Carry Trades am Ende?
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Erwähnte Instrumente
Wie es weitergeht
Anlagestrategien gibt es in großer Zahl. Bei der Arbitrage versucht man, bestehende Preisunterschiede für gleiche Waren auf unterschiedlichen Märkten auszunutzen. Der Arbitrageur kauft zumeist kreditfinanziert an einem Ort das billigere Instrument und verkauft es zugleich an einem anderen Ort, ohne dass dadurch nennenswerte Nettoausgaben entstehen. Diese Strategie macht solange Sinn, wie sich die Gewinnerzielung recht sicher und risikoarm realisieren lässt. Unsicherheit ist der Todfeind der Arbitrage. Die bekannteste Form der Arbitrage am Kapitalmarkt ist der Carry Trade.
Was ist der Carry Trade? Als Carry Trade bezeichnet man auf dem Devisenmarkt eine Anlagestrategie, bei der in einer Währung mit vergleichsweise niedrigen Zinsen ein Kredit aufgenommenen wird, um das Geld gleichzeitig in eine Währung mit vergleichsweise hohen Zinsen zu investieren. Solange sich der Wechselkurs nicht ändert, entspricht die Rendite der Differenz zwischen den beiden unterschiedlichen Zinssätzen, andernfalls kommt noch ein möglicher Ertrag oder Verlust aus der Wechselkursentwicklung hinzu. Der Investor hat damit sowohl das Wechselkursrisiko als auch das Zinsänderungsrisiko zu tragen.
USD/JPY-Carry Trade Bis Mitte des letzten Jahres erfreute sich unter anderem der sogenannte USD/JPY-Carry Trade großer Beliebtheit. Dabei liehen sich Investoren in Japan Geld, wo der Leitzins zu diesem Zeitpunkt nur 0,5% betrug und investierten es in den USA. Dort lag der Leitzins zeitgleich bei 5,25%. Der Zinsgewinn betrug damit hohe 4,75%. Weitere beliebte Carry Trade-Währungen waren damals auf der Anlageseite hochverzinsliche Währungen wie AUD, NZD oder auch der Euro, wo das Zinsniveau im Jahr 2008 über weite Phasen bei 4,00% lag.
Gefährliche Wechselkursentwicklung
Während des starken Kursverfalls an den globalen Aktienmärkten im Oktober 2008 legte der JPY auf breiter Basis in kurzer Zeit um mehr als 10% zu, wodurch die Carry Trader, die Kredite im aufwertenden japanischen Yen zurückzahlen mussten, viel Geld verloren. Die Auflösung von Carry Trades beschleunigte die Kursgewinne der japanischen Valuta dann noch zusätzlich.
Statistische Auswertungen
Statistische Untersuchungen zu den Carry Trades gibt es kaum. Die Deutsche Bundesbank kam letztes Jahr in einer Studie zu dem Ergebnis, dass mit Carry Trades in den Jahren 2003 bis Ende 2007 eine jährliche Rendite von 15 Prozent erwirtschaftet werden konnte. Eine andere Studie der Luxemburgischen Zentralbank kam jüngst zu dem Resultat, dass seit Ende letzten Jahres kein Geld mehr mit Carry Trades verdient werden kann. Dies ist plausibel, da Leitzinsunterschiede zwischen Japan und den USA oder Europa kaum noch vorhanden sind. Zudem hat die relative Stärke der früheren Verschuldungswährungen zugenommen. Kracht es am Aktienmarkt, fällt im Parallelflug gleichzeitig meist auch der Kurs von EUR/JPY und USD/JPY. Noch bestehende Restpositionen werden dann weiter aufgelöst.
Der letzte Carry-Trade-Zyklus Die globalen Aktienbörsen erreichten nach dem Platzen der Internet-Blase nach einem dreijährigem Abschwung im März 2003 ihre Tiefpunkte. Der Leitzins war von der Europäischen Zentralbank bis Anfang 2003 auf 2,00% gesenkt worden und verblieb dort für mehr als zwei Jahre bis Ende 2005, bevor ein neuer Zinserhöhungszyklus einsetzte, der bis auf ein Niveau von 4,25% führte. Die US-Notenbank reduzierte die Leitzinsen im Tief zwischen 2003 bis Mitte 2004 auf ein Niveau von 1,00%, bevor ein Zinserhöhungszyklus begann, der bis auf 5,25% führte. Als Erkenntnis bleibt festzuhalten, dass die Aktienkurserholung den Leitzinserhöhungen auch zukünftig um mindestens 1,5 Jahre vorauslaufen wird.
Rezessionsjahre sind Aktienjahre
Seit 1965 gab es in Deutschland sechs Rezessionsjahre. In allen legte der DAX deutlich zu, und zwar um durchschnittlich 37%. In den USA gab es ebenso sechs Rezessionszeiträume, in denen der S&P 500 im Jahresschnitt um 30% gewann. Lediglich im Rezessionsjahr 1974 fiel der US-Index um 30%, da das Jahr 1975 die Doppelrezession brachte, wo der Index dann aber wieder wie bestellt um 30% zulegte. Im ersten Rezessionsjahr einer Doppelrezession ist an der Börse also nicht viel zu holen, ansonsten ging es in der Vergangenheit immer aufwärts und zwar gewaltig.
Carry Trades liegen auf Eis
Damit dürfen sich die Carry Trader weiter in Geduld üben. Vor Mitte/Ende 2009 ist kein Tiefpunkt an den Aktienmärkten zu erwarten, vorausgesetzt, es kommt zu keiner Doppelrezession, welche die Erholung der Kurse und der Wirtschaft weiter in die Zukunft verschieben würde. Der Zinserhöhungszyklus der großen Zentralbanken wird dann mit Zeitverzug frühestens ein bis anderthalb Jahre später beginnen. Dann wird bereits das Jahr 2010 oder 2011 angebrochen sein. Die europäische Wirtschaft wird im Jahr 2009 um etwa 2% schrumpfen und damit die tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte erleben.
Der Carry Trade kommt wieder
Bevor die Aktienmärkte nicht eine neue Hausse einläuten, die später im Zuge eines neuen Wirtschaftsaufschwungs die Inflation wieder auf die Tagesordnung bringt, bleiben Carry Trades uninteressant. Der Carry Trade wird aber in einigen Jahren eine Auferstehung feiern, da die abartige Geldvermehrungspolitik der US-Notenbank im nächsten Hausse-Zyklus zu einer Blase führen muss, die sich nur am Aktienmarkt entladen kann. Die Leitzinsen werden dann wieder deutlich anziehen und das Carry Trader-Spiel befeuern. Dazu gelernt haben wird die Masse der Marktteilnehmer bis dahin freilich nichts. Es könnte also infolge des ungebremsten US-Geldmengenwachstums zu der größten Aktienmarktblase aller Zeiten kommen, die den Dow Jones in Richtung 30.000 Punkte und den DAX bis 15.000 Punkte treiben kann. Wer es richtig anstellt, hat am Ende der nächsten Hausse finanziell ausgesorgt. Carry Trades werden bei diesem Ziel dann wieder ein sehr probates Mittel sein.
Jens Lüders
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