Kommentar
08:30 Uhr, 24.09.2014

Bringt die Ukrainekrise Südostasien in Schwierigkeiten?

Die Ukraine und Südostasien scheinen voneinander weit weg zu sein. Ein Zusammenhang erschließt sich nicht sofort. Es gibt diesen Zusammenhang aber und dieser hat es in sich.

Die Ukraine und Russland befinden sich im Ausnahmezustand. Geld ist Mangelware. Besonders Devisen sind willkommen, da die lokalen Währungen stark abwerten. Devisen bekommt Russland vor allem durch den Export von Öl. Die Ukraine ist da nicht in einer so komfortablen Situation. Viele Exportgüter hat die Ukraine nicht.

Neben dem Thema Devisen spielt noch ein anderer Faktor eine Rolle: die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Was in der aktuellen Situation hilft die Wirtschaft zu stabilisieren bzw. weniger stark einbrechen zu lassen, das wird gemacht. Dazu gehört auch der Export eines wenig beachteten Produktes: Sonnenblumenkerne und Sonnenblumenöl.

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Die Ukraine ist der größte Produzent von Sonnenblumenöl weltweit und hat einen Weltmarktanteil von gut 25%. Gleich dahinter kommt Russland mit einem Anteil von über 20%. Beide Länder zusammen machen somit ungefähr 50% des Weltmarktes aus. Seit Eskalation des Konfliktes und immer neuen Sanktionen exportieren sowohl die Ukraine als auch Russland, was das Zeug hält. Der Preis von Sonnenblumenöl ging schon seit längerem zurück. Nun hat sich der Preisverfall allerdings wieder beschleunigt. Erst dachte man, dass der Konflikt den Preis stabilisieren würde. Dann stellte sich heraus, dass nun das Angebot an Sonnenblumenöl rapide steigt. Ein Ende des Preisverfalls ist nicht in Sicht.

Was hat der Preis von Sonnenblumenöl jetzt mit Südostasien zu tun? – In Südostasien (besonders Indonesien und Malaysia) wird Palmöl produziert. Palmöl ist in den vergangenen Jahren weltweit zum Liebling geworden. Es war vergleichsweise billig und die Qualität stimmte auch. In vielen Produkten wurde Sonnenblumenöl durch Palmöl ersetzt. Jetzt wird Sonnenblumenöl wieder deutlich billiger und beginnt Palmöl wieder zu verdrängen.
Die Produktion wird wieder ausgeweitet. Es kommt so viel Sonnenblumenöl auf den Markt wie noch nie. Den Abnehmern gefällt das. Den Exportnationen missfällt es. Vor allem Indonesien und Malaysia beginnen darunter zu leiden. Palmöl wird fast täglich billiger. Für die Länder ist das eine große Gefahr.

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In Indonesien wurden 2013 gut 30 Mio. Tonnen Palmöl hergestellt. Der Großteil davon wird exportiert. Der Wert der Exporte lag bei gut 20 Mrd. USD und machte knapp 12% der Gesamtexporte aus. In Malaysia macht Palmöl immerhin noch 6% der Exporte aus. In absoluten Zahlen sind das ca. 14 Mrd. USD.

Beide Länder trifft ein Preisverfall hart. Geht der Preisverfall so weiter, dann fehlen den Ländern wichtige Einnahmen. Im Ernstfall könnte ein starker Einbruch bei den Preisen sogar das Bruttoinlandsprodukt Indonesiens um 1% weniger wachsen lassen.

Erschwerend kommt hinzu, dass Indonesien und Malaysia in den letzten Jahren Produktionskapazitäten massiv ausgebaut haben. Es wurden Regenwälder abgeholzt und kräftig Schulden aufgenommen, um den Ausbau der Produktion zu finanzieren. Bei vielen Farmern ist die Schmerzgrenze beim Preis bald erreicht. Dann schreiben sie keine Gewinne mehr. Bedenkt man, dass 9% der gesamten Unternehmenskredite in Indonesien an Palmölplantagen hängen, dann ist das eine mittlere Katastrophe. Spinnt man den Gedanken weiter, dann müssen Banken Vorsorge gegen Kreditausfälle vornehmen. In einem mittleren Abschwungszenario des Palmölsektors, könnten 20% der Kredite notleidend werden. Banken müssten dann ca. 2% des Gesamtkreditvolumens an Rückstellungen bilden. Das verkraften die Banken problemlos, lastet aber zuerst einmal stark auf der Profitabilität.

Ich denke, die Lage wird sich spätestens Anfang 2015 wieder beruhigen. Irgendwann ist das Sonnenblumenöl exportiert und eine Produktionssteigerung ist in der Ukraine wohl nicht denkbar. Auch die Nachfrage nach Palmöl, die zuletzt stark abgenommen hat, dürfte wieder ansteigen. China hatte zuletzt Lager leergeräumt. Die müssen irgendwann wieder aufgefüllt werden. Meiner persönlichen Meinung nach entsteht hier keine große Krise. Ich finde den doch etwas weiten Zusammenhang von Ukrainekonflikt und Südostasien aber ziemlich spannend.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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