Kommentar
10:05 Uhr, 14.10.2021

China muss nur dieses eine tun, um den Immobilienmarkt zu retten

Nach Evergrande kommen immer mehr Immobilienentwickler in Zahlungsschwierigkeiten. Obwohl die Dominosteine weiter fallen, muss China nicht besonders viel tun, um den Markt zu stützen.

Dazu braucht es keine Rettungsprogramme für Immobilienentwickler und auch keine Notkredite an den Sektor. Es braucht nicht einmal Investoren, die den Unternehmen noch Geld leihen. Bei Investoren dürfte vorerst ohnehin kaum noch Geld zu holen sein. Nachdem Evergrande und Fantasia Termine für fällige Zinsen für Anleihen kommentarlos und ohne Zahlung der Zinsen verstreichen ließen, ist die Bereitschaft von Investoren, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, gering. Bisher wurden Dollaranleihen nicht bedient. Ausländische Investoren dürften entsprechende Anleihen nicht mehr anfassen. Schon jetzt werden die Anleihen teils zu weniger als 20 Cent je Dollar gehandelt. Investoren gehen also von einer Verlustquote von 80 % aus. Fehlende Auslandsinvestoren sind nicht das, was den Markt zu Fall bringt. Das Kreditvolumen ist in Relation zum Gesamtmarkt ein Rundungsfehler. Fast das gleiche kann man von Bankkrediten sagen. Im Vergleich zum Entwicklungsvolumen und dem Verkauf von Immobilien sind die direkten Bankkredite klein. Sie machen derzeit nur etwa 10 % der Finanzierung aus.


Mit der Finanzierung steht und fällt alles. Kommt kein frisches Geld ins Unternehmen, können Projekte nicht fertiggestellt werden. Zulieferer erhalten kein Geld und viele Menschen verlieren ihren Job. Haushalte verlieren die Anzahlung für die Immobilien.

Die Finanzierung muss weiter gewährleistet sein, damit der Markt nicht destabilisiert wird. Aber wie finanzieren sich die Entwickler überhaupt, wenn es nicht Investoren und Banken sind?

Die Antwort gibt Grafik 2. 90 % der verkauften Immobilien gibt es noch gar nicht. Sie müssen erst noch gebaut werden. Projekte werden verkauft, nicht fertige Wohnhäuser. Kunden zahlen einen Großteil des Kaufpreises an. Mit diesem Geld werden bestehende Projekte finanziert. Das Geld reicht nicht, um auch alle Projekte, die bereits verkauft wurden, zu realisieren.


Genau das ist Evergrandes Problem. Der Regulator verbot über Umwege weiteres Wachstum. Da das Projektvolumen nicht weiter ansteigen konnte, war es unmöglich, alle Projekte zu finanzieren. Das Kartenhaus brach zusammen.

Grundsätzlich ist es gut, dass die Politik gegen diese Misswirtschaft vorgeht. Ohne die Vorfinanzierung der Kunden wäre ein Großteil der Entwickler jedoch sofort bankrott. Die Politik muss daher für bessere Geschäftspraxis sorgen, ohne dass Kunden das Vertrauen verlieren, denn der Markt ist auf diese Finanzierungsquelle dringend angewiesen.

Da 90 % aller Verkäufe Vorverkäufe sind, also Verkäufe von noch nicht existenten Immobilien, darf das Vertrauen der Bevölkerung in dieses Finanzierungssystem nicht verlorengehen. Vertrauen gibt es nur, wenn man sicher sein kann, dass die Unternehmen gut wirtschaften. Genau das ist nicht immer geschehen, wie Evergrande gezeigt hat.

Peking muss eine Gratwanderung gelingen. Einerseits müssen Unternehmen zu guter Geschäftspraxis gezwungen werden, andererseits dürfen Verbraucher dadurch nicht aufgeschreckt werden. Bisher scheint diese Gratwanderung zu gelingen und wenn es die Politik schafft, das nicht zu ändern, sollte es zu keiner unkontrollierten Destabilisierung kommen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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