Kommentar
12:22 Uhr, 20.03.2017

China: Dieser Dreisatz geht nicht auf

Dreisatz ist nicht schwer und so braucht man nicht lange, um zu erkennen, dass die Rechnung nicht ganz aufgeht – in China.

China wartete zuletzt mit etwas merkwürdigen Datensätzen auf. Es waren drei an der Zahl: die Handelsbilanz, die Währungsreserven und die Inflation. Wie man es auch dreht und wendet, die Daten passen einfach nicht zusammen. Man muss da schon sehr die Fantasie bemühen.

Zunächst fielen die Daten zum Handel auf. Die Importe legten im Vergleich zum Vorjahr um gigantische 38 % zu. Die Exporte fielen um 1,3 %. Das ist schon etwas suspekt, lässt sich aber noch erklären. Die einwöchige Neujahrsfeier, in der das Land praktisch stillsteht, fand in diesem Jahr im Februar statt. Im vergangenen Jahr fiel das Fest in den Januar.

Das Neujahrsfest sorgt für hohe Volatilität der Zahlen. Die Fabriken stehen still und so wird auch weniger exportiert. Die Importe kommen jedoch weiterhin ins Land. Das erklärt die Differenz. Dennoch ist das Wachstum beachtlich, zumal es zum ersten Handelsbilanzdefizit der Volksrepublik seit Februar 2014 führte (Grafik 1).

Die Handelsdaten lassen sich erklären. Was sich jedoch nicht gut erklären lässt, sind die Inflationsdaten. Die Produzentenpreise stiegen auf Jahressicht um fast 8 % an (Grafik 2). Die Verbraucherbreise hingegen stiegen um lediglich 0,8 %. Der Rückgang von 2,5 % im Januar auf 0,8 % im Februar ist der größte monatliche Rückgang seit Anfang 2009. Er ist umso bemerkenswerter, weil die Produzentenpreise steigen. In der Tendenz verlaufen Verbraucher- und Produzentenpreise parallel.

Die große Divergenz ist auch deswegen nicht gut nachvollziehbar, weil gerade im Februar die Importe stark gestiegen sind. Da der Yuan auf Jahressicht 6 % abgewertet hat, dürfte China allein schon über die Währung Inflation importieren. Ein so großer Rückgang macht da wenig Sinn.

Es gibt natürlich auch dafür eine Erklärung. Lebensmittelpreise, die ca. ein Drittel des Warenkorbes ausmachen, sind im Februar stark gesunken. Wie das bei weltweit steigenden Nahrungsmittelpreisen im Februar ins Bild passt, ist nicht klar.

Die Handelsbilanz lässt sich erklären. Auch die große Divergenz der zwei Inflationsraten kann man erklären, auch wenn die Erklärung nicht wirklich überzeugend wirkt. Was sich nun aber nicht mehr nachvollziehen lässt, ist die Entwicklung der Währungsreserven. Diese stiegen im Februar wieder leicht über die Marke von 3 Billionen Dollar an (Grafik 3).

Der Anstieg ist verwunderlich. China wies im Februar ein Handelsbilanzdefizit aus. Das bedeutet, dass über den Handel mehr Geld das Land verlassen hat als wieder hereingekommen ist. Da die Importe größtenteils in Fremdwährung bezahlt werden, muss das die Reserven gedrückt haben.

Ebenso muss der Währungstrend die Reserven gedrückt haben. China weist die Rücklagen in Dollar auf, auch wenn die Reserven in mehreren Währungen angelegt sind. Da der Dollar gegenüber vielen anderen Währungen im Februar an Wert gewonnen hat, müssten die Reserven – umgerechnet in Dollar – gesunken sein.

All das hätte auf einen Rückgang der Reserven um 20 bis 30 Mrd. hingedeutet. Tatsächlich sind sie laut offiziellen Daten um 7 Mrd. gestiegen. Die Notenbank kämpft dabei noch darum, den Yuan stabil zu halten und interveniert auf dem Devisenmarkt. Auch das reduziert die Reserven. Die Zunahme macht also keinen Sinn.

Es gibt nur einen Umstand, der die Entwicklung erklären kann: die Kapitalflucht hat aufgehört, sogar mehr noch, Kapital verlässt nicht mehr das Land, sondern es strömt wieder herein. Wer’s glaubt...

Mit viel Fantasie lässt sich alles erklären. Die Betonung liegt dabei auf „viel.“ Für mich passen die Daten nicht zusammen. Die nächsten Datensätze bringen vielleicht mehr Licht ins Dunkel.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • kampl0rd
    kampl0rd

    Dass angeblich die Kapitalflucht aufgehört hat, sieht man ja an dem Verlauf des BitCoin Kurses und den damit einhergehenden gepanten Kapitalkontrollen....

    11:21 Uhr, 24.03.2017
  • Bigdogg
    Bigdogg

    Anmerkuung: Meine Ausführungen waren auf die USA bezogen

    09:17 Uhr, 21.03.2017
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Das ist doch egal, ob die stimmen oder nicht. Solange die kreative Finanzindustrie den Zahlen glaubt, ist doch alles in bester Ordnung!

    18:38 Uhr, 20.03.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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