Kommentar
07:44 Uhr, 17.10.2016

China hat, was wir in Europa nicht haben!

Am Donnerstag sorgte China noch für Unruhe. Am Tag darauf war wieder eitel Sonnenschein. Wieso?

Am Donnerstag noch ging ein kleiner Schock durch die Welt. Chinas Exporte sanken im Vergleich zum Vorjahr im zweistelligen Bereich. Freitag war das vergessen und es wurde gekauft. Die Risikofreude ist schlagartig zurückgekehrt. China ist zwar immer noch auf dem absteigenden Ast, aber dafür wenigstens mit einem Bonuspunkt.

China hat etwas, was andere nicht haben: Inflation. Die Inflation ist nicht überbordend, konnte aber immerhin auf 1,9 % springen, nach 1,3 % im Vormonat. Dieser Sprung nach oben beendet eine Abwärtstrend, der die letzten 6 Monate anhielt. Die Inflation war in dieser Zeit von 2,3 % auf nur noch 1,3 % gesunken.

Der Inflationsanstieg ist möglicherweise nur eine Eintagsfliege, es gibt aber auch Gründe, weshalb das nicht der Fall ist. Die Produzentenpreise (siehe Grafik) sind das erste Mal seit 54 Monaten wieder gestiegen. Fallen die Preise der Produzenten, dämpft das die Inflation. Kostet die Produktion weniger, wird ein Teil der Kostenersparnis in den Markt weitergegeben. Schließlich herrscht Konkurrenz. Gleiches gilt, wenn die Kosten steigen. Auch dann werden die Preissteigerungen weitergegeben, wenn auch nicht sofort und zu 100 %.

Da die Produzentenpreise nun steigen, wenn auch nur mit 0,1 %, ist es ein positives Signal. Es ist unwahrscheinlich, dass die Preise gleich morgen wieder zu sinken beginnen. Für China ist das ein Befreiungsschlag, denn Inflation wird dringend gebraucht. China ist verschuldet wie kaum ein anderes Land. Wenn die Preise dann noch sinken, lässt sich ein Kollaps kaum vermeiden.

In der Eurozone gibt es genau die gleiche Horrorvorstellung. Bleiben die Schulden wie sie sind, sinken aber gleichzeitig die Preise und damit die Einkommen und die Preise von Vermögenswerten, dann stehen den Schulden plötzlich immer weniger Einkommen und Vermögen gegenüber. Es droht ein Schuldenkollaps. Bleiben die Schulden nun aber wie sie sind, steigt aber das Einkommen wegen steigender Preise, dann tragen sich die Schulden ganz von allein ab (relativ gesehen). Die Verschuldung - z.B. gemessen an der Wirtschaftsleistung oder am Haushaltseinkommen - sinkt.

China kann den Schuldenkollaps nur verhindern, wenn die Inflation steigt. Das scheint nun zu gelingen, doch es gibt einen Haken. Die Inflation steigt vor allem deshalb, weil die Importpreise steigen. Die ist auf die Abwertung des Yuan und steigende Rohstoffpreise zurückzuführen. Nur weil der Yuan abgewertet hat, steigen deswegen nicht gleich die Löhne oder der Wert einer Immobilie. Bis sich höhere Importpreise in steigenden Löhnen widerspiegeln, kann viel Zeit vergehen.

Weltweit wurden die Zahlen jedenfalls bejubelt. Es scheint dabei keiner realisiert zu haben, dass die Verbesserung der Daten in China auf Kosten anderer Länder geht. Je mehr Chinas Währung abwerten, desto mehr Deflation wird exportiert. China macht das kontrolliert und langsam, doch über viele Monate oder Jahre (die Abwertung hat vor gut einem Jahr begonnen) werden andere Länder die Effekte immer stärker spüren. Die Freude über die Daten dürfte daher nicht sehr lange anhalten. Hinter den Kulissen hat sich nichts verbessert. Es handelt sich lediglich um eine vordergründige und kosmetische Verbesserung.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Und ich dachte immer Herr Draghi wertet den Euro ab um die deutschen Exportdaten auf Kosten anderer Länder zu verbessern. China hat vieles, was andere nicht haben: sehr billigen Strom mit 3 oder 4 cent per kwh; sehr niedrige Lohnkosten; kaum Umweltrestriktionen und Auflagen; dynamisches Wirtschafts wachstum; die angesprochene Inflation dürfte eher untergeordneter Wichtigkeit sein. Inflation in Europa geht ganz einfach: deutsches Lohnniveau rauf, Bankzinsen rauf, Abschaffung des "Bail-In" der es ja geradezu verbietet Bankaktien zu kaufen oder überhaupt das Geld zu deponieren. Überall Steuersätze runter, angefangen bei der Mehrwertsteuer und Einkommenssteuer damit Konsumenten sich überhaupt etwas kaufen können. Weniger Auflagen, weniger Restriktionen, mehr freie Marktwirtschaft, mehr Unternehmertum, staatlich garantierte Mindestrenditen für Kleinsparer bei öffentlichen Grossprojekten, Stichwort: Energiewende. Es gibt endlose Wege zum Ziel, die eierlegende Wollmilchsau bei Null Zinsen und gleichzeitiger Inflation wird es nicht geben können.

    04:42 Uhr, 18.10.2016
  • Protheus
    Protheus

    ..unterträgliche Luftverschmutzung?!

    13:52 Uhr, 17.10.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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