Kommentar
07:39 Uhr, 17.05.2017

China: Trügerische Ruhe?

China? War da was? – Wenn es nach den Marktteilnehmern geht, war da nie etwas. Die Ruhe ist fast schon unnatürlich. Rächt sich das?

Um China ist es relativ ruhig geworden. Der Crash auf dem Aktienmarkt ist vorbei und abgehakt. Die Abkühlung der Wirtschaft ist vorbei, Konjunkturprogramm sei Dank und die Währung ist im ruhigen Fahrwasser. Alles scheint in Ordnung zu sein.

Bester Indikator für das Ausmaß an Panik im Markt ist die Währung. Je stabiler diese gegenüber dem Dollar ist, desto gelassener sind die Marktteilnehmer. Derzeit sind sie sehr gelassen. Seit 5 Monaten bewegt sich die Währung praktisch nicht vom Fleck. Das ist nicht nur erzwungen, indem die Notenbank interveniert. Die Währungsreserven zeigen das (Grafik 1).

Als es wirtschaftlich bergab ging, begann eine großangelegte Kapitalflucht aus China. Die Notenbank musste gegensteuern und die Währung durch Interventionen stützen. Die Reserven fielen rasant. In diesem Jahr ist davon überhaupt keine Rede mehr. Zuletzt stiegen die Reserven sogar wieder ein wenig an.

Die große Panik ist vorbei. Dazu trägt auch bei, dass die Industrieproduktion ein klein wenig Aufwind erhält. Grafik 2 zeigt die Industrieproduktion gegenüber dem Vorjahr im Vergleich mit dem Welthandel. Da China eine Exportnation ist, ist der Welthandel von übergeordneter Bedeutung. Nachdem der Handel global schwach war, zeigte sich zuletzt eine kleine Belebung. Das hilft auch China.

Die Einkaufsmanager sind weniger optimistisch. Obwohl die Produktion wieder stärker wachsen konnte, beurteilen die chinesischen Einkaufsmanager die Aussichten weniger gut. Dazu trägt auch das Auslaufen der Konjunkturstütze bei. Als sich die Wirtschaft 2014/15 stark abkühlte griff die Regierung ein. Die Geldpolitik wurde gelockert und der Staat erhöhte die Ausgaben. Beides ist nun Geschichte.

Im Verlauf des Jahres ist davon auszugehen, dass sich die Industrieproduktion kaum noch steigern lässt. Sie dürfte als Stütze wegfallen. Immerhin gibt es da noch den Immobilienmarkt, der momentan rund läuft. Der Immobilienmarkt ist ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft. Er ist aber auch sehr volatil.

Die Regierung spielt mit dem Immobilienmarkt ein schwieriges Spiel. Er wird genutzt, um das Wachstum anzuheizen, wenn sich die Wirtschaft abzukühlen droht. Gesteuert wird dies durch die Geldpolitik. Grafik 3 zeigt die Investitionen auf dem Immobilienmarkt gegenüber dem Vorjahr. Wird die Geldpolitik gelockert (dargestellt über die 3-Jahresrendite von Staatsanleihen), löst dies einen Investitionsboom aus. 2016 stiegen die Investitionen zeitweise um 60 % auf Jahressicht. Aktuell kühlt sich der Markt ab.

Die Danske Bank hat festgestellt, dass die Rendite 3-jähriger Anleihen dem Immobilienmarkt 9 Monate vorausläuft. Bis Jahresende ist also eine Abkühlung zu erwarten und zu Jahreswechsel möglicherweise sogar eine Kontraktion.

Vieles deutet daraufhin, dass China im Verlauf des Jahres weiter an Dynamik verliert. Das muss nicht gleich in einer neuerlichen Panik enden. Die Währung ist stabil, weil sich die Lage gebessert hat. Das ist aber nicht der einzige Grund. Die Behörden haben die Kapitalverkehrskontrollen immer weiter verschärft. Großangelegte Kapitalflucht ist fast unmöglich geworden. Selbst wenn der Markt in Panik geraten wollte, könnte er es kaum noch.

So wie die Lage aussieht, muss Peking so langsam damit beginnen, die Wirtschaft wieder anzuschieben, sonst haben wir spätestens Anfang 2018 eine Situation wie 2015. Mich wundert ehrlich gesagt, dass der Prozess der geldpolitischen Lockerung noch nicht begonnen hat. Viel Zeit bleibt nicht mehr, um einen Abschwung zu verhindern. Die Situation hat durchaus etwas von „Ruhe vor dem Sturm.“

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • netzadler
    netzadler

    die kapitalverkehrskontrollen sind in der tat erheblich, deutsche firmen klagen, dass sie ihren cashflow bei bedarf nicht aus China rausbekommen, liquiditätssteuerung auf konzernebene funzt nicht mehr. insofern ist der Wechselkurs mehr als künstlich.

    über immobilienpreise brauchen wir nicht mehr zu reden. gemessen am verdienst, sind diese für junge familien nicht mehr bezahlbar, entweder du hast reiche Eltern oder eben nicht. fehlt nur noch, dass die Regierung jetzt wieder zuschüsse zum eigentumserwerb aus Steuermitteln rausholt.

    man kann mit nullzins und der entsprechenden Ersparnis argumentieren, aber das reisst an anderer stelle große löcher auf.

    08:50 Uhr, 17.05.2017
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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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