Kommentar
08:34 Uhr, 05.05.2015

Cash ohne Ende: Müssen Aktien dauerhaft steigen?

An manchen Tagen kann man es fast greifen: der Bullenmarkt wird nie zu Ende gehen.

Gerade heute fühlt es sich nicht so an, aber jeder Bullenmarkt geht einmal zu Ende. Der jetzige Bullenmarkt hat seine letzten Tage wahrscheinlich noch nicht gesehen. Zu viele Argumente sprechen für weiter steigende Kurse. Da sind einmal die direkten Folgen der Notenbankpolitik. Je nach Währungsraum haben die Notenbanken zwischen 5 und 30% aller Staatsanleihen aufgekauft. Das ist ein riesiges Volumen. Viele Anleger, die früher Staatsanleihen hielten, wurden inzwischen aus dem Markt herausgedrängt. Gleichzeitig sind die Zinsen - nicht nur bei Anleihen - so niedrig, dass man schon froh sein muss, wenn man kein Geld verliert. Aktien sind daher alternativlos.

Die Alternativlosigkeit von Aktien zeigt sich auch daran, dass immer mehr Menschen Dividenden als die neuen Zinsen betrachten. Wenn es auf dem Konto, beim Geldmarktfonds oder der Staatsanleihe nichts mehr gibt, dann müssen halt Telekom-Aktien ins Depot, um Dividenden zu kassieren. Das treibt die Kurse immer weiter nach oben. Fundamental ist das nicht mehr zu rechtfertigen, aber darauf kommt es auch nicht an.

Es gibt Beobachtet, die die hohen Bewertungen noch fundamental als lupenrein bezeichnen. Ihr Argument: wegen der niedrigen Zinsen müssen auch die Bewertungen höher ausfallen. Bis zu einem gewissen Grad ist das richtig. Die Alternativlosigkeit zu Aktien hat einen Preis und macht Aktien teurer. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von den niedrigen Zinsen, weil der innere Wert des Unternehmens steigt. Die meisten Modelle diskontieren zukünftige Zahlungsströme. Je geringer die Zinsen und die Inflation sind, desto höher ist der Barwert.

Bei diesen Rechnungen handelt es sich jedoch um Milchmädchenrechnungen. Es gibt ja auch einen Grund für niedrige Zinsen. Es ist ja nicht gerade so, dass wir uns vor Wachstum nicht mehr retten können. Die Diskontierungsmodelle profitieren von niedrigen Zinsen und Inflation, dafür aber sind die zu erwartenden Gewinne im derzeitigen Wachstumsumfeld auch geringer als in einer Phase von Wachstum und dafür höheren Zinsen.

Wie dem auch sei, die Alternativlosigkeit will ich gar nicht anzweifeln. Die Frage ist eher, ob das nicht inzwischen schon alle begriffen haben und im Markt investiert sind. Sind alle investiert, dann ist die Trendumkehr nicht mehr weit, denn dann gibt es niemanden mehr, der noch Aktien kaufen will und so die Kurse höher treiben könnte.

Man kann nicht einwandfrei feststellen, ob bereits jeder, der investieren will, auch tatsächlich investiert ist. Es gibt nur Hinweise darauf. Die üblichen Verdächtigen kennen wir. Dazu zählt vor allem das Sentiment. Sind alle euphorisch und schließen die Möglichkeit von Rückschlägen aus, dann wird es brenzlig. Es gibt aber auch noch ganz andere Maßstäbe, die man anwenden kann.

Es wird häufig davon geredet, dass noch viel Geld darauf wartet investiert zu werden. Wenn das so ist und viele Anleger noch nicht in den Markt eingestiegen sind, dann sollten die Kurse tatsächlich noch lange steigen. Aber ist das wirklich so? Liegt wirklich noch so viel Geld herum, welches investiert werden muss? - Man darf es bezweifeln.

Das Marktresearch Unternehmen Ned Davis hat ziemlich überzeugende Daten zusammengetragen. Dabei stellen sie fest: Das Bargeld an der Seitenlinie, welches noch investiert werden muss, gibt es nicht. Bargeld wird an allen möglichen Orten geparkt. Dazu gehören z.B. Geldmarktfonds. Deren Geldbestände sinken seit Monaten. Im Verhältnis zur Marktkapitalisierung aller Unternehmen in den USA sinkt der relative Bestand sogar auf den tiefsten Wert seit dem letzten Markthoch im Jahr 2007.

Geldmarktfonds bringen heutzutage so gut wie keine Rendite mehr. Das Geld könnte einfach abgezogen und andernorts geparkt worden sein. Das scheint nicht so zu sein. Die durchschnittliche Liquidität (alles, was innerhalb von 24 Stunden frei verfügbar ist, ausgenommen Aktien) der US-Haushalte im Verhältnis zur Marktkapitalisierung ist so niedrig wie seit 60 Jahren nicht mehr. Wer also darauf hofft, dass die privaten Haushalte jetzt auf einmal tonnenweise Aktien kaufen, der kann lange warten. Es wird nicht geschehen.

Was noch bleibt, das sind Broker Accounts. Um es kurz zu machen: die Nettovermögen sind auch hier relativ gesehen so niedrig wie nie. Damit man sich vorstellen kann wieso diese Daten so ein starkes Warnsignal darstellen, habe ich die Gesamtmarktkapitalisierung des US Marktes mit der Geldmenge M2 verglichen. Die Geldmenge M2 ist die mehr oder minder sofort zur Verfügung stehende Geldmenge. Alles, was relativ schnell und problemlos verfügbar ist, kann genutzt werden, um Aktien zu kaufen.

Die Grafik zeigt die Geldmenge M2 im Verhältnis zur Marktkapitalisierung. Hier sehen wir einen Zusammenhang zwischen Kapitalisierung und M2 Verhältnis, das man nicht so einfach ignorieren kann. Zugegeben, im Jahr 2000 und 2007 waren die Werte noch extremer. Viel fehlt heute bis dahin allerdings nicht mehr. Für eine finale Übertreibung würde es noch reichen. Für einen gesunden noch Jahre andauernden Bullenmarkt, als hätte er gerade erst begonnen, reicht es wohl kaum noch.

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2 Kommentare

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  • Rocky3110
    Rocky3110

    ...Genau so will ich das lesen um auszusteigen...Wohin mit dem vielen Cash???? Raus aus den Aktien...und abwarten. Nur ruhig, Brauner... Den selben Quatsch habe ich mal in den 90iger gehoert und dann???

    11:41 Uhr, 05.05. 2015
  • Eulen_spiegel
    Eulen_spiegel

    Es gibt aber noch jemanden der endlos kaufen kann - die Unternehmen selber. Mit Hilfe von billigen Krediten werden einfach Aktienrückkäufe gestartet. Sehen Sie sich dazu einmal z.B. IBM an. Wenn die Unternehmenszahlen schlechter ausfallen, werden die Käufe einfach erhöht, dann steigt das KGV wieder.

    Ermöglicht wird dies natürlich nur durch die niedrigen Zinsen und ist auch ein Schneeballsystem. Aber es kann noch lange laufen.

    10:09 Uhr, 05.05. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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