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12:54 Uhr, 23.11.2017

China mit voller Kraft voraus

Chinas wirtschaftliche Verlangsamung und die gewandelte Einstellung seiner Regierung verändern den Schwellenländer-Ausblick, schaffen UBS-Finanzexperte Hayden Briscoe zufolge aber auch Gelegenheiten für Investoren.

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Zürich (GodmodeTrader.de) - Der Parteitag der KP Chinas hat erhebliche Folgen für Investoren. Xi Jinping verfügt nach dem Parteitag über eine gestärkte Machtbasis und kann so mit voller Kraft für eine Agenda kämpfen, die Chinas zyklischen Mini-Abschwung verlängern, aber auch attraktive Gelegenheiten für Investoren schaffen wird“, schreibt Hayden Briscoe, Head of Fixed Income Asia Pacific bei UBS Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar.

Xi Jinping sei aus dem jüngsten Parteitag als Chinas stärkste Führungsperson seit Deng Xiaoping hervorgegangen. Sein politisches Gedankengut sei in das Parteistatut aufgenommen worden und seine Unterstützer hätten leitende Positionen auf allen Regierungsebenen besetzt. Dies markiere einen Wandel gegenüber Xis Machtübernahme im Jahr 2012. Zu dieser Zeit hätten Schützlinge früherer Parteiführer die Mehrzahl der Leitungsfunktionen der Partei innegehabt. Heute dominierten Xi und seine Anhänger die Partei und, mit vier von sieben Mitgliedern im ständigen Ausschuss des Politbüros, auch ihr wichtigstes Entscheidungsgremium. Seine gestärkte Unterstützerbasis und hervorgehobene Position bedeuteten, dass Xi nun mit freier Hand und größerer Entschlossenheit die in seiner Eröffnungsrede am 18. Oktober aufgestellte Agenda verfolgen könne, die unter anderem die Durchsetzung von Reformen, die Kontrolle finanzieller Risiken, die Regulierung des Immobilienmarkts und den Schutz der Umwelt umfasse, heißt es weiter.

Bezeichnenderweise habe Xi in seiner Rede darauf verzichtet, ein konkretes volkswirtschaftliches Wachstumsziel zu benennen. Dies signalisiere ein verändertes Herangehen an das Management der Volkswirtschaft. Chinesische Parteiführer seien in der Vergangenheit regelmäßig bemüht gewesen, definierte Wachstumsziele zu erreichen. China-Beobachter hätten sich an den chinesischen „Präsidenten-Put“ gewöhnt – eine inoffizielle Garantie, dass die Regierung mit Kredithilfen das Erreichen der Wachstumszahlen sichern werde, oft zulasten einer längerfristig gesunden Volkswirtschaft. „Wie von uns bereits prognostiziert wurde, zeigt Xis Rede, dass der ‚Präsidenten-Put‘ Vergangenheit ist. Xi besitzt nun ausreichend Macht und politisches Kapital, um auch schwächeres Wachstum durchzustehen und die Regierungspolitik stärker an Reformen auszurichten, die das langfristige wirtschaftliche Wachstumspotenzial verbessern“, kommentiert Briscoe die Ergebnisse des Parteitages.

Aus diesem Grund rückten Umweltfragen in den Vordergrund. Umweltverschmutzung sei ein zunehmend heikles Thema für die Öffentlichkeit und werde auch staatlicherseits inzwischen ernst genommen. Von der Zentralregierung finanzierte Inspektionsteams reisten durch das Land, überprüften Lokalbeamte und Unternehmen vor Ort und zwängen sie, überalterte umweltschädliche Fabriken zu schließen und neue Umweltstandards zu erfüllen. Auch die Immobilienpolitik, von den Behörden gern zur Ankurbelung der Konjunktur in schlechten Zeiten genutzt, mache einen Wandel durch. In seiner Rede habe Xi betont: „Ein Haus ist zum Wohnen gemacht, nicht zum Spekulieren“, heißt es weiter.

„Politische Erklärungen zeigen, dass sich die Regierung zunehmend damit befasst, neue Verordnungen zu erlassen, darunter Regeln zur Abwehr von Spekulationen, sowie Reformen der Mietmärkte voranzubringen und die landesweite Verbreitung von staatlich unterstützten Immobilienkäufen zurückzufahren. Dies deutet darauf hin, dass 2018 auch bei schwächerem Wachstum eine ausufernde Politik zur Unterstützung der Märkte nicht zu erwarten ist“, resümiert Briscoe im Nachgang des jüngsten Parteitages.

Neben den genannten Faktoren bedeute Xis Fokus auf Durchführung von Reformen und Eindämmung finanzieller Risiken, dass der Prozess des Schuldenabbaus, der zu geringerer Liquidität, höheren Geldmarktzinsen, steigenden Anleiherenditen und seit Ende 2016 zu einem rückläufigen Kreditwachstum geführt habe, sich fortsetzen werde. Vertreter der Chinesischen Bankenaufsichtsbehörde (CBRC) hätten dies in den Tagen nach Xis Parteitagsrede bestätigt. Auch der Wechsel des politischen Personals unter Xi stütze diese Strategie. Guo Shuqing – der reformorientierte Leiter der Bankenaufsicht, der für die Durchführung der jüngsten Kampagne zum Schuldenabbau verantwortlich gewesen sei – sei Berichten zufolge der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge von Zhou Xiaochuan, dem scheidenden Gouverneur der People’s Bank of China. „Unter der Leitung von Guo Shuqing erwarten wir einen harten Kurs gegenüber dem Finanzsektor und eine Fortsetzung des Schuldenabbaus. Diese Faktoren festigen unsere Erwartung eines verlängerten zyklischen Mini-Abschwungs bis Ende 2017 und ins Jahr 2018 hinein. Jüngste Daten zeigen tatsächlich ein langsameres Wachstum bei Immobilienverkäufen und privaten Investitionen. Dies signalisiert unserer Ansicht nach, dass die Verlangsamung begonnen hat“, so der Fixed Income Asia Pacific Experte von UBS Asset Management.

Das bedeute eine Kehrtwende gegenüber der Situation Ende 2016, als die wirtschaftliche Erholung Chinas den Wachstumserwartungen einen Schub verliehen habe – vor allem in Märkten, die über den Rohstoffhandel eng mit China verbunden seien. Die Erholung habe die Erzeugerpreisindizes (PPI) nach oben getrieben, habe die Exporte wachsen lassen, die Finanzierungssalden gestärkt und steigende Gewinnerwartungen für Energie- und Bergbauunternehmen unterstützt. Mit dem schwächeren Wachstum in China stelle sich nun die Frage, ob die höheren Wachstumserwartungen unterstützt blieben, besonders in Schwellenländern, die über bedeutende Handelsbeziehungen mit China verfügten. „Angesichts unserer Erwartung, dass die Schwellenländer die Folgen von Chinas Verlangsamung Ende 2017 und 2018 spüren werden, glauben wir, dass das richtige Timing der zentrale Faktor jeder Anlagestrategie sein wird“, so Briscoe.

„Chinas wirtschaftliche Verlangsamung und die gewandelte Einstellung seiner Regierung verändern den Ausblick für die Schwellenländer, schaffen aber zugleich überzeugende Gelegenheiten für Investoren. Der stetige Anstieg der inländischen Anleiherenditen im vergangenen Jahr bietet Investoren die Gelegenheit, ihr Portfolio um längere Laufzeiten zu ergänzen, vor allem, da die aktuellen Renditen im Bereich von 3,75 Prozent im Vergleich zu Festzinsgelegenheiten weltweit attraktives Wertpotenzial bieten und sowohl hohe nominale und reale Erträge als auch das Potenzial für Kapitalzuwachs aufweisen“, fasst Briscoe die aktuelle Situation für Investoren zusammen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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