Kommentar
10:11 Uhr, 28.10.2015

China: Da hilft nur beten

Die USA und China sind nicht gerade als beste Freunde bekannt, obwohl beide Länder stark voneinander abhängig sind. Derzeit hängt das chinesische Wohl an der US Notenbank.

China kämpft gegen eine Verlangsamung des Wachstums. Bisher scheint Peking Erfolg zu haben. Die Kreditvergabe läuft auf Hochtouren, der Immobilienmarkt brummt wieder, der Konsum ist stark und der Dienstleistungssektor boomt. Die Sorgen um die Wirtschaft sind damit noch nicht vollkommen vergessen. Der August-Schock der völlig unterwarteten Yuan-Abwertung gegenüber dem US-Dollar ist noch nicht überwunden.

Keiner weiß so recht, was China mit der Aktion wirklich bezweckte. Genutzt hat sie jedenfalls nicht. Die Abwertung war viel zu klein, um Chinas Exportwirtschaft zu unterstützen. Dafür aber musste China geschätzte 200 Mrd. USD für Interventionen aufbringen, um die Währung wieder zu stabilisieren. Wie man es dreht und wendet, die Aktion war vollkommen sinnlos. Es hat auch den Internationalen Währungsfonds nicht überzeugt den Yuan als Reservewährung anzuerkennen.

Auf den ersten Blick hat die Abwertung im August nichts gebracht, außer Problemen und einer erheblichen Reduktion der Währungsreserven. Wieso hat China dann aber diesen Schritt unternommen?

Die plötzliche Abwertung und damit einhergehenden weltweiten Turbulenzen kann man als Warnschuss verstehen. Dieser war auf die US Notenbank gerichtet, denn diese gefährdet die Stabilität der chinesischen Wirtschaft und durchkreuzt die Pläne der Führung in Peking.

China hat in den Jahren 2009 bis 2013 von der US Notenbankpolitik profitiert. Durch die niedrigen Zinsen in den USA und den Anleihekaufprogrammen der Zentralbank blieb der Dollar gegenüber anderen Währungen schwach. Grafik 1 zeigt den US-Dollar Index seit 1973. Von 2000 bis 2011 wertete der Dollar ab und stieg von 2011 bis 2013 nur moderat an. Da die chinesische Währung an den Dollar gekoppelt ist sorgte das dafür, dass der Yuan nur gemächlich aufwertete.

Grafik 1 zeigt den realen Yuan-Wechselkurs gegenüber anderen Währungen. Von 2000 bis 2005 wertete der Yuan mit dem Dollar ab. In den Folgejahren wertete der Yuan leicht auf, weil Peking den Yuan gegenüber dem Dollar aufwerten ließ. Zwischen 2004 und 2011 wertete der Yuan insgesamt 15% auf. Seit 2011 hat sich der Trend beschleunigt. Der Yuan wurde gegenüber dem Dollar weiterhin moderat aufgewertet, während der Dollar selbst immer mehr an Wert gewann. Das führte zu einer sehr viel schnelleren Aufwertung der chinesischen Währung als beabsichtigt. Zwischen 2011 und 2015 hat der Yuan 30% an Wert gewonnen.

Eine Aufwertung von 30% innerhalb von 4 Jahren geht an der Exportwirtschaft nicht spurlos vorüber. Wenn die US Notenbank nun auch noch die Zinsen anhebt und damit den Dollar weiter aufwerten lässt, dann hat China ein ernsthaftes Problem. Seit 1994 hat sich der Außenwert des Yuan verdoppelt.

Yuan und Dollar Index gehen Hand in Hand. Vor 1994 wurde die chinesische Währung abgewertet. Real dürfte dies einer ausgedehnten Seitwärtsrange gleichgekommen sein. Grafik 1 zeigt den realen Taiwan-Dollar Wechselkurs. Da Taiwan und China eng miteinander verflochten sind kann man aus der Entwicklung des Taiwan-Dollar sehr gut die Entwicklung der chinesischen Währung ableiten.

Gemessen an der nominalen Entwicklung des Yuan Kurses (Grafik 2) und der Entwicklung des Taiwan-Dollars (Grafik 1) kann man so weit gehen und feststellen, dass der Yuan heute wieder so stark ist wie in den 80er Jahren. Der Dollar steht heute 35% unter dem Außenwert aus dem Jahr 1985. Der Yuan dürfte dieses Hoch inzwischen wieder erreicht haben.

Die chinesische Wirtschaft konnte bisher mit der Aufwertung umgehen. Die Abkühlung der Wirtschaft zeigt jedoch, dass die Grenzen erreicht sind. Peking will die Wirtschaft weniger vom Export abhängig machen, doch das braucht Zeit. So schnell wie der Dollar zuletzt aufwertete läuft die Zeit davon. China kann jetzt nur hoffen, dass die US Zinsen nicht steigen. Tun sie es doch, dann ergibt sich eine sehr schwierige Situation.

Die chinesische Notenbank senkt die Zinsen und will mit lockerer Geldpolitik die Wirtschaft ankurbeln. Wegen der Bindung des Yuan an den Dollar wirkt das jedoch nur, wenn die US Notenbank die Zinsen nicht anhebt. Eine Zinsanhebung in den USA macht über den Wechselkurs die lockerere Geldpolitik der chinesischen Notenbank zunichte. Entgegenwirken kann China nur, indem es den Yuan letztlich doch weiter abwerten lässt.
Ob bzw. wann es soweit kommt weiß keiner. Die möglichen weiteren Lockerungen in Europa und Japan lassen den Dollar bereits weiter aufwerten. Kommt dann noch eine Zinsanhebung in den USA, dann muss Peking die Währung abwerten, um die Wirtschaft nicht abzuwürgen.

Die Abwertung im August hat mehr Probleme verursacht als gelöst. Hebt die US Notenbank die Zinsen an, dann bleib China nicht viel anderes übrig als noch einmal abzuwerten oder den Wechselkurs freizugeben. Beides ist eine Reaktion auf die Zinspolitik im Ausland. Reagiert China darauf, dann geben sie effektiv die Kontrolle auf. Genau das aber fällt der Führung in Peking sehr, sehr schwer. So mancher Politiker wird da vielleicht heimlich beten, dass die US Zinswende noch nicht kommt.

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1 Kommentar

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  • Protheus
    Protheus

    Nein, da hilft nicht nur beten. Da hilft, wie immer, schön rational bleiben und dem politischen Schabernack nicht zuviel Dramatik zu gönnen.

    Aber das ist schon mit der Überschrift den Bach runtergegangen.

    13:06 Uhr, 28.10. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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