Analyse
17:30 Uhr, 18.09.2014

Brisant! Der Börsengang von Alibaba (und der 7 Räuber)?

Was kauft man mit der Alibaba-Aktie? Eine windige Beteiligungsgesellschaft aus den Cayman Islands oder das wachstumsstärkste Internethandelshaus der Welt?

Erwähnte Instrumente

  • ALIBABA.COM LTD HD-,0001
    Aktueller Kursstand:  
    VerkaufenKaufen

Eigentlich sollte man meinen, die Chinesen würden es nie schaffen, ihre Marken auf dem Weltmarkt zu etablieren. Und dann kommen hier plötzlich Unternehmen, die bereits den Milliardenmarkt China seit Jahren bewirtschaftet und somit Erfahrung gesammelt haben und platzieren ihre Unternehmen, die ähnlich groß sind, von denen aber niemand jemals etwas gehört hat. Und so ein Unternehmen ist Alibaba.

Am besten umschreiben kann man das Unternehmen als eine Mischung aus eBay und Amazon, womit auch gleich die beiden Hauptkonkurrenten genannt sind. Alibaba steht für den Internethandel von Waren und Dienstleistungen in China:

  • Taobao.com



    Chinas größte Einkaufsmöglichkeit im Internet mit der beliebtesten mobilen Einkaufs-App im ganzen Land.
  • Tmall.com



    Chinas größte Markenhandelsplattform mit lokalen und internationalen Markenprodukten.
  • 1688.com



    Großhandelsplattform für inländische chinesische Kleinunternehmen.
  • AlixpressInternethandelsplattform, die es internationalen Käufern ermöglicht, Produkte direkt aus China zu kaufen
  • Juhuasuan.com



    Chinas beliebteste Internet-Sammelbestellungs-Plattform
  • aliyun.com



    Eine Cloud-Computing-Plattform
  • Alibaba.com



    Chinas größte Internetgroßhandelsplattform
  • Alipay



    Ein Zahlungsanbieter, der chinesischen Großbanken den Rang abzulaufen scheint. Das Unternehmen gehört dem Gründer Jack Ma privat und ist nicht Teil der IPO.

Einige Fakten: Alibaba wickelt jährlich 14,5 Milliarden Bestellungen ab, hat 279 Millionen jährlich aktive Käufer, die pro Person im Schnitt 52 mal im Jahr etwas bestellen. Laut iResearch hat Alibaba 86,1 % des chinesischen Internethandelsmarktes auf sich vereint. Von 1,35 Milliarden Chinesen sind bereits 618 Millionen im Internet, 500 Millionen davon mit mobilen Endgeräten. 302 Millionen davon kaufen online ein, das Volumen, das sie damit gernerieren, entspricht 8 % des gesamten chinesischen Marktes. Alipay akquirierte für einen speziellen Fonds, der einen über dem marktüblichen Renditen liegenden Zins anbietet, in eineinhalb Jahren Einlagen über 65 Milliarden EUR von 124 Millionen Kunden.

An wem beteiligt man sich mit der IPO?

Man beteiligt sich an der im Jahr 1999 gegründeten Alibaba Group Holding Limited, einer Gesellschaft mit Sitz auf den Cayman Islands, die "ihren Geschäftsbetrieb in China über Tochterunternehmen und variable Beteiligungen" unterhält. Das steht im IPO-Prospekt, das von der US-Börsenaufsicht SEC für den Börsengang genehmigt wurde. So sieht die Beteiligungsstruktur aktuell aus:

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Der Fondsmanager und Börsenexperte Stefan Risse betitelte den Börsengang zuletzt mit "Alibaba und die sieben Räuber" - und bezog sich auf die sieben Investmentbanken, die mit dem Börsengang ordentlich Geld verdienen dürften. Das Problem ist, dass der Aktionär keine Stimmrechte ist. Er ist in beratender Rolle tätig, kann also Vorschläge unterbreiten, die aber nach Belieben vom Management entweder beachtet oder ignoriert werden können. Die Beteiligung an Alibaba ähnelt also einer Vorzugsaktie, wie wir sie hierzulande kennen. Hinzu kommt noch, dass das Management theoretisch alle Aktien verkaufen könnte, es behielte aber dennoch die vollen Stimmrechte über das Unternehmen. Der Gründer des Unternehmens, Jack Ma, ist sowohl Direktor der Holding als auch CEO des Unternehmens, sodass Interessenskonflikte nicht ausgeschlossen werden können. Die Anteilseigner könnten theoretisch also ihre Gehälter massiv erhöhen und gleichzeitig keine Dividende ausschütten, oder eben ihre Anteile verkaufen und dennoch die Macht behalten. Ich kann in den Propekt nichts erkennen das diesem Tun einen Riegel vorschieben würde. Dort heißt es präventiv auch schon:

"Wir können nicht versichern dass diese Individuen (Anm. der Redaktion: Zuvor war von Jack Ma und Anteilseignern die Rede) immer im besten Interesse unseres Unternehmens handeln werden und sollten Interessenskonflikte auftauchen, dass diese Konflikte immer im Unternehmenssinne aufgelöst werden." Im Satz danach geht es dann darum, dass auch nicht versichert werden könne, dass die Anteilseigner nicht ihre eigentlich vertraglich geregelten Mindestanteile halten werden, wo sich mir die Frage stellt, weshalb diese Verträge überhaupt aufgesetzt wurden. Natürlich werde das Unternehmen dann rechtliche Schritte anstreben. Da Jack Ma der reichste Mann in China ist fügt man hier aber sicherheitshalber hinzu: "Es gibt bedeutende Unsicherheit bezüglich des Ausgangs solcher Klagen." Man sagt also, es würde geklagt, das wäre aber ohnehin zwecklos.

Amazon und eBay vs. Alibaba

Es geht um rund 16 Milliarden EUR, die Alibaba durch den Börsengang erlösen will. Das wäre mehr, als Facebook im Jahr 2012 erlöste. Damit wäre die Marktkapitalisierung Alibabas bei rund 129 Milliarden EUR, gegenüber 114 Milliarden EUR, die Amazon.com auf die Waage bringt. Aber so richtig weiß man nicht, was man da eigentlich kauft, wenn man die Anteile von Alibaba an der Nasdaq ordert. Auf der anderen Seite ist Alibaba aber ein Unternehmen, das glänzende Wachstumsperspektiven zu haben scheint. Gerade ist das Unternehmen auf den US-Markt gegangen und bietet dort seine Dienste neben eBay und Amazon an.

Im Jahr 2013 setzte Alibaba mit dem Handel von Gütern auf seinem Netzwerk rund 190 Milliarden EUR um, 52 % mehr als 2012. Im zweiten Quartal waren es 63 Milliarden EUR, 45 % mehr als im entsprechenden Quartal des Vorjahres. Damit verkauft Alibaba auf Dollarbasis viermal mehr als eBay und wächst auch weitaus schneller. eBay hat heute 149 Millionen Kunden - Alibaba bereits 279 Millionen. Alibaba belegt auf der Liste der am meisten besuchten Webseiten der Welt Platz zehn, Amazon ist auf Platz neun. Amazon hatte im Jahr 2014 88.400 Mitarbeiter, Alibaba kommt mit 24.000 Mitarbeitern aus. Dennoch verdiente Amazon 2013 zehnmal mehr als Alibaba und erlöste rund 57 Milliarden EUR, gegenüber 6,1 Milliarden EUR Umsatz, den Alibaba generierte. Laut Smartinternship, einer Research-Seite aus China, hatte Alibaba im Jahr 2013 aber eine Gewinnmarge von nahezu 50 %, während Amazon.com sich mit 0,94 % zufrieden geben muss. Daraus ergibt sich ein enormer Hebel auf dei zukünftige Ertragsentwicklung. Ob das rechtfertigt, dass Alibaba eine größere Marktkapitalisierung haben wird, als eBay und Amazon.com zusammen?

Laut der Nachrichtenagentur Reuters, die Broker von Banken befragte, scheint Alibaba keinen großen Anhall bei amerikanischen Privatanlegern zu finden. Jeder sei auf Facebook, niemand kenne aber Alibaba, wird dort ein Händler zitiert. Daher sei Facebook ein erfolgreicher Börsengang gewesen, bei Alibaba sei der Erfolg aber fraglich. Vielleicht liegen die Anleger auch richtig. Betrachtet man das undurchsichtige Beteiligungsmodell der angebotenen Aktie, dann muss man sich zweimal überlegen, ob man hier langfristig mit aufspringen möchte.

Wir werden die Aktie für Sie auf dem GodmodeTrader fortlaufend ab Börsengang morgen um 15:30 Uhr MEZ covern. Behalten Sie hierfür die Rubrik "US-Märkte" besonders im Blick.

Sie können mir auf Guidants folgen. Dort veröffentliche ich meine Analysen. Klicken Sie dazu auf die folgende Grafik und klicken Sie dann im Stream unten links auf "Jochen Stanzl folgen".

6 Kommentare

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  • Markus Koch im Gespräch mit dem Handelsblatt: Euphorie vor dem Börsengang von Alibaba!

    http://goo.gl/qvnToR

    00:43 Uhr, 19.09. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • event follower
    event follower

    Waren das nicht Alibaba und die vierzig Räuber? :D

    18:41 Uhr, 18.09. 2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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