Kommentar
10:02 Uhr, 22.05.2025

Was Zölle nicht ändern werden

Zölle sollen das Handelsbilanzdefizit verkleinern. Das werden sie nicht. Dafür ist vor allem ein Sektor verantwortlich und es ist gerade der staatliche, also jene Einheit, die geringere Defizite will.

Die jetzige Regierung ist noch mehrere Jahre im Amt und man kann nicht wissen, wie das Handelsbilanzdefizit im Jahr 2029 aussehen wird. Wie es in diesem und im kommenden Jahr aussehen wird, lässt sich hingegen abschätzen. Das Handelsbilanzdefizit entspricht der Differenz aus dem, was ein Land spart und was es investiert.

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Die USA sparen zu wenig. Der Staat gibt mehr Geld aus als er einnimmt. 2024 lag das Budgetdefizit bei 1,833 Billionen USD. Im Privatsektor wurden ungefähr zwei Billionen USD gespart. Investiert wurde etwas mehr als eine Billion USD. Das Handelsbilanzdefizit sollte demnach bei 900 Mrd. USD liegen. 2024 betrug es tatsächlich 917 Mrd. USD. Dies beinhaltet die Waren- und Dienstleistungsbilanz.

Soll das Defizit reduziert werden, kann das nur funktionieren, wenn weniger investiert oder mehr gespart wird. Der Privatsektor soll mehr investieren, z.B. um die Produktion aus dem Ausland zurückzuholen. Der Privatsektor wird also nicht mehr sparen, sondern weniger, wenn es nach dem Willen der Regierung geht.

Weniger investiert wird auch, wenn Unternehmen wegen Unsicherheit Investitionen zurückhalten. Dies könnte der Fall sein und möglicherweise zu einer Erhöhung der Sparbeträge führen. Soll investiert werden, ohne dass das Defizit steigt, muss der Staat sparen. Das gelingt ihm bisher nicht. Die Ausgaben in diesem Jahr sind bereits 270 Mrd. USD höher als 2024. Dazu passt der Verlust des letzten AAA-Ratings der USA der Ratingagentur Moody’s (Grafik 1).

Trotz aller Sparbemühungen von Elon Musks Effizienzbehörde steigen die Ausgaben weiter. Deswegen ist Musk nicht gescheitert. Es gibt Ministerien, die weniger Geld ausgeben, z.B. das Bildungsministerium (Grafik 2).

Mit allem, was die Regierung derzeit diskutiert, dürfte das Defizit im Fiskaljahr 2025, welches bis September 2025 dauert, leicht ansteigen. Im kommenden Fiskaljahr ist ein Anstieg auf knapp 2,2 Billionen USD wahrscheinlich (Grafik 3).

Das ist keine schlechte Neuigkeit. Zu befürchten war eine größere Defizitausweitung. Dazu kann es je nach Steuersenkungsplänen noch immer kommen. Gleichzeitig wächst die Wirtschaft weiter. Selbst wenn das reale Wachstum in diesem Jahr stagniert, steigen die Preise. Liegt die Inflation in diesem Jahr bei 2,5 %, steigt die nominale Wirtschaftsleistung um 2,5 %. Das Defizit steigt aller Voraussicht nach dennoch schneller als die Wirtschaftsleistung. Anstatt eines Defizits von 6,4 % der Wirtschaftsleistung, wird es vermutlich knapp 7 % betragen (Grafik 4).

Bleiben die Investitionen dort, wo sie sind, steigt das Handelsbilanzdefizit von 900 Mrd. auf 1.000 Mrd. USD an, egal, welcher Zoll erhoben wird. Zölle können das Defizit nur senken, wenn dadurch eine Rezession ausgelöst wird, die den Privatsektor zu einer deutlich höheren Sparquote bewegt.

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2 Kommentare

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  • Riccardo90
    Riccardo90

    Der Chart mit dem Bildungsministerium wurde sicher nicht zufällig gewählt xD

    12:07 Uhr, 22.05.
  • masi123
    masi123

    Die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP hat sich von ~105 % (2015) auf ~121 % (2024) erhöht (Quelle Statista). Die Staatsverschuldung steigt also deutlich schneller als das BIP und da die Verschuldung das BIP übersteigt beschleunigt sich dieser Prozess sogar.

    Daran dürfte sich auch durch Zölle nichts ändern, da sowohl weitere Ausgabenerhöhungen (z. B. ~150 Mrd. USD für Militär) als auch Steuergeschenke in Billionenhöhe über die nächsten Jahre fest geplant/beschlossen sind.

    Nur theoretisch "hilft" eine höhere Inflation (höheres nominales BIP-Wachstum), da die Zinslast, aber auch alle Ausgaben, ebenfalls stark steigen und die Finanzierung (ibs. durch ausländische Gläubiger) erschwert würde. Außerdem können die Verbraucher und Unternehmen (Konkurrenzfähigkeit!) steigende Preise nur bis zu einem gewissen Grad verkraften.

    Das Grundproblem (Verschuldung) in den USA ist also nicht gelöst und verstärkt sich in den nächsten Jahren wahrscheinlich sogar noch.

    11:41 Uhr, 22.05.