Bundestagswahl: 20% für die AfD?
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Landet die Alternative für Deutschland (AfD) bei der Bundestagswahl wirklich bei gut 20% der Stimmen? Die „Prognosebörse“ des Handelsblatts sagt dies jedenfalls voraus.
Es wäre ein politisches Erdbeben: Laut „Prognosebörse“ des Handelsblatts darf die Alternative für Deutschland (AfD) bei der kommenden Bundestagswahl nicht etwa nur mit 3% der Stimmen rechnen, wie es die professionellen Meinungsforscher voraussagen, sondern mit 20,66% der Stimmen. Damit wäre die AfD sogar zweitstärkste Kraft, noch vor der SPD (19,69%)! Große Koaltion würde dann wohl bedeuten: Koalition aus Union und AfD. Beide Parteien kämen auf eine satte Mehrheit im deutschen Bundestag! Am 1. Mai erreichte die AfD übrigens ihren bisherigen Rekordwert von 29% der Stimmen, bevor es dann unübersehbar nach unten ging.
(Quelle: Handelsblatt-Prognosebörse, Stand: ca. 15.45 Uhr, 29.08.2013)
Was ist die Prognosebörse? Es handelt sich um den Versuch, mit Hilfe eines simulierten Marktes ein Wahlergebnis möglichst exakt vorauszusagen. Die Idee dahinter ist einfach und faszinierend: Weil ein Markt in der Regel mit seinen Prognosen immer besser liegt als die einzelnen Marktteilnehmer, überträgt man das Marktprinzip auf die Bundestagswahl. Das geht so: Für jede Partei gibt es fiktive Wertpapiere, die am Ende des Spiels genau so viel wert sind, wie die entsprechende Partei in der Realität Stimmen bei der Wahl erhalten hat.
Jeder Mitspieler der Prognosebörse erhält am Anfang Aktien aller Parteien zum aktuellen Marktpreis in sein (fiktives) Depot gebucht. Denkt ein Mitspieler, dass eine Partei bei der Wahl weniger Stimmen erhalten wird, als es dem aktuellen Marktpreis entspricht, dann verkauft er die Aktien dieser Partei und erwirbt Aktien der Partei(en), von denen er erwartet, dass sie besser abschneiden werden, als es der Markt aktuell erwartet. Die Preise der einzelnen Marktpapiere hängen von Angebot und Nachfrage ab, wie an der Börse.
Das Ergebnis ist dann im Idealfall ebenfalls wie an der Börse: Weil jeder Marktteilnehmer versucht, den aktuellen „Marktwert“ möglichst exakt einzuschätzen, erhält man eine sehr präzise Prognose für den Wahlausgang. Der einzelne Marktteilnehmer trifft das Ergebnis zwar in der Regel nicht sehr gut, der Gesamtmarkt bildet den Wahlausgang dafür recht exakt ab.
Damit eine solche Prognosebörse funktionieren kann, muss es aber zwingend einen monetären Anreiz geben. Nur wenn die Marktteilnehmer echtes Geld aufs Spiel setzen und gewinnen können, werden sie sich möglichst große Mühe geben, den Wahlausgang präzise zu prognostizieren.
Leider liegt genau hier das Hauptproblem der Prognosebörse: Jeder kann mitspielen, ohne reales Geld zu riskieren. Deshalb ist es zum Beispiel nicht unwahrscheinlich, dass die AfD vielleicht ganze Ortsvereine mobilisiert hat, um sich hier anzumelden und den Marktpreis in die gewünschte Richtung zu bewegen. Das Mitspielen kostet schließlich nichts. Außerdem sind die Leser des Handelsblatts natürlich in der Regel marktwirtschaftlicher eingestellt als der durchschnittliche Bundesbürger. Auch das dürfte erklären, warum die AfD im Vergleich zu den etablierten Parteien bei dem Spiel so gut abschneidet. Ein einzelner Marktteilnehmer kann den Marktpreis zwar in der Regel nicht beeinflussen, eine größere Gruppe, die sich abspricht, aber sehr wohl. Im schlechtesten Fall bildet die Prognosebörse dann nicht mehr den Wahlausgang ab, den die Mitspieler erwarten, sondern den Wahlausgang, den sie sich wünschen. Und beides kann sehr weit auseinander liegen.
Früher gab es mit der „Wahlstreet“ einen Prognosemarkt, auf dem reales Geld eingesetzt werden musste. Auch bei der Prognosebörse des Handelsblatts gibt es einen monetären Anreiz, der darin besteht, bei gutem Abschneiden am Ende bei einer Gewinnauslosung teilnehmen zu dürfen. Dieser monetäre Anreiz dürfte aber nicht stark genug sein, um politisch motivierte Manipulationen zu unterbinden.
Fazit: Es dürfte sehr unwahrscheinlich sein, dass die AfD bei der Wahl tatsächlich 20% der Stimmen erhält. Aber ein Einzug in den Bundestag liegt allemal drin!
Oliver Baron
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