Kommentar
08:09 Uhr, 18.03.2016

Biotech: Das Comeback?

Biotech Aktien befinden sich seit Juli 2015 in einem starken Abwärtstrend. Nach 40% Verlust scheint sich der Nasdaq Biotech Index nun zu stabilisieren und möglicherweise einen Doppelboden auszubilden. Ist das ein Kaufsignal?

Die Rallye der Biotech Aktien ist an mir persönlich vollkommen spurlos vorübergegangen. Jeder andere, der dabei war, kann sich freuen. Von Ende 2008 bis Mitte 2015 legte der Biotech Index 600 % zu. Wer im richtigen Moment eingestiegen ist, hat die Performance seines Lebens gemacht. Wer zwischen Sommer 2014 und Sommer 2015 in den Markt gegangen ist, der dürfte sich weniger freuen. Der Index steht heute wieder dort, wo er auch schon im Juli 2014 stand.

Vor anderthalb Jahren erwähnte Janet Yellen, dass sie den Markt für hoch gepreist hält. Der Markt ignorierte diese Einschätzung. Es gab ein kurzes Zucken der Kurse, doch das war schnell Geschichte. Vergangenes Jahr machte dann die Präsidenschaftsanwärterin Hillary Clinton auf sich aufmerksam, indem sie überteuerten Medikamenten den Kampf ansagte. Vielen schreiben ihr die Probleme des Marktes zu. Persönlich halte ich das für übertrieben. Hillary Clinton mag vielleicht die nächste Präsidentin sein, doch das wird kaum dazu führen, dass sie den freien Markt außer Kraft setzt.

Vielmehr als die Gründe für den Kollaps des Index bei Einzelpersonen zu suchen, sollte man sich vor Augen führen, wie der Index in den vergangenen Jahren performt hat. Grafik 1 zeigt den Biotech Index im Vergleich mit dem Nasdaq Composite in der Zeit von 1993 bis 2002. Dieses Bild sagt mehr als tausend Worte.

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Die Kernaussage des Vergleichs ist eindeutig: der Biotech Sektor bewegte sich innerhalb einer Spekulationsblase. Einige Analysten sehen das anders. Sie sehen keine Ähnlichkeiten zur Dotcom Blase der Jahrtausendwende. Wie es sein kann, dass man da keine Parallelen erkennt, ist mir persönlich ehrlich gesagt schleierhaft...

Diejenigen, die keine Parallele zur Dotcom Blase sehen wollen, begründen dies aus fundamentaler Sicht. Im Gegensatz zur Spekulationsblase bei Internetunternehmen sind Biotech Unternehmen mit soliden Bilanzen ausgestattet. Das mag sein, kann sich aber auch schnell ändern. Viele Unternehmen haben noch kein Produkt, welches sie verkaufen können. Sie leben von ihren Geldreserven.

Einige der Unternehmen werden niemals ein erfolgreiches Produkt auf den Markt bringen. Sie werden spurlos verschwinden. Kauft man einen Index, dann ist das weniger relevant als beim Kauf von Einzelwerten. Es gibt immerhin einige Unternehmen, die durchaus gute Gewinne schreiben. Biogen und Amgen, zwei Schwergewichte, sind mit einem KGV von 17 bzw. 16 bewertet. Das ist nicht übertrieben.

Als Anleger hat man hier die Qual der Wahl. Man kann zu bewährten Titeln greifen. Diese sind vernünftig bewertet und zahlen Dividenden. Zweistelliges Wachstum sollte man jedoch nicht erwarten. Will man Wachstum, dann läuft man Gefahr, dass die möglichen Kandidaten niemals ein erfolgreiches Produkt auf den Markt bringen.

Die meisten Unternehmen verbrennen Cash. Für Unternehmen im Entwicklungsstadium ist das ganz normal und nicht weiter bedenklich. Da der Sektor nun aber hauptsächlich aus solchen Unternehmen besteht und nicht jedes das neue Amgen werden kann, ist das Risiko hoch. Es ist sehr wohl vergleichbar zur Dotcom Blase.

Die fundamentale Beurteilung einzelner Unternehmen oder eines ganzen Sektors ist schwierig. Um die Erfolgschancen eines Biotech Unternehmens beurteilen zu können ist viel Detailwissen erforderlich. Persönlich fokussierte ich mich daher mehr auf die technische Betrachtung. Dieser Betrachtung nach sollte man sich nicht wundern, wenn der Index noch einmal 15-30 % nachgibt. Das würde auch gut zum damaligen Verlauf des Nasdaq Composite passen.

Eine Art das Potential abzuschätzen liegt in der Betrachtung des Kapitalzustroms in den Sektor. Grafik 2 zeigt die Kapitalströme des SPDR Biotech ETFs. Die Grafik zeigt den Zustrom auf 6-Monatssicht. Dabei sieht man sehr schön wie von 2014 bis 2015 ein wahrer Run auf Biotechs stattgefunden hat. Das Blatt wendete sich nach diesem Exzess sehr schnell. Die enormen Kapitalabflüsse können nun den Verdacht wecken, dass auch in der Abwärtsbewegung viel Übertreibung steckt.

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Ein Blick auf die Kapitalströme auf Monatssicht (Grafik 3) lässt einen daran zweifeln. Der Kapitalzustrom ist so deutlich und schnell gestiegen wie nie zuvor. Die Luft scheint schon wieder draußen zu sein. Die derzeitige Erholung kann sich noch eine Zeit lang fortsetzen. Einen neuen Bullenmarkt kann man nach derzeitigem Stand nicht erkennen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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