Kommentar
18:01 Uhr, 30.09.2021

Chinesische Aktien: Die Krise als Chance begreifen?

Chinas Krise ist in gewisser Hinsicht auch eine Chance, wenn man sich traut.

China macht zwar bei uns Schlagzeilen, aber deswegen wissen wir nicht unbedingt mehr. An Hintergründen mangelt es. Liest man lediglich die Schlagzeilen über China Evergrande und Stromausfälle, an denen man derzeit nicht vorbeikommt, erfährt man nur sehr wenig. Am wenigsten erfährt man darüber, wie China die Lage selbst einschätzt. China hat viele Baustellen und es wird nicht einfach, diese Krise zu managen. Es mangelt an vielen Stellen an Wachstum. Konsum und Industrie befinden sich fast in der Stagnation. Wirtschaftlicher Stillstand bricht jedoch ein ungeschriebenes Gesetz. Die Partei sorgt für Wohlstand und solange das der Fall ist, bleibt das System stabil. Peking dürfte daher viel daran gelegen sein, dass es nicht zu einer Wirtschaftskrise kommt, in der die Wirtschaft nicht mehr wächst und plötzlich hundert Millionen Arbeitslose Antworten wollen. Ob das gelingt, sei dahingestellt.

China selbst scheint jedenfalls nicht besorgt zu sein. Genauer gesagt: Chinesische Anleger sind nicht besorgt. Bis Sommer 2020 verliefen der Aktienmarkt in China und der Immobiliensektor parallel (Grafik 1). Seither divergieren die Schicksale erheblich. Immobilienaktien haben fast 40 % an Wert verloren, der Rest des Marktes aber konnte um 10 % steigen.


Anleger realisieren, dass der Immobilienmarkt ein Problem hat. Sie sehen das Problem jedoch auf diesen einen Sektor begrenzt. Nun kann niemand wissen, ob die Weisheit der Anlegermasse richtig ist. Da jedoch Probleme in einem Sektor erkannt werden und in den Kursen reflektiert sind, kann man Anlegern nicht unbedingt Blindheit vorwerfen.

Entweder ist die Mehrzahl chinesischer Anleger naiv oder die Probleme erscheinen aus unserer Sicht deutlich gravierender als sie sind. Vertraut man chinesischen Anlegern, ist jeder Rücksetzer bei uns, der auf Basis einer angenommenen Krise in China stattfindet, eine Kaufgelegenheit. Denn eine umfassende Krise gibt es aus chinesischer Anlegersicht nicht.

Die große Chance der aktuellen Gemengelage befindet sich jedoch ganz woanders. Für den Bau von Immobilien und Infrastruktur braucht man Stahl und zu dessen Herstellung Eisenerz. Der Preis von Eisenerz ist im freien Fall (Grafik 2). In China hat sich der Preis mehr als halbiert und auch in den USA zeigten die Preise steil nach unten.


Eisenerz ist heute wieder so billig wie zu Beginn der Pandemie. Rohstoffaktien haben mitgezogen. Dass die Pandemietiefs wieder erreicht werden, ist unwahrscheinlich. Die Kurse liegen allerdings wieder auf interessantem Niveau. Die Aktie von BHP liegt unterhalb des Vorkrisenniveaus. Die Aktien von Rio Tinto und Vale sind auf dem Weg dorthin. Selbst die Aktien von Kupferproduzenten haben ein Drittel an Wert verloren, obwohl der Kupferpreis im Gegensatz zu Eisenerz nicht abstürzte.

Die Panik in Teilen des Rohstoffmarktes erscheint überzogen. Es lohnt sich BHP, Rio Tinto, Vale, FreeportMcMoran und Southern Copper zu beobachten. Noch hat sich kein Boden gebildet. Wenn der Trend erst dreht, besteht großes Potential.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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