Kommentar
16:24 Uhr, 28.11.2018

China: Diese Schieflage ist gewaltig

China kämpft an so vielen Fronten, dass man den Überblick verliert. Am Ende läuft aber alles auf ein Problemfeld hinaus.

Jedes andere Land dieser Welt wäre unter den Voraussetzungen, wie sie in China herrschen schon lange zusammengebrochen. China hält aber durch. Das geht nur mit der strengen staatlichen Lenkung der Wirtschaft. Viele sind inzwischen der Ansicht, dass auch das irgendwann nicht mehr ausreicht, um das Ruder herumzureißen.

Ob die Wirtschaft nun gelenkt wird oder nicht, die Naturgesetze gelten weiterhin. Im Falle von China sind es die Schulden, die das Land irgendwann einholen werden. Die Schulden wachsen konsequent schneller als die Wirtschaft (Grafik 1). In einzelnen Quartalen und Jahren sieht es gar nicht so schlimm aus. Der katastrophale Effekt zeigt sich vor allem dann, wenn man längere Zeiträume betrachtet.


Das höhere Schuldenwachstum führte über einen Zeitraum von 20 Jahren dazu, dass die Verschuldung gemessen am BIP von 100 % auf über 200 % gestiegen ist (Grafik 2). Es handelt sich dabei lediglich um die Schulden, die in den Bankbilanzen abgebildet sind. Inzwischen begeben Unternehmen fleißig Anleihen und das Schattenbankensystem ist ebenfalls gigantisch.

Die Gesamtverschuldung zeigt Richtung 400 %. Immerhin ist es der Regierung gelungen, die Gesamtverschuldung in diesem Jahr relativ konstant zu halten. Das ist im Vergleich zu den Vorjahren ein Fortschritt.

Das enorme Schuldenwachstum hat natürlich auch etwas gebracht. Die Wirtschaftsleistung hat sich allein in den letzten 8 Jahren verdoppelt und seit 1998 verzwölffacht. Ohne die massive Zunahme der Verschuldung hätte das nicht gelingen können.

Das hohe Wachstum hat auch dazu geführt, dass die Bevölkerung immer mehr verdient. Inzwischen verdient man in China in der Produktion mehr als in Brasilien, Mexiko, Indien oder sogar Russland (Grafik 3). Da nun aber das Fundament des Booms die Produktion war, gräbt sich China paradoxerweise selbst das Wasser ab.


Inzwischen denken selbst chinesische Unternehmen vermehrt darüber nach, ob sie ihre Produktion nicht lieber verlagern sollten, z.B. in nach Vietnam. Die ganzen Assets, die China für die Produktion geschaffen hat, werden damit obsolet. Bis sie abgezahlt sind, braucht es aber noch viele Jahre.

China hat also viel investiert und dafür Schulden gemacht. Diese Investitionen werfen auch eine Rendite ab, doch inzwischen ist China so teuer, dass Unternehmen weiterziehen. Damit werfen die Investitionen dann zunehmend keine Rendite mehr ab, obwohl die Schulden noch lange nicht abgezahlt sind.

China braucht einen Ersatz und versucht die Wirtschaft Richtung Konsum und Dienstleistungen zu wandeln. Dieser Umbau kostet wieder Geld. Das ist Geld, das das Land nicht mehr hat. Man kann es auch so formulieren: China hat sich zu schnell entwickelt.

Ob aus der Schieflage wirklich ein Zusammenbruch wird, lässt sich nicht sagen. Die Auslandsverschuldung ist im Vergleich zu vielen anderen Ländern gering. Im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern ist ein Großteil der Schulden in lokaler Währung. Ein Zusammenbruch wie in Argentinien ist unwahrscheinlich.

Ich sehe Chinas Probleme zwar als ernst an, aber nicht so negativ wie manch anderer. Die große Apokalypse, die manche vermuten, sehen wir hier vermutlich nicht. Man darf nicht vergessen, dass die Regierung die Wirtschaft aktiv bremst, um die Entschuldung voranzutreiben. Das wird von vielen gerne als Anfang vom Ende gesehen. Meiner Einschätzung nach ist das eine Fehlinterpretation.

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5 Kommentare

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  • Sideliner
    Sideliner

    Das IWF weist allerdings in der neulich auf GMT zitierten Studie China als Netto-Kreditgeber aus, laut der Grafiken in der Studie ist China sehr viel besser dran als alle westlichen Länder und nur rohstoffreiche Länder wie Russland sind finanziell ähnlich stabil aufgestellt. Bauruinen gibt es bei uns schließlich auch - BER dürfte so teuer sein, wie in China ganze Geisterstädte...

    14:37 Uhr, 30.11.2018
  • Rolli1001
    Rolli1001

    Bin ganz Ihrer Meinung

    22:30 Uhr, 28.11.2018
  • Markus Krizsmann
    Markus Krizsmann

    Gruess Gott Herr Schmale,

    Darf ich fragen was die Quelle von Grafik 3 ist?

    Sehr interessante Studie

    16:30 Uhr, 28.11.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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