Kommentar
08:45 Uhr, 11.06.2020

Braucht es QE und Konjunkturprogramme jetzt überhaupt noch?

Die EZB beschloss gerade erst, dass sie weitere 600 Mrd. an Staatsanleihen kaufen wird und Deutschland will ein Konjunkturprogramm in der Höhe von 130 Mrd. auflegen. Braucht es das alles wirklich?

In Europa und den USA machen sich die ersten Gedanken darüber, ob die gigantischen Hilfen für die Wirtschaft wirklich noch notwendig sind. In den USA springt der Arbeitsmarkt wieder an. Das sorgte nicht nur bei Anlegern für Euphorie. Auch Politiker klopfen sich selbst kräftig auf die eigenen Schultern. In den drei Monaten der Krise gaben Staaten so viel und so schnell Geld aus wie noch nie. Es wurde für notwendig erachtet. Ohne diese Ausgaben wäre die Wirtschaft zusammengebrochen. Es brauchte Gelder für Kurzarbeit und Arbeitslosenhilfe, Kreditbürgschaften in der Höhe von hunderten Milliarden. Früher oder später bleibt das alles in der Bilanz des Staates hängen. Die Schulden steigen rasant und müssen vom Steuerzahler bedient bzw. abbezahlt werden.

Da die Notenbanken QE wiederbelebten, machte sich darüber zunächst keiner Sorgen. Da sich der Finanzmarkt aber wieder beruhigt hat, gehen viele Notenbanken vom Gas. In den USA kaufte die Notenbank zu Beginn der Krise mehr Staatsschulden als neue ausgegeben wurden. Inzwischen ist das anders (siehe Grafik). Der Staat gibt sehr viel mehr aus als die Notenbank kauft.


Inzwischen wurden in den USA eine Billion Dollar mehr Schulden ausgegeben als die Notenbank wieder vom Markt genommen hat. Das saugt Geld aus dem Markt ab und dürfte auch früher oder später am Aktienmarkt Folgen haben.

In Europa ist das Phänomen noch nicht zu beobachten, da die EZB nachgelegt hat. Das war die richtige Entscheidung. Politiker beginnen sich zwar nun zu fragen, ob sie wirklich weiterhin so spendabel sein sollen, doch das ist die falsche Frage. Ja, die Schulden sind langfristig ein Problem, insbesondere in Ländern wie Italien.

Nun, da man den ersten Rebound der Wirtschaft wieder sieht, kommt das Gefühl auf, dass alles nicht so schlimm ist. Das ist ein Trugschluss. Es ist die absolut falsche Zeit zu sparen. In den USA wurde ein Hilfsprogramm nach dem nächsten beschlossen. Das Tempo nimmt ab und viele, die sich über Schulden Sorgen machen, wollen am liebsten mit dem Sparen beginnen.

Das ist falsch. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Wir sehen gerade ein Zurückschnappen der Wirtschaft. Damit ist sie noch nicht über den Berg. Die Öffnung eines Geschäfts ist eine Verbesserung gegenüber einem geschlossenen Geschäft. Die Lage ist damit aber noch nicht automatisch gleich wieder gut. Bis man von einer guten Lage sprechen kann, ist es noch ein weiter Weg.

Notenbanken und Regierungen haben mit den Ausgaben absolut richtig gehandelt. Sie können diese Glanzleistung wieder vollkommen zunichtemachen, wenn sie jetzt mit der Stützung der Wirtschaft aufhören. Was gewonnen wurde, kann wieder komplett verschwinden. Das gilt insbesondere für die USA. Eine neue Tendenz zur Untätigkeit sollte auch Anleger aufhorchen lassen.

Clemens Schmale


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4 Kommentare

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  • thunderbird
    thunderbird

    Grundsätzlich war es richtig so zu handeln wie beschrieben. Nun sollte allerdings erst mal nachgedacht werden.

    Was sind die Folgen der Geldschwemme?

    Warum wird immer so bereitwillig der Geldhahnaufgedreht? Bei künftige Krisen wird nach selben Muster verfahren werden.

    Fakt ist: Die meisten Staaten sind heilos überschuldet und gehen bei einer Abkehr der 0Zinspolitikin den Statsbankrott insofern wird dieGeldschewemmeimmer so weitergehen. Die Bürger immer mehr zu Kasse gebeten. Die handelnden Personen haben das Szenario längst durchespielt. Wenn dieNot dann größer wirdund das System droht uns um die Ohren zu fliegen werden dir Politiker behaupten eine Neuordnung sei alternativlos

    Wie diese ausschaut kann sich jeder ausmalen sicher ist aber

    Derjenige welcher vorausschauend mit seinem Ersparentenumgeht und Reserven bildet ist der Dumme

    19:59 Uhr, 11.06. 2020
  • mariahellwig
    mariahellwig

    Es ist soch schon üblich Schulden mit Schulden zu tilgen. Solange sich die Inflation runterrechnen lässt, ist das kein Problem, denn die Zinsen bleiben niedrig.

    Wenn man aktuell aber genau hinsieht, sind die Läger ziemlich leer. Viele Produkte nicht lieferfähig oder nur mit deutlichen Preisaufschlägen erhältlich. 20% Preisaufschlag im Vergleich zu den Preisen Anfang des Jahres ist da üblich. Ist im Moment alles noch kein Problem, das viele Firmen noch im Kurzarbeitsmodus, also nicht unter Zugzwang sind.

    Wirklich schwierig wird die Situation erst, wenn die Notenbanken gezwungen werden eine restriktivere Geldpolitik zu fahren.

    11:19 Uhr, 11.06. 2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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