Kommentar
16:24 Uhr, 02.06.2015

Chinas revolutionäre Umwälzung des Aktienmarktes

Das Reich der Mitte öffnet Schritt für Schritt seine Finanzmärkte. Schon bald könnten auch A-Aktien in die globalen Indizes aufgenommen werden, mit Folgen für den Anleger.

Trotz der weltwirtschaftlichen Bedeutung Chinas sind Aktien aus dem Reich der Mitte in den Indizes der großen Indexanbieter nur gering gewichtet. So beträgt der aktuelle Anteil chinesischer Titel im MSCI All Countries World gerade einmal rund 2,7 Prozent, im FTSE All World Index rund 2,4 Prozent. Weit stärker vertreten ist China bereits in speziellen Emerging Market-Indizes. So entfallen bereits schon jetzt 25 Prozent im MSCI Emerging Markets Index auf chinesische Titel, im FTSE Emerging Market-Index sind Titel es rund 26 Prozent. Doch die Gewichtung chinesischer Aktien dürfte sich schon bald erheblich erhöhen. Der Grund: noch sind chinesische Festlandaktien, die auch als A-Aktien bezeichnet werden, nicht in den Indizes inkludiert. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von zehn Billionen US-Dollar ist das A-Aktien-Segment der zweitgrößte Aktienmarkt der Welt, und dies ohne die Einbeziehung der in Hongkong gelisteten Aktien. Doch mittlerweile zeichnet sich hierbei eine baldige Änderung ab.

China öffnet schrittweise den Finanzmarkt

Der Grund für die Nichteinbeziehung des A-Aktien-Segmentes ist einfach. Bisher waren diese Aktien nur einheimischen Aktionären vorbehalten, ausländische Investoren waren bei dem Erwerb ausgeschlossen. Doch dies ändert sich, China ist dabei, seine Finanzmärkte zu öffnen, Shanghai wird zum globalen Finanzzentrum ausgebaut, eine freie Konvertierung der chinesische Währung, des Renminbi, wird angestrebt. Der Renminbi soll in den erlauchten Kreis der großen Weltwährungen aufsteigen. Dazu entstehen bereits weltweit Renminbi-Clearing-Banken. Zeitgleich wird der A-Aktienmarkt international schrittweise geöffnet. Seit Ende 2011 ist es lizensierten institutionellen Anlegern, sogenannten Qualified Foreign Institutional Investors, erlaubt, in A-Aktien zu investieren, die in der Lokalwährung Renminbi denominiert sind. Der zweite Schritt zur weiteren Öffnung kam Ende 2014 im Zuge der Kooperation der Börsen in Shanghai und Hongkong. Ausländischen Investoren wurde es dabei erlaubt, grenzüberschreitend Aktien im Gesamtvolumen von täglich bis zu 23,5 Milliarden Yuan (2,8 Milliarden Euro) zu handeln. Erst kürzlich gewährte China einem großen Asset Manager im Rahmen der QFII-Quote ein Aktieninvestment im Wert von 1,2 Mrd. US-Dollar. In diesem Jahr soll eine weitere Kooperation der Börse Shenzen mit der Börse Hongkong hinzukommen. Auch steuerliche Probleme wurden inzwischen aus dem Weg geräumt. Ausländische Investoren, die Aktien von Unternehmen auf dem chinesischen Festland kaufen wollen, werden im Rahmen der Börsenkooperationen von der Kapitalertragssteuer befreit.

Indexaufnahme von A-Aktien in große Indizes steht schon bald an

Im Juni 2015 entscheidet nun der Indexanbieter MSCI wieder über die aktuelle Neugewichtung seiner Indizes. Dabei ist es angesichts der deutlichen Fortschritte nicht ausgeschlossen, dass die erstmalige Aufnahme von A-Aktien in die MSCI-Benchmarks angekündigt wird. Im September prüft FTSE seine Index-Zusammensetzung. Allerdings glaubt Deutsche Bank Markets Research, dass es in diesem Juni noch nicht so weit ist. „Wir sind optimistisch, dass MSCI die Bekanntgabe der Inklusion zum Juni 2016 erfolgt", so das Research-Team. Obwohl die Inklusion grundsätzlich schon jetzt möglich sei, sei die Wahrscheinlichkeit aber gering. „Aber wir glauben, dass die Bekanntgabe bis Ende dieses Jahres erfolgt". Dabei spekulieren die Deutsch-Banker angesichts der Größe und Bedeutung dieses Marktes auf eine außerordentliche Änderung. Gerechnet wird dabei mit einer stufenweisen Einbeziehung von A-Aktien in die Berechnung der Indizes. Ein erster Schritt könnte eine Inkludierung von zehn Prozent der Aktien sein. In drei bis fünf Jahren steigert sich der Anteil dann auf 100 Prozent der Marktkapitalisierung. Dann dürfte nach Meinung des Research-Teams der Anteil Chinas sowohl im MSCI- als auch FTSE Emerging Market-Index auf 45 Prozent steigen.


Weitere Reform-Schritte sind noch notwendig

Doch bis dahin müssten noch weitere Schritte der Öffnung vollzogen werden. So müssten auch Fondsmanager einen ungehinderten Zugang zum A-Aktien-Markt erhalten, um Indizes eng replizieren zu können. Ein weiteres Problem sei die noch unzureichende Kapitalmobilität. Zwar sei bei Zeichnungen und Rücknahmen offener Fonds das zeitliche Fenster von einem Monat auf eine Woche verkürzt worden. Für ETFs erfordere es aber eine tägliche Berechnung. Auch gebe es noch immer Sorgen über das wirtschaftliche Eigentum unter der Connect-Lizenz. Doch all diese Probleme dürften in näherer Zukunft gelöst werden.

Bedeutung für den Anleger

Für Anleger bedeutet dies, dass der chinesische Aktienmarkt weitere Wachstumsimpulse erhält. Denn die schrittweise Aufnahme von immer mehr A-Aktien bedeutet nichts anderes, dass sich weltweit alle großen institutionellen Investoren mit A-Aktien eindecken müssen, um entsprechende Indizes abbilden zu können. Das dürfte dem Kurs von A-Aktien in den von Deutsche Bank Markets Research angesprochenen fünf Jahren kräftigen Auftrieb verschaffen. Vorausgesetzt, es gibt keine schweren wirtschaftlichen Krisen.

ETFs auf A-Aktien

Mit dem CSOP Source FTSE China A 50 (WKN: A1XES8) können Anleger Dank einer Kooperation mit CSOP Asset Management in Hongkong physisch in die marktkapitalstärksten chinesische A-Aktien investieren. Überdurchschnittlich im Index vertreten sind Banken mit fast 70 Prozent, was zu einem gewissen Klumpenrisiko führt, gefolgt von den Bereichen Industrie und Gebrauchsgüter Zu den Top-Positionen gehören aktuell Ping An Insurance (8,8 Prozent), Citic Securities (5,6 Prozent) und die China Merchants Bank (5,2 Prozent). Erträge werden thesauriert. Die Gesamtkostenquote beträgt 1,11 Prozent.

Nahezu zeitgleich kam der db x-trackers Harvest CSI 300 Index UCITS ETF (WKN: DBX0NK) auf den Markt, der in Kooperation mit Harvest Global Investments aufgelegt wurde, im ETFs sind inzwischen knapp 500 Mio. EUR investiert. Es war überhaupt der weltweit erste ETF, der auf den CSI 300 aufgelegt wurde. Der physisch replizierende ETF ist damit wesentlich breiter diversifiziert. Der CSI 300 bildet die 300 marktkapitalstärksten A-Aktien ab. Möglich wurde die Auflage, dass Harvest Global Investment über eine entsprechende RQFII-Zulassung besitzt. Größte Sektoren im Index sind Finanzdienstleistungen (38,3 Prozent), Industrie (19,4 Prozent) sowie Verbrauchsgüter (12,6 Prozent). Auch hier sind die größten Positionen Ping An Insurance (3,9 Prozent), China Merchants Bank (2,6 Prozent) sowie China Minsheng Banking (2,5 Prozent). Durch die breitere Diversifikation ist das Klumpenrisiko beim Sektor Finanzwesen wesentlich minimiert. Die Gesamtkostenquote beträgt 0,65 Prozent. Darüber hinaus bietet db x-trackers auch ETFs auch auf spezielle Sektoren des CSI 300 an, den Konsumgüter- (WKN: DBX0M7), den Gesundheits- (WKN: DBX0NA) sowie den Bankenbereich (WKN: DBX0M6).

Ebenfalls direkt auf chinesische A-Aktien setzen kann man mit dem ComStage FTSE China A50 UCITS ETF (WKN: ETF024). Der Index wird allerdings synthetisch über Swaps abgebildet. Die Replikation ermöglicht eine Gesamtkostenquote von nur 0,40 Prozent.

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Über den Experten

Markus Jordan
Markus Jordan
Finanzmarktanalyst

Markus Jordan ist seit knapp 20 Jahren im Wertpapierbereich aktiv. Er ist ein ausgewiesener Experte für Exchange Traded Funds (ETFs) und darauf basierende Anlagestrategien. Seit 2008 veröffentlicht er Deutschlands zudem das führende Magazin im Bereich Exchange Traded Funds (ETFs) – das EXtra-Magazin. Auf dem Internetportal www.extra-funds.de veröffentlicht er regelmäßig Fachbeiträge und News zum Thema passive Anlagestrategien. In zahlreichen Vorträgen und Webinare hat er in den vergangenen Jahren tausende Anleger von den Vorteilen passiver Anlageinstrumente überzeugt. Er steht für passive Anlagestrategien, Portfoliostrukturierungen mit ETFs und bietet Wissen und Strategien für einen langfristigen Kapitalaufbau und ist damit eine perfekte Ergänzung zu den aktiven Handelsstrategien vieler anderer Experten auf Guidants.

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