Kommentar
07:43 Uhr, 29.08.2015

China: Yuan-Abwertung noch lange nicht zu Ende

Nach der Aufregung um die Abwertung der chinesischen Währung vor zwei Wochen war es vergangene Woche ausgesprochen ruhig um den Yuan. Die Ruhe täuscht. Die Yuan Abwertung steht erst am Anfang.

Alles dreht sich im Moment um China. Die Neuwahlen in Griechenland sind lediglich eine Randnotiz. Das ist verständlich, denn Chinas BIP macht über 13% der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Griechenland hat einen Anteil von lediglich 0,25%. Wenn Chinas Wirtschaft einen Gang zurückschaltet, dann bleibt das weltweit nicht ohne Folgen.

Lange wurde vor der Abschwächung der chinesischen Wirtschaft gewarnt. Bedenken gibt es bereits seit 2010. Das Szenario eines „hard landing“ der Wirtschaft schaffte es in den meisten Jahren unter die top Ränge der größten Risiken für die Weltwirtschaft. Jetzt bewahrheiten sich die Befürchtungen und China steuert gegen. Die meisten Analysten hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass China dies auf Kosten anderer Länder tun würde. Sie vermuteten eher ein Gegensteuern durch Zinssenkungen und Konjunkturprogramme.

Zinssenkungen sind in China seit einem Jahr zu beobachten. Ein großes Konjunkturprogramm steht noch aus. Mit einer Abwertung der Währung muss die Regierung vielleicht auch gar nicht diesen Weg gehen. Die Abwertung der Währung ist ohnehin die für China praktischste Art der Wirtschaft zu helfen und gleichzeitig andere Probleme anzugehen.

Bisher hat China etwas durchgehalten, was grundsätzlich als unmöglich gilt. Der Wechselkurs ist an den Dollar gekoppelt, während die Zinspolitik autonom ist und Kapital in den vergangenen Jahren immer freier verkehren durfte. In der Theorie gilt, dass man nicht alle drei Dinge gleichzeitig haben kann. Wer eine autonome Zinspolitik betreibt, aber einen festen Wechselkurs hat, der muss den Kapitalverkehr massiv begrenzen und notfalls auf dem Devisenmarkt intervenieren. Grundsätzlich gilt, dass eine Notenbank mit einem festen Wechselkurs ihre Zinsautonomie aufgibt.

China machte zuletzt vor allem der feste Wechselkurs unter autonomer Zinspolitik zu schaffen. Sinken die Zinsen, dann wird die Währung unattraktiver. Die Folge: Kapital wird abgezogen und in Währungsräume mit höheren Zinsen umgeleitet. Das übt auf die Währung einen Abwertungsdruck aus. China konnte diesem Abwertungsdruck nur widerstehen, indem die Notenbank massiv intervenierte.

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Die Kapitalabflüsse und Interventionen haben ihre Spuren hinterlassen. Grafik 1 zeigt die monatliche Bewegung der Devisenreserven. Bis auf einige Ausnahmen abgesehen baute China jeden Monat seine Devisenreserven weiter aus. Dieser Trend war bis Mitte 2014 gültig und das Tempo war absolut beeindruckend. Von Anfang 2008 bis Ende 2010 stiegen die Reserven um knapp 40 Mrd. USD pro Monat an.

Das Wachstum der Devisenreserven kennt man fast nicht mehr anders, dabei war das nicht immer so. Blickt man bis in die 50er Jahre zurück (Grafik 2), dann zeigt sich auch einmal ein anderes Bild. Zwischen 1950 und 1980 schwankten die Reserven zwischen einer Milliarde und minus einer Milliarde. Erst in den 80er Jahren begann der heutige Trend, der sich bis 2014 ungebremst fortsetzte.

2014 erreichten die Rücklagen in der Spitze knapp 4 Billionen USD. Seitdem geht es abwärts. Derzeit belaufen sich die Reserven noch immer auf 3,65 Billionen, doch der Trend weist eine klare Richtung auf. Grafik 3 zeigt die Bewegungen seit Anfang 2014. Bis Juli 2014 wiesen die Reserven noch einen Aufwärtstrend auf. Seitdem geht es bergab. Innerhalb von 12 Monaten sind die Reserven um 340 Mrd. USD geschrumpft.

Senkt die chinesische Notenbank die Zinsen weiter, dann erhöht sich auch der Abwertungsdruck weiterhin. Die Währung kann nur stabil bleiben, wenn interveniert wird. Die Interventionen würden mit zunehmendem Abwertungsdruck immer größer werden müssen. So hoch Chinas Devisenreserven auch erscheinen, der Preis eines fixen Wechselkurses wäre die Reduktion der Reserven um geschätzte 500 Mrd. pro Jahr, solange die Zinspolitik in den USA in eine andere Richtung geht als in China. Man kann sich ausrechnen, dass das nicht lange gut gehen kann. Es wäre auch für den Markt nicht sehr beruhigend, wenn die Reserven auf Jahresfrist unter 3 Billionen sinken würden. Das befeuert nur weitere Spekulation.
Solange die US Notenbank an der Zinswende festhält, wird auch der Abwertungsdruck nicht abnehmen. Gleichzeitig sind es nicht nur Zinsdifferenzen, die eine Abwertung erzwingen, sondern auch andere Kapitalströme. Grafik 4 zeigt die Entwicklung der ausländischen Direktinvestitionen (FDI – Foreign Direct Investment). Es fließen immer noch über 100 Mrd. nach China, doch dieses Jahr wird es höchstwahrscheinlich zum ersten Mal seit Jahrzehnten dazu kommen, dass mehr Geld für FDI auch wieder aus dem Land herausfließen.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, war der chinesische Yuan auch eine beliebte Carry Trade Währung. Wer Yuan kaufte, konnte über Jahre hinweg von hohen Zinsen und der Aufwertung der Währung profitieren. Die Zinsen werden nun weniger und die Aufwertung des Yuan kehrt sich um. RBC Capital vermutet, dass der Yuan Carry Trade ein Volumen von ungefähr 1 Billionen USD hat. Dieser Trade dürfte nun aufgelöst werden. Auch das wird den Druck auf die Währung weiter erhöhen.

Will China seine Devisenreserven schützen, dann bleibt der Notenbank nichts anderes übrig, als die Währung weiter abwerten zu lassen. Das wird vermutlich schrittweise geschehen. Der Yuan dürfte eine Zeit lang stabil gehalten werden und dann innerhalb weniger Tage eine größere Abwertung erfahren. Die Höhe der Abwertung bis Ende 2016 sollte zwischen 10 und 15% liegen.

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8 Kommentare

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  • Jason25
    Jason25

    Im Bild dargestellt $ gegenüber Yuan.

    Kann mir jemand anhand dieses Charts eine Yuan-Abwertung erklären?

    Sorry, aber es handelt sich doch wohl mehr um ein kleines Gegensteuern zur DAUER-Aberwertung durch FED und EZB.

    22:15 Uhr, 31.08. 2015
  • Ragazzo
    Ragazzo

    Seit Wochen wird die chinesische Wirtschaft runtergeschrieben. Man merkt die Absicht und man ist verstimmt. Wer hat denn geglaubt, dass China bis in alle Ewigkeit 7 % Wachstum pro Jahr produzieren wird? Chinas Problem sind die Fremdfinanzierungen, die jede junge Volkswirtschaft braucht. Und Yellen läßt in der Gerüchteküche tüchtig kochen.

    16:54 Uhr, 31.08. 2015
  • shark
    shark

    Hr.Schmale,was bedeutet die von Ihnen erwartete Yuan -Abwertung für den deutschen Export

    und möglich deflatorische Prozesse weltweit ?

    Fällt mir gerade ein ,wo sind die 8Mrd Euro geblieben,welche aus dem deutschen Volksvermögen"sich verselbstständigt haben ? Scheint ja niemand in diesem Lande sonderlich zu interessieren !

    Vielen Dank für ihre Antwort im voraus.

    15:06 Uhr, 31.08. 2015
    2 Antworten anzeigen
  • Gutschi
    Gutschi

    yuan shorten? Dazu sag ich nur fail

    13:55 Uhr, 31.08. 2015
  • mkotthoff
    mkotthoff

    .... das glaube ich auch!

    17:58 Uhr, 29.08. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

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