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12:11 Uhr, 17.07.2024

Chancen und Risiken: Amerikas Bank-Riesen im aktuellen Marktumfeld

Erwähnte Instrumente

Die Big 4 der US-Bankenwelt – JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup und Wells Fargo – haben ihre neuesten Quartalszahlen veröffentlicht und damit die Berichtssaison eröffnet. Diese Zahlen bieten spannende Einblicke in die aktuelle Lage der führenden Finanzinstitute und geben Hinweise darauf, wie sie sich in einem Jahr mit vielen Herausforderungen und Chancen geschlagen haben.

Von der Kreditvergabe über das Investmentbanking bis hin zu den Erträgen aus Finanzinstrumenten – die jüngsten Ergebnisse zeigen, wie sich die Banken in einem sich ständig wandelnden Marktumfeld positionieren.

In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Quartalsberichte, vergleichen die Finanzperformance der Banken und beleuchten die wesentlichen Trends und Entwicklungen, die ihre Geschäfte prägen.

Die Quartalszahlen im Überblick

Umsatz [in Mrd. USD] EPS [in USD]
JPMorgan 50,20 6,12
Bank of America 25,38 0,83
Wells Fargo 20,69 1,33
Citigroup 20,10 1,52

Die großen US-Banken haben ihre Quartalszahlen präsentiert, wobei JP Morgan durch einen Einmaleffekt aus der Visa-Restrukturierung einen Gewinnsprung von 25 % auf 18,15 Milliarden USD verzeichnete. Citigroup übertraf die Erwartungen dank starker Investmentbanking-Erträge, während Wells Fargo aufgrund höherer Einlagenkosten und geringerer Zinserträge einen leichten Gewinnrückgang erlebte. Die Bank of America überraschte positiv mit einem Gewinn von 0,83 USD pro Aktie und einem Umsatz von 25,54 Milliarden USD. Alle Banken erhöhten ihre Rückstellungen für Kreditausfälle deutlich, was die Vorsicht der Branche widerspiegelt.

Geschäftsmodell und Ertragsquellen

Alle vier Banken sind im Privatkundengeschäft aktiv und bieten Dienstleistungen/Produkte wie Kontoführung, Kreditkarten und Kredite an. Doch wie unterscheiden sich ihre Geschäftsmodelle und woher kommt der Großteil ihrer Erträge? Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Umsatzverteilung und vergleichen die Geschäftsmodelle der Banken, um ein besseres Verständnis ihrer Strategien und Marktentwicklungen zu gewinnen.

JPMorgan

Quelle: JPMorgan IR

JPMorgan Chase & Co. ist eine der größten Banken weltweit und bietet ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungen an. Im wichtigen Privatkundengeschäft umfasst das Angebot Kontoführung, Kreditkarten und Kredite. Das Unternehmen ist auch führend im Investment Banking, unterstützt Fusionen, Übernahmen und Kapitalbeschaffungen.

Zudem bietet JPMorgan Wealth Management für vermögende Kunden und Commercial Banking für mittelständische und große Unternehmen. Diese breite Aufstellung ermöglicht es der Bank, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren und eine stabile Ertragsbasis zu schaffen.

Bank of America

Quelle: Bank of America IR

Die Bank of America ist ein führendes Finanzinstitut mit starker Präsenz im Privatkundengeschäft, das Dienstleistungen wie Kontoführung, Kreditkarten und Kredite umfasst. Ein bedeutender Teil des Geschäfts entfällt aber auch auf das Investment Banking, insbesondere durch die Tochtergesellschaft Merrill Lynch, die in den Bereichen Fusionen, Übernahmen und Kapitalmärkte tätig ist.

Zudem bietet auch die Bank of America umfassende Wealth Management-Dienste für vermögende Kunden und Commercial Banking für Unternehmen. Diese breite Diversifikation ermöglicht der Bank of America eine stabile Ertragsbasis und Flexibilität im Markt.

Wells Fargo

Quelle: Wells Fargo IR

Wells Fargo konzentriert sich stark auf das Privatkundengeschäft, mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem Kreditgeschäft. Neben traditionellen Bankdienstleistungen wie Kontoführung und Kreditkarten ist Wells Fargo bekannt für seine umfangreichen Hypotheken- und Verbraucherkredite.

Das Investment Banking spielt eine kleinere Rolle im Vergleich zu anderen großen Banken, doch die Bank bietet auch Wealth Management-Dienste und Commercial Banking für Unternehmen an. Diese Fokussierung ermöglicht Wells Fargo, eine stabile Ertragsbasis im Privatkundenbereich zu sichern und gleichzeitig auf die Bedürfnisse von Geschäftskunden einzugehen.

Citigroup

Quelle: Citigroup IR

Die Citigroup zieht sich zunehmend aus dem Privatkundengeschäft zurück und legt vermehrt den Fokus auf das Investment Banking. Traditionelle Dienstleistungen wie Kontoführung und Kreditvergabe werden aber weiterhin. Wealth Management und vor allem Commercial Banking bleiben trotz der strategischen Neuausrichtung ebenfalls wichtige Bestandteile des Portfolio.

Fundamentaldaten

JPM BAC WFC C
Marktkapitalisierung
(Mrd. USD)
596,24 323,92 208,76 126,94
Gesamteinlagen
(Bio. USD)
2,40 1,92 1,36 1,31

JPMorgan Chase (JPM) führt mit 596,24 Milliarden USD Marktkapitalisierung und 2,40 Billionen USD Gesamteinlagen. Bank of America (BAC) folgt mit 323,92 Milliarden USD und 1,92 Billionen USD. Wells Fargo (WFC) und Citigroup (C) haben beide geringere Werte, wobei Citigroup mit einer besonders niedrigen Marktkapitalisierung, insbesondere im Verhältnis zu den Einlagen, auffällt.

Zinserträge und operatives Geschäft

Nettozinserträge der vier großen Banken | eigene Darstellung | Quelle: TradingView
Non-Interest Income er vier großen Banken | eigene Darstellung | Quelle: TradingView

Die letzten Quartalszahlen der großen US-Banken zeigen, dass der Net Interest Income (NII) nach anfänglichem Anstieg aufgrund der Zinserhöhungen zu Beginn 2022 wieder leicht zurückgegangen ist, aber auf hohem Niveau bleibt. Dies liegt daran, dass die höheren Zinseinnahmen durch höhere Zinsausgaben für Einlagen und ein langsameres Kreditwachstum ausgeglichen werden.

Der Non-Interest-Income, der aus Gebühren und Dienstleistungen stammt, schwankt stärker und wird von Marktbedingungen und regulatorischen Veränderungen beeinflusst. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Herausforderungen, denen Banken in einem volatilen wirtschaftlichen Umfeld gegenüberstehen, und die Notwendigkeit, sowohl Zins- als auch Nichtzinseinnahmen effektiv zu managen.

Solvenzanalyse

JPM BAC WFC C
Tier-1 CR 15,30 % 11,90 % 11,00 % 13,60 %
LCR 121 % 115 % 118 % 119 %
NSFR > 100 % > 100 % > 100 % > 100 %
NPL 0,65 % 0,62 % 0,67 % 0,72 %
  • Tier-1-Kapitalquote (Tier-1 CR): Diese Kennzahl misst das Kernkapital der Bank (hauptsächlich Eigenkapital und einbehaltene Gewinne) im Verhältnis zu ihren risikogewichteten Aktiva. Die Tier-1-Kapitalquote ist eine der wichtigsten Kennzahlen für die Kapitalausstattung und Solvenz einer Bank.
  • Liquiditätskennziffer (LCR): Diese Kennzahl zeigt das Verhältnis der hochliquiden Aktiva zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Eine höhere LCR bedeutet, dass die Bank besser in der Lage ist, ihre kurzfristigen Verpflichtungen zu erfüllen.
  • Net Stable Funding Ratio (NSFR): Diese Kennzahl misst das Verhältnis der verfügbaren stabilen Finanzierung zur erforderlichen stabilen Finanzierung über einen einjährigen Horizont. Eine NSFR über 100 % zeigt an, dass die Bank über eine ausreichende langfristige Finanzierung verfügt.
  • Non-Performing Loans (NPL): Diese Kennzahl misst den Anteil der notleidenden Kredite (Non-Performing Loans) an den gesamten Krediten. Ein niedriger NPL-Anteil deutet auf eine bessere Kreditqualität und damit auf eine höhere Solvenz hin.

Die vier großen US-Banken sind finanziell äußerst stabil. JPMorgan Chase und Wells Fargo glänzen mit einer Tier-1-Kapitalquote von 12,9 %, was ihre robuste Kapitalausstattung zeigt. Bank of America beeindruckt mit einer Liquiditätsdeckungsquote (LCR) von 115 %, die ihre hervorragende Liquiditätssicherheit unterstreicht. Diese Kennzahlen belegen, dass alle vier Banken in einer sehr soliden Position sind, um finanzielle Herausforderungen zu meistern.

Bewertungskennzahlen

JPM BAC WFC C
KGV 12,55 14,41 12,46 19,79
KUV 2,39 1,83 1,79 0,79
KBV 1,95 1,24 1,29 0,68

Die Bewertungskennzahlen zeigen ein interessantes Bild der großen US-Banken. JPMorgan und Wells Fargo sind mit KGVs von 12,55 und 12,46 moderat bewertet, was auf eine solide Rentabilität hinweist. Bank of America liegt mit einem KGV von 14,41 etwas höher, bleibt aber im akzeptablen Bereich. Auffällig ist Citigroup, deren KGV von 19,79 auf Wachstumspotenzial hindeutet, jedoch signalisiert ein niedriges KBV von 0,68 eine Diskrepanz zwischen Marktwert und Vermögenswerten. Insgesamt reflektieren diese Zahlen das aktuelle Marktumfeld und die Erwartungen an zukünftige Entwicklungen.

Marktanalyse mit Chancen und Risiken

Die vier großen US-Banken müssen in einer dynamischen Branche mit vielfältigen Chancen und Herausforderungen erfolgreich agieren und eine Balance zwischen Risiko und Sicherheit finden.

Chancen

  • Digitalisierung: Neue Technologien ermöglichen effizientere Abläufe und innovative Dienstleistungen.
  • Internationale Expansion: Wachstumsmärkte bieten Potenzial für eine breitere Kundenbasis und höhere Einnahmen.
  • Regulatorische Anpassungen: Flexiblere Vorschriften könnten neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen.
  • Nachhaltigkeit: Investitionen in grüne Finanzprodukte und nachhaltige Projekte gewinnen an Bedeutung.

Risiken

  • Wirtschaftliche Unsicherheiten: Volatile Märkte und konjunkturelle Schwankungen können die Stabilität beeinträchtigen.
  • Regulatorischer Druck: Strengere Vorschriften können Kosten erhöhen und die Flexibilität einschränken.
  • Schnelle Zinssenkungen: Banken profitieren von stabilen Zinsen. Zu schnelle Änderungen bergen Gefahren für die gesamte Branche.
  • Konkurrenz: Der Wettbewerb sowohl von traditionellen Banken als auch von Fintech-Unternehmen nimmt zu.

Insgesamt bleibt die Branche sehr dynamisch, mit bedeutenden Chancen durch technologische Fortschritte und globales Wachstum, aber auch Risiken, die durch sorgfältiges Management adressiert werden müssen.

Ein Blick auf die Aktienrendite

Langfristige Aktienentwicklung von JPMorgan, Bank of America, Wells Fargo und Citigroup | Quelle: stock3

Auf lange Sicht, also seit 2009 kurz nach der Finanzkrise, ist das Bild der vier Banken eindeutig: JPMorgan ist der ganz klare Outperformer, dicht gefolgt von der Bank of America. Wells Fargo hat auch moderate Zugewinne verzeichnen können, doch die Citigroup ist besonders enttäuschend. Tatsächlich notieren die Aktien der Citigroup immer noch über 87 % unter ihrem Allzeithoch vor der Finanzkrise.

Fazit

Die jüngsten Quartalsberichte der Big 4 US-Banken zeigen deutliche Unterschiede in ihrer Leistung und Strategie. JPMorgan Chase, unter der Führung von CEO Jamie Dimon, führt mit starken Gewinnen angetrieben durch Einmaleffekte und ein robustes Investmentbanking.

The best way to look at any business is from the standpoint of the clients.

Jamie Dimon | CEO von JPMorgan

Bank of America zeigt stabile Erträge, unterstützt durch ihr umfangreiches Privatkundengeschäft. Citigroup setzt verstärkt auf das Investmentbanking und zeigt, dass strategische Fokussierung zu überdurchschnittlichen Ergebnissen führen kann, während Wells Fargo mit höheren Kosten und niedrigeren Zinserträgen kämpft, jedoch eine starke Basis im Hypotheken- und Privatkundengeschäft behält.

Trotz gemeinsamer Herausforderungen wie wirtschaftliche Unsicherheiten und regulatorische Anpassungen sind die Banken dank ihrer individuellen Stärken weiterhin sehr wettbewerbsfähig.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte

Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.