Kommentar
11:20 Uhr, 14.11.2007

BIP - Die Binnenwirtschaft übernimmt das Steuer

1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt nahm im dritten Quartal mit einer Rate von 0,7% qoq erwartet kräftig zu (Bloomberg-Median: 0,7% qoq, DekaBank: 0,8% qoq). Das Vorjahresniveau wird kalenderund saisonbereinigt um 2,5 % überschritten.

2. Die heutigen Daten sind eine Schnellschätzung. Die Details werden erst am 22. November veröffentlicht. Dennoch lassen sich aufgrund der Entwicklung verschiedener Indikatoren schon jetzt Aussagen über die einzelnen BIP-Bestandteile machen.

• Die Exporte nahmen erneut spürbar zu (Schaubild A, Anhang). Insbesondere die Nachfrage aus den OPEC-Staaten, den Vereinigten Staaten und aus Resteuropa entwickelte sich dynamisch. Lediglich die Exporte in die EU nahmen unterdurchschnittlich zu. Bremswirkungen des starken Euros waren noch nicht auszumachen: Zum einen war es dank der Wechselkurssicherungsgeschäfte dafür wohl noch zu früh, zum anderen hat sich die konjunkturelle Entwicklung in den Handelspartnerländern kurzfristig nochmals beschleunigt. Die Importe (Schaubild B, Anhang) nahmen jedoch – vermutlich beflügelt durch den starken Euro – kräftiger zu, sodass unter dem Strich kein Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags übrig blieb.

• Die Bauinvestitionen waren in den vergangenen Quartalen ein Spielball der Witterung (Schaubild D, Anhang). Auf einen milden Winter folgte ein starker negativer Rückprall der Bautätigkeit im Frühjahr. Nun herrscht wieder Normalbetrieb, sodass die Bauinvestitionen sogar überdurchschnittlich zulegen konnten. Wesentliche Impulse gingen dabei laut der Umsatzentwicklung im Bauhauptgewerbe vom gewerblichen Bau aus.

• Die Ausrüstungsinvestitionen (Schaubild C, Anhang) profitieren unverändert von der Abschaffung der Möglichkeit, Investitionen beschleunigt anzuschreiben. Alle bis zum Jahresende getätigten Investitionen können noch zu den günstigeren Bedingungen abgeschrieben werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass es zu Vorzieheffekten kommt. Diese konzentrieren sich aber nicht – wie bei Mehrwertsteuererhöhungen – auf ein oder zwei Quartale, sondern lassen sich über einen längeren Zeitraum beobachten. Neben klassischen Investitionsgütern wie Maschinen profitiert hiervon auch die Nachfrage nach Fahrzeugen – Nutzfahrzeuge und Firmenwagen. Die Unternehmen nützen die noch geltenden Abschreibungsbedingungen, um ihren Fuhrpark zu verjüngen.

• Diese Firmen-Nachfrage nach Fahrzeugen zeigt sich in den Zulassungszahlen und in den Einzelhandelsumsätzen einschließlich des Kfz-Handels. Ohne den Kfz-Handel legten die Einzelhandelsumsätze im dritten Quartal nur um bescheidene 0,3 % qoq zu. Entsprechend war der Zuwachs der privaten Konsumausgaben nur moderat (Schaubild E, Anhang). Vor dem Hintergrund der guten Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklung ist das enttäuschend. Möglicherweise hat sich das starke Anziehen der gefühlten Inflation aufgrund der kräftigen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie dämpfend ausgewirkt.

3. Auf das starke dritte Quartal wird ein schwaches viertes folgen. Die Frühindikatoren befinden sich im Sturzflug und deuten auf eine merkliche temporäre Abschwächung hin. Damit verfestigt sich unsere Prognose eines gesamtwirtschaftlichen Wachstums im Jahr 2007 von 2,4 %. Die Hälfte dieses Wachstums ist aber dem starken Endspurt im Vorjahr (statistischer Überhang) und einem Arbeitstageeffekt geschuldet.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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