Kommentar
07:36 Uhr, 13.10.2009

Chinesen kaufen die Rohstoffe weg und keiner merkts ?!

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Krisen- und Post-Krisen-Zeiten sind der Nährboden für Gerüchte und Theorien aller ökonomischer und politischer Art. So kann es auch nicht verwundern, dass die härteste Finanz- und Wirtschaftskrise die die derzeit lebenden Generationen am eigenen Leib und Geldbeutel mit erfahren mussten zu den wildesten Spekulationen führt, wie es mit unserem Finanzsystem weitergeht. Eine besondere Rolle kommt in den Gedankenspielen dem US-Dollar zu, mutmaßlich einer der Hauptübeltäter in dem Drama namens Finanzkrise. Was wird aus dem nicht mehr allzu guten, aber sehr alten Greenback?

Ausgangspunkt der herrschenden Befürchtungen ist die gewaltige US-Staatsverschuldung, die derzeit bei (offiziell) knapp 12 Bio. US-Dollar liegt (1 Bio.=1000 Mrd., 1 Mrd.=1000 Mio.)

Die Regierung des frisch gebackenen Friedensnobelpreisträgers Obama wird dieses Jahr wohl mind. 1,5 Bio. US-Dollar drauf packen, der Rechnungshof des US-Kongresses rechnet gar damit dass bis 2019(!) jedes Jahr nochmal eine gute Billion dazu kommt.
Das Oktoberfest ist erst 1 Woche vorbei, und ich habe noch einen Ohrwurm im Kopf: Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt? Wer hat soviel Pinke-pinke, wer hat soviel Geld?

Nun, bis jetzt hat soviel Geld: Das Ausland, namentlich die arabischen Öl-Milliardäre und China. Staatsanleihen im Nominalwert von knapp 5 Bio. US-Dollar befinden sich in ausländischer Hand. Das ist schon eine gewaltige Summe, und man darf davon ausgehen, dass die dortigen Regierungen nicht verblödet sind; sie wissen ganz genau was sich in Amerika gerade abspielt. Eine kursierende Verschwörungstheorie besagt nun: Die USA arbeiten an der Ablösung des US-Dollars durch eine neue Währung, und mit den Hauptgläubigern sei in diesem Zusammenhang ein erheblicher Forderungsverzicht bereits vereinbart.

Dass der US-Dollar ein ganz massives Vertrauensproblem hat ist offenkundig; der Höhenflug der europäischen Einheitswährung ist ja eher keine Euro-Stärke, sondern mehr eine Dollar-Schwäche. Und auch der rapide Anstieg des Erdöls, anderer Rohstoffe und der Edelmetalle – allesamt (noch) in Dollar gehandelt, sprechen eine klare Sprache.

Dennoch halte ich dieses Szenario für unrealistisch. Die Chinesen verzichten niemals auf ihr Recht (die Araber aus militärischen Gründen schon eher). Staat dessen werden sie nach und nach ihre Dollar-Bestände in Rohstoffe und Edelmetalle konvertieren, wie sie es schon seit einiger Zeit tun. China ist aus Investorensicht der Warren Buffett der Staaten: Sehr langfristiges Denken prägt das Reich der Mitte, die Amerikaner müssen aufpassen dass ihnen nicht bis vor der Haustür strategische Rohstoffvorkommen weggeschnappt werden. In Afrika ist das bereits verstärkt der Fall, aber auch bis Südamerika reichen die chinesischen Finanztentakel.

Also, wer hat noch soviel Geld, wer soll das bezahlen? Natürlich die US-Notenbank. Wenn das Zinsniveau niedrig bleiben soll, bleibt der Fed gar nichts anderes übrig als erstens ihre Bilanzsumme von bereits weit über 2 Bio. US-Dollar weiter aufzublähen und zweitens den Pakt mit den Banken auszubauen: Ihr kauft Staatsanleihen, wir geben Euch billige Kredite. Auf diese Weise wird sich in den nächsten Jahren wohl der Anteil der ausländischen Gläubiger an der Staatsverschuldung deutlich verringern. Dass diese Entwicklung für die Geldwertstabilität in den USA das Todesurteil ist und den US-Dollar weiter schwächt, kann sogar ein totaler Laie nachvollziehen. Die nächste Groß-Krise ist bereits vorprogrammiert; und ein Jahrzehnt werden wir nicht mehr darauf warten müssen.

Daniel Kühn - BörseGo AG

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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