausstieg“ aus fossilen Brennstoffen, doch der Begriff wurde nicht in den endgültigen Text aufgenommen. Zusammen mit den fehlenden Zwischenzielen bis 2050 bedeutet dies, dass sich die Länder ihren eigenen Weg zum Netto-Nullverbrauch aussuchen dürfen, und dass wir von den Öl- und Gasunternehmen in nächster Zeit wahrscheinlich keine großen Maßnahmen erwarten können.
Der ursprünglich auf der COP 27 vereinbarte Loss & Damage (L&D)-Fonds, der Länder entschädigen soll, die nicht über die Mittel zur Bewältigung des Klimawandels verfügen, erlebte in Dubai mit der Einigung auf seine „Operationalisierung“ im Jahr 2024 einen gewissen Durchbruch. Allerdings fehlen wichtige Details: Wer soll zahlen und wer soll profitieren? Der Status Chinas ist hierbei ein zentraler Streitpunkt. Darüber hinaus berichtete die „Vulnerable 20 Group“, dass ihre Mitglieder (68) in den letzten zwanzig Jahren 525 Mrd. US-Dollar durch den Klimawandel verloren haben, während die ursprünglich zugesagten Mittel weniger als 1 Mrd. US-Dollar betrugen. Die vorgesehene Finanzierung liegt weit unter dem benötigten Wert. Die Entschädigung der betroffenen Länder für ihre Verluste ist zwar längst überfällig, doch besteht unseres Erachtens nach wie vor große Unsicherheit in Bezug auf die Funktionsweise des Fonds und damit seine Effizienz.
Von vielen mit Spannung erwartet wurden die Verhandlungen über das Globale Anpassungsziel (GGA), eine Kollektivverpflichtung gemäß Artikel 7.1 des Pariser Abkommens. Viele Industrieländer zögerten leider, über die Anpassungsfinanzierung zu diskutieren, nachdem sie Verpflichtungen gegenüber dem L&D-Fonds eingegangen waren. Wir halten das Endergebnis des GGA-Rahmens für enttäuschend. Die Vertragsparteien wurden dazu „gedrängt“, Ziele zu erreichen, die unserer Ansicht nach nicht spezifisch genug sind, um den Bedürfnissen der am meisten gefährdeten Menschen tatsächlich gerecht zu werden (z. B. „Resilienz gegen die Auswirkungen des Klimawandels erreichen“ oder „Klimaauswirkungen auf Ökosysteme und Biodiversität verringern“). Parallel dazu wurde auf der COP 28 beschlossen, ein zweijähriges Programm zur Erarbeitung von Indikatoren für die Messung der Fortschritte bei der Verwirklichung der oben genannten Ziele aufzustellen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.
Während das schwache Ergebnis der GGA-Verhandlungen in gewissem Maße erwartet wurde, überraschten jedoch einige der Diskussionen um Artikel 6 des Pariser Abkommens. Einige Parteien forderten sogar ein Moratorium der Kohlenstoffmärkte im Abkommen. Die zu berücksichtigenden Elemente für die „Genehmigung“ von international transferierten Minderungsleistungen (ITMOs) (Art. 6.2) wurden mit jedem neuen Entwurf verwässert. Der endgültige Text „ermutigt“ die Vertragsparteien lediglich dazu, die Elemente einzubeziehen... nach eigenem Ermessen. Wir glauben, dass dies die Glaubwürdigkeit der ITMOs in Frage stellt. Darüber hinaus unterstreicht die fehlende Entscheidung zur Emissionsvermeidung (Art. 6.4) den Mangel an notwendigem Konsens, um einen klaren Weg in Richtung Netto-Null zu finden.
Trotz der Enttäuschung gibt es auch einige Hoffnungsschimmer. Zum ersten Mal wird in der endgültigen Vereinbarung auf die Ziele der „Verdreifachung der erneuerbaren Energien“ und der „Verdoppelung der durchschnittlichen jährlichen Energieeffizienzrate“ bis 2030 verwiesen. Diese Ziele wurden ursprünglich von den G20 im September gebilligt und von einer Koalition aus 130 Ländern im Rahmen der COP 28 Global Renewable and Energy Efficiency Pledge angenommen. Rund 50 Öl- und Gasproduzenten und 29 weitere nationale Ölgesellschaften haben eine Vereinbarung unterzeichnet, die vorsieht, bis 2030 keine Methanemissionen mehr zu produzieren und das routinemäßige Abfackeln zu beenden. Für uns als Investoren ist es wichtig, dass wir uns weiterhin mit diesen Unternehmen auseinandersetzen, um ihre entsprechenden Maßnahmenpläne zu verstehen und sie für deren Umsetzung in die Pflicht zu nehmen. Wir begrüßen auch die von 123 Ländern auf dem Gipfel unterzeichnete Erklärung zum Thema Klima und Gesundheit, in der hervorgehoben wird, wie wichtig die Vorbereitung der Gesundheitssysteme auf die immer stärker werdenden klimabedingten Gesundheitsprobleme ist. Ebenso begrüßen wir die Erklärung der Vereinigten Arabischen Emirate über nachhaltige Landwirtschaft, widerstandsfähige Nahrungsmittelsysteme und Klimaschutz, die von 134 Ländern unterzeichnet wurde. Sie enthält eine bahnbrechende neue Zusage für nachhaltige Lebensmittelsysteme, die bereits 2,5 Mrd. US-Dollar mobilisiert hat.
Während die Diskussion über den Erfolg der COP 28 noch andauert, zeichnet sich ein offensichtliches und kritisches Problem ab: Woher soll das notwendige Kapital, insbesondere für die Entwicklungsländer, mittel- bis langfristig kommen, um den Übergang und die Anpassung zu unterstützen und Schäden zu kompensieren? Es bleibt abzuwarten, wohin die ca. 83 Mrd. US-Dollar, die auf dem Gipfel mobilisiert wurden, fließen werden (einschließlich der 30 Mrd. US-Dollar, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten in einem Investitionsvehikel zugesagt wurden, das nach eigenen Angaben bis 2030 250 Mrd. US-Dollar an Investitionen aufbringen könnte). Die vergangenen zwei Wochen haben gezeigt, dass die wahre Herausforderung nicht nur in der Kapitalbeschaffung, sondern auch in der gerechten und effizienten Verteilung des Kapitals liegt. Darüber hinaus hat ein OECD-Bericht aus dem Jahr 2022 gezeigt, dass die gesamte Klimafinanzierung zwischen 2013 und 2020 durchweg hinter dem auf der COP 15 festgelegten Ziel von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr zurückblieb, wobei die Lücke im schlimmsten Fall über 45 % betrug. Die COP 28 endet also mit einer Einigung über fossile Brennstoffe, aber der schwierigste Teil steht uns noch bevor. Während die Welt mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen hat, wird die Frage, ob es dem internationalen Klimagipfel gelingt, die Kluft zwischen Versprechen und Praxis zu überbrücken, entscheidend dafür sein, inwieweit die Weltgemeinschaft diese Herausforderungen abmildern und sich ihnen anpassen kann.
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