Brasilien im Crash
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Der Wahlsieg von Dilma Rousseff hatte es in sich. Der Leitindex verlor zur Eröffnung 6%. Einige Einzelwerte verloren an die 15%. Das ist pure Panik. Man könnte fast glauben, Dilma Rousseff könnte Brasilien im Alleingang und im Eiltempo zu Grunde richten.
Im Laufe des brasilianischen Handels hat sich diese Ersteinschätzung des Marktes wieder ein klein wenig relativiert. Das Minus hat sich bei den meisten Werten wieder halbiert. Der Kursrutsch ist vor allem darauf zurückzuführen, dass viele Anleger auf einen Sieg des Gegenkandidatens gehofft hatten. Das Ergebnis war nun auch denkbar knapp mit 51,6% für Dilma Rousseff.
Dem Gegenkandidaten Neves wurde mehr Wirtschaftskompetenz zugeschrieben. Rousseff ist zwar die Wunschnachfolgerin von Lula da Silva gewesen, das hat bisher allerdings nicht viel genützt. Lula da Silva hatte Brasilien in seiner Amtszeit zu einem Wachstumsmarkt gemacht. Mit schnellem Wachstum und hohen Sozialausgaben gelangt es die Armut zu verringern.
Rousseff ist eigentlich aus der gleichen Schulde wie Lula da Silva. Trotzdem will es nicht mehr so richtig mit dem Wachstum. Das liegt nicht so sehr an einer geänderten Politik, sondern vielmehr an veränderten Umständen. Unter da Silva stiegen die Rohstoffpreise auf den Weltmärkten. Als Wirtschaft, die ihren Boom größtenteils den Rohstoffen verdankt und darauf ausgerichtet ist, schmerzen die aktuell niedrigen Rohstoffpreise.
Nach der Finanzkrise brachten die Rohstoffe nicht mehr viel ein, dafür strömte ausländisches Kapital ins Land. Durch die Nullzinspolitik der Fed suchten Investoren nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. Brasilien war eine dieser Möglichkeiten.
Seit die Fed nun ihren Ausstieg aus der Politik des ultrabilligen Geldes betreibt, werten Schwellenländerwährungen drastisch ab. Das geht nicht nur Brasilien so. Der Grund: das Kapital kehrt in den Dollarraum zurück. In der Zeit des starken Real hat sich die Wirtschaft allerdings auf Importe und Konsum ausgerichtet. Jetzt wertet der Real ab, aber die Exportwirtschaft ist nicht besonders stark. Die Kombination aus fallenden Rohstoffpreisen und einer schwachen Exportwirtschaft bringt das Wachstum dramatisch nach unten. Brasilien wächst eigentlich nicht mehr. Dafür steigt die Inflation.
Mit diesen Umständen hat Rousseff wenig zu tun. Sie kann kaum dem Weltmarkt einen Ölpreis vorschreiben. Die gleichen Umstände hätten auch bei einem Wahlsieg von Neves weiterhin gegolten. Vielleicht ist er reformwilliger als Rousseff, aber das lässt sich vor einer Wahl nur sehr schwer feststellen. Rousseff hat jegliche Bewegung und Reform vermieden, um die Wahlen zu gewinnen. Jetzt hat sie gewonnen und könnte loslegen. Ob sie es wirklich tun wird, sei dahingestellt. Zu verlieren hat sie jetzt nichts mehr. Ein drittes Mal kann sie nicht gewählt werden.
Die heutige Reaktion ist für mich persönlich klar eine Überreaktion. Ebenso ist die geringe Reformfreude der Präsidentin nicht notwendigerweise dauerhaft. Es überrascht wohl kaum, dass eine zur Wiederwahl stehende Präsidentin nicht kurz vor der Wahl die Subventionen für Benzin streicht. Dann hätte sie gleich zurücktreten können...
Brasilien würde ich nicht begraben. Der Markt ist aber enttäuscht und das wird er vermutlich auch erst einmal bleiben. Technisch könnte es zu einer Gegenreaktion in den kommenden Tagen kommen. Für einen neuen Aufwärtstrend am Aktienmarkt braucht es aber mehr. Dilma Rousseff muss ein gutes Reformprogramm vorstellen. Geht es mit dem Stillstand weiter, dann haben wir noch lange nicht die Tiefs gesehen.
Für ein Investment ist es also noch zu früh. Für Trader ist der Markt sicherlich interessant. Bei einigen Einzelwerten könnte auch schon bald eine Investition wieder möglich sein. Der Ölriese Petrobras gehört dazu. Einem Ölunternehmen kann es fast egal sein, wer regiert, solange sich die Politik einigermaßen heraushält. Für Petrobras hat sich seit gestern fundamental wirklich überhaupt nichts geändert. Der massive Abverkauf ist nicht nachvollziehbar. Ich warte trotzdem erst noch einmal ab.
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Brasilien, als Teil der BRIC-Staaten Russland, Indien und China sind allesamt Länder mit einem enormen Entwicklungspotential. Die Frage ist nur, ob sie sich als bloße verlängerte Werkbank oder als Rohstofflieferant für die westlichen Industrieländer dauerhaft degradieren lassen.
Zur Entwicklung eigener, weltmarktfähiger Industrieprodukte und Dienstleistungen braucht man ein Bildungssystem. Das wiederum braucht eine solide soziale Struktur für Gesundheit und Arbeit. Dafür sehe ich Dilma Rousseff besser geeignet, ihrer Bevölkerung einen Dienst zu erweisen als mit Neves.
Ich wünsche Brasilien dazu viel Erfolg und gute Investments.