Kommentar
06:20 Uhr, 13.06.2016

Börsen stürzen ab - Panik gerechtfertigt?

Der Markt verlor gestern kräftig. Die Minuszeichen erinnern schon ein wenig an Panik, aber ist das überhaupt angebracht?

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  • DAX
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Auch wenn man mit fallenden Kursen Geld verdienen kann, freut sich ein Großteil der Anleger doch deutlich mehr, wenn die Kurse steigen. Davon konnte man in Europa in dieser Woche nur sehr wenig sehen. Die Woche war sehr schwach. Der Wochenausklang hatte es in sich. Der Dax verlor am Freitag so viel wie seit Februar nicht mehr. Damals war das Tief übrigens nur noch drei Handelstage weit weg.

Bevor man sich als Anleger große Hoffnungen auf das Tief macht, muss man festhalten, dass die Tageskerze vom Freitag wenig konstruktiv aussieht. Anleger sind sich einig. Sie haben am Morgen mit Verkäufen begonnen und das bis zum Börsenschluss durchgehalten. Unentschlossenheit gab es kaum. Bevor sich Tiefs ankündigen zeigen Anleger normalerweise Unentschlossenheit. Die Tageskerze lässt darauf aktuell nicht schließen.

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Als wären die Verluste nicht schon schmerzhaft genug kam vorgestern auch noch die Meldung, dass George Soros wieder einmal auf fallende Kurse setzt. Soros ist sicherlich ein exzellenter Investor und Trader, doch seine Wette auf fallende Kurse und der gestrige Kursrutsch dürften eher zufällig sein. Dennoch gibt es zu denken, wenn sich legendäre Hedgefonds Manager auf eine bestimmte Richtung fokussieren.

Neben Soros äußerte sich nun auch Marc Faber zum Markt. Normalerweise ist bei Marc Faber vollkommen klar, wie er sich äußert: bärisch. Nicht umsonst gibt er den Gloom, Boom & Doom Report heraus. Der Name ist Programm. Faber äußert sich chronisch skeptisch. Er gilt als Permabär.

Gerade der Parade-Permabär hält es für möglich, dass Aktien keine massive Korrektur oder gar einen Bärenmarkt anzetteln. Anfang des Jahres hörte sich das noch anders an, doch derzeit scheint Faber es für möglich zu halten, dass durch die Geldpolitik der Notenbanken die Kurse noch längere Zeit auf hohem Niveau bleiben können.

„Längere Zeit auf hohem Niveau“ ist jetzt auch nicht unbedingt eine extrem bullische Ansage, doch sie ist immerhin nicht klar bärisch. Da die Worte von Marc Faber kommen, ist da schon fast so etwas wie ein bullisches Sentiment zu erkennen. Wenn sich selbst hartgesottene Bären breitschlagen lassen und vorsichtig über den Zaun ins Bullenlager schauen, dann ist häufig Zeit zu verkaufen.

Noch Ende Mai waren die US-Privatanleger so wenig bullisch eingestellt wie seit über 10 Jahren nicht mehr (Grafik 1). Das war ein guter Kontraindikator. Der Markt konnte zumindest in den USA zuletzt wieder steigen. Inzwischen hat sich das sehr niedrige bullische Sentiment wieder korrigiert. Es notiert auf neutralem Niveau. Die Unterstützung des Marktes durch das extrem niedrige Zutrauen der Privatanleger ist verschwunden.

Kurz zusammengefasst: Es gibt sehr viele Gründe, weshalb der Markt nun gerade jetzt fallen sollte. Nicht zu vergessen sind die anstehenden Notenbanksitzungen, das Brexit Referendum und die Wahlen in Spanien. Das alles hat Sprengkraft, die der Markt bisher ignorierte. Man kann fast sagen: endlich hat der Markt begriffen, dass da wirklich große Risiken vor uns liegen.
Die Risiken sind real und können den Markt auch in den kommenden Tagen noch drücken. Der Juni ist kritisch und muss erst einmal überstanden werden. Für Panik sehe ich dennoch keinen Grund. Heute wurde das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan veröffentlich (Grafik 2). Die Stimmung unter Verbrauchern ist gestiegen, obwohl der Benzinpreis ebenfalls gestiegen ist. Normalerweise sind beide Zeitreihen negativ korreliert.

Solange die Verbraucherstimmung positiv ist und steigt, muss man sich mittel- bis langfristig um den Aktienmarkt keine Sorgen machen. Die Stimmung dürfte auch weiterhin positiv bleiben, denn es finden nach wie vor viele Amerikaner einen Job. Zuletzt wurden weniger neue Jobs geschaffen, doch das muss nicht viel bedeuten. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind nach wie vor rekordverdächtig niedrig. Solange das der Fall ist geht es der US-Wirtschaft und dem Jobmarkt gut.

Die Erstanträge sind ein sehr hilfreicher Indikator. Kein Bärenmarkt, keine große Korrektur und keine Rezession hat je stattgefunden, ohne dass die Erstanträge vorher deutlich gestiegen wären. Davon ist (noch) weit und breit nichts zu sehen. Der heutige Handelstag war schlecht. Kippt der Markt deswegen? – Wohl kaum. Mittel- bis langfristig ist nach wie vor alles im grünen Bereich.

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33 Kommentare

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  • Austrochris
    Austrochris

    Von Panik sind wir meilenweit entfernt ! Die Risken am Aktienmarkt sind dennoch nicht zu unterschätzen . Die weltweiten Schulden die durch die Niedrigzinspolitik eher noch gestiegen sind ( was eher suboptimal ist , sollten ja eher fallen bei keinen Zinsen ) wird uns wie ein Damoklesschwert die nächsten Jahre verfolgen .

    Der Bullenmarkt seit 2009 hat einen sehr langen Bart , und die Bewertung der Aktien vor allem über dem grossen Teich ist teilweise grotesk hoch . da wird nur noch mit Aktienrückkäufen der Gewinn pro Aktie hoch gehalten . Das ist ein trügerisches Zeichen .

    Eine Konsolidierung kann nur erfolgen , wenn der markt jetzt jahrelang seitwärts dahindümpelt oder massiv abstürzt . Welche Variante die wahrscheinlichere ist , i dont know !!!

    10:12 Uhr, 13.06.2016
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die wichtigen Termine jagen sich, Mittwoch FED, Freitag großer Verfall und in der folgenden Woche stimmen die Briten ab, wobei sich die Waagschale zu Gunsten der EU-Gegner senkt. Als ob das noch nicht genügen würde, gibt's wenige Tage nach der Abstimmung in England Parlamentswahlen in Spanien.

    Folgt auf den eventuellen Brexit "The SPAIN-Pain" ?

    Wie auch immer, für die fragile Weltwirtschaft und die nicht weniger fragilen Finanzmärkte braut sich eine ganze Menge Ungemach zusammen, von der desolaten Situation in Japan ganz zu schweigen

    09:53 Uhr, 13.06.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Vielleicht ist Herr Schmale selbst der beste Contra-Indikator?

    09:34 Uhr, 13.06.2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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