Kommentar
11:23 Uhr, 03.11.2022

Bleibt es ungemütlich am Markt?

Zwei ganz unterschiedliche Botschaften für die Finanzmärkte hatte die US-Notenbank bei ihrem gestrigen Zinsentscheid im Gepäck. Aber was bedeutet das unter dem Strich?

Die Märkte hatten im Vorfeld darauf spekuliert, dass die US-Notenbank Fed beim Zinsentscheid am Mittwochabend eine Verlangsamung ihrer Zinserhöhungen andeuten würde, und genau so kam es auch. Doch zufrieden waren die Märkte trotzdem nicht, denn US-Notenbankchef Jerome Powell zerstörte die gute Stimmung gleich wieder mit einer Hiobsbotschaft auf der Pressekonferenz.

Zunächst die gute Nachricht: Bereits im Statement zum Zinsentscheid und dann noch deutlicher auf der Pressekonferenz wurde angedeutet, dass die Fed das Tempo ihrer Zinserhöhungen demnächst verlangsamen könnte. Powell sprach konkret davon, dass man beim Meeting im Dezember darüber sprechen werde und dass es dann entweder im Dezember oder beim übernächsten Zinsentscheid im Februar so weit sein könnte. Statt 75 Basispunkte dürfte es dann nur noch um 50 Basispunkte pro Meeting oder vielleicht sogar um nur 25 Basispunkte pro Meeting nach oben gehen.

Doch Jerome Powell beeilte sich, die gute Stimmung gleich wieder zu zerstören: Denn die Verlangsamung der Zinserhöhungen bedeutet laut Powell nicht, dass die US-Notenbank mit ihrem Zinserhöhungskurs bald schon insgesamt fertig sein könnte. Ganz im Gegenteil: Powell sprach ausdrücklich davon, dass die Zinsen stärker steigen müssten, als man das bisher erwartet hatte und erläuterte, dass die Prognosen der Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) aus dem September bereits wieder überholt sein könnten. Powell sagte sogar, dass es "sehr verfrüht" wäre, bereits jetzt eine Pause bei den Zinserhöhungen einzulegen.

Die FOMC-Mitglieder hatten im September im Median für Ende 2022 einen Leitzins bei 4,4 % und für Ende bei 4,6 % erwartet. Das würde gerade einmal noch einer Erhöhung um 50 Basispunkte in diesem Jahr und dann einer weiteren Erhöhung um 25 Basispunkte im kommenden Jahr entsprechen (auch wenn es zwischen Ende 2022 und Ende 2023 zwischenzeitlich weiter nach oben gehen könnte). Durch seine Aussagen auf der gestrigen Pressekonferenz hat Powell diese Prognosen aber gewissermaßen selbst in den Papierkorb befördert. Neue individuelle Prognosen der FOMC-Mitglieder wird es im Dezember geben, und die könnten es in sich haben.

Entscheidender aber als alle Zinsprognosen dürfte aber das sein, woran Powell weiter keine Zweifel aufkommen lassen will: Die US-Notenbank Fed ist entschlossen, alles Notwendige zu tun, um die Inflation wieder auf 2 % zu senken. Und wie viel dazu notwendig sein wird, weiß auch die Fed nicht.

Je nachdem, welchen Inflationsmaßstab man konkret betrachtet, ist die Inflation unterschiedlich weit entfernt vom Ziel bei 2 %. Aber unabhängig vom konkreten Maßstab ist ebenso klar, dass das Ziel keineswegs in Reichweite liegt und der Zinserhöhungskurs der Fed bisher die Inflation auch gar nicht oder kaum gebremst hat. Dass es trotzdem Zeit sein könnte, die Zinserhöhungen zu verlangsamen, begründet die Fed nach den Aussagen im Statement jetzt auch explizit mit dem Zeitverzug zwischen einer geldpolitischen Straffung und den Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Markt. Doch damit ist eben gerade keine Abkehr von Zinserhöhungen gemeint, das hat Powell auf der Pressekonferenz mehrfach zu betonen versucht. Die Fed bleibt auf Kurs, bis die Inflation sich wieder deutlich in Richtung des Ziels bei 2 % entwickelt.

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Je nachdem, wie sich die Inflation in den kommenden Monaten und Quartalen entwickelt, könnte das also weiteren gehörigen Gegenwind für die Aktienmärkte bedeuten. Nur ein deutlicher Rückgang der Inflation würde die Fed dazu bewegen, ihre Zinserhöhungen ganz zu beenden, so zumindest die Aussagen von Powell.

Für eine Entwarnung ist es also noch deutlich zu früh, eine Abkehr vom Zinserhöhungskurs liegt keineswegs in Reichweite, und wer damit gerechnet hatte, hat sich zumindest zum jetzigen Stand verspekuliert. Das gilt jedenfalls, wenn man die Aussagen von Powell für bare Münze nimmt und nicht damit rechnet, dass die Fed sich womöglich doch noch anders besinnt in den kommenden Monaten.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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