Böses Erwachen für manche Anleger
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- FTSE 100Kursstand: 7.774,44 Pkt (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
London (GodmodeTrader.de) - In den vergangenen Jahren entwickelte sich ein deutlicher Unterschied zwischen Wirtschaftswachstum und Vermögensbewertungen. Die lockere Geldpolitik der Zentralbanken hat die zugrundeliegenden strukturellen Probleme mehr als ausgeglichen. Mit der zu erwartenden strafferen Geldpolitik im neuen Jahr wird sich dieser Abstand verringern, wie Anton Eser, Chief Investment Officer bei Legal & General Investment Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Er sei optimistisch in Bezug auf die langfristigen Produktivitätsverbesserungen und Investitionsmöglichkeiten. 2018 könnten einige Investoren allerdings ein böses Erwachen erleben, wenn die Märkte die Risikoprämien exakter einpreisten, heißt es weiter.
„Vor zwölf Monaten lautete meine besorgte Prognose, dass wachsender Populismus und Protektionismus die Märkte 2017 unsanft auf den Boden der Tatsachen bringen könnten“, sagt Eser. „Die Zentralbanken ließen den Geldhahn jedoch aufgedreht und stützen so Wachstum und Bewertungen.“ Trotz eines niedrigen nominalen BIP-Wachstums habe die lockere Geldpolitik die Volatilität niedrig, die Bewertungen hoch und strukturelle Probleme in Schach gehalten. „Aber das wird sich im nächsten Jahr ändern.“
Die lockere Geldpolitik habe sowohl die Asset-Preise gestützt als auch die Arbeitsmärkte so sehr gestrafft, dass sich Inflationsdruck aufbaue. „In Folge der strengeren Politik werden wir eine dramatische Verschiebung der Staatsschulden in den Privatsektor sehen“, sagt Eser. In den vergangenen Jahren hätten die Kaufprogramme der Zentralbanken normale Anleger verdrängt und sie gezwungen, in Nullzinsanlagen oder aber in sehr riskante Anlagen zu investieren. „Diese Dynamik wird sich 2018 umkehren. Wenn die Zinssätze steigen, um Geld in Staatsanleihen zu ziehen, dürfte die Rendite-Jagd nachlassen, die die Kreditmärkte zuletzt gestützt hat. In einer überschuldeten Welt mit gleichzeitig schwacher Produktivität sind dies eindeutig schwierige Rahmenbedingungen, die sich als selbstzerstörerisch erweisen könnten.“
Auf 2017 blicke der Markt aufgrund verschiedener Wahlen, der Brexit-Verhandlungen sowie der zu erwartenden Politik Trumps voller Vorbehalte. „Auch 2018 wird die Politik ein absoluter Schwerpunkt für uns sein“, sagt Eser. Der Populismus stelle weiterhin eine Gefahr dar, die kaum einzuschätzen sei. „Es ist nur schwer kalkulierbar, wo der Markt das Populismus-Risiko angemessen eingepreist hat. Auch das dürfte mit der wechselnden Geldpolitik deutlicher werden.” Neben der offensichtlich populistischen Politik von US-Präsident Trump bestehe auch in Europa weiteres Potential. „In Katalonien gibt es ernste nationalistische Spannungen und Italien steht vor einer wichtigen Wahl im kommenden Jahr. Parallel dazu beschleunigen sich die Brexit-Verhandlungen.“ Zudem richte sich der Blick nach Südamerika. „Beinahe zwei Drittel der Lateinamerikaner sind in den nächsten zwölf Monaten aufgefordert, wählen zu gehen“, sagt Eser. „Weitere acht Wahlen in der Region stehen 2019 an. Der Aufwärtstrend zuletzt war moderat, um es vorsichtig zu formulieren. Etwa 20 Millionen der 15- bis 29-Jährigen sind zudem arbeitslos.“ Das biete einer Rückkehr des Populismus, sowohl von rechts als auch von links des politischen Spektrums, fruchtbaren Nährboden.
Ein weiteres großes Thema, schon jetzt und auch 2018: Disruption. Disruptive Entwicklungen, die bestehende Produkte, Dienstleistungen oder Strukturen verdrängten, hätten die Wirtschaft bereits massiv verändert, siehe Amazon oder Apple. „Eindeutig ist die Gefahr der Disruption mittlerweile der Standard für Konzerne“, sagt Eser. „Die durchschnittliche Lebenserwartung es S&P-500 Unternehmens lag in den 1960ern bei über 60 Jahren – mittlerweile ist sie auf unter 30 gesunken. Das bedeutet, dass die Hälfte der aktuell im Index gelisteten Firmen bis 2027 ersetzt worden sein könnten.“ Die Gefahr der Disruption sei überall präsent und Unternehmen, die Innovation nicht nutzten, um ihr Wachstum anzutreiben, riskierten den Verlust von Marktanteilen oder gar ihre Existenz. „Viele unter Druck geratene Sektoren oder Firmen konnten zuletzt aufgrund der leichten Liquiditätsbedingungen überleben“, sagt Eser. „Auch das wird sich mit der Geldpolitik ändern.“
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Sollten die Notenbanken objektiv und unabhängig ihre Entscheidungen treffen, könnte etwas an der These von Eser, dass es 2018 ruppig wird, dran sein.
Allerdings beschleicht mich der Verdacht, dass die Profiteure dieser beispiellosen Aktienmarkt-Hausse, die sich im Dunstkreis der Notenbanken befinden, dies nicht zulassen werden. Oder zumindest erst dann, wenn ein Großteil der Assets reallokiert wurde.
Hier wedelt schon seit langem der Schwanz mit dem Hund.