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11:02 Uhr, 13.02.2008

Biosprit als Alternative zu fossilen Energieträgern

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Mit einem Paukenschlag begann das neue Börsenjahr. Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI) kostete bereits am ersten Handelstag erstmals mehr als 100 US-Dollar. Damit wurden den Investoren auf der ganzen Welt zwei Probleme auf einmal ins Bewusstsein gerufen: Energie und Klimawandel. Der verstärkte Einsatz von Biosprit macht daher durchaus Sinn. Doch die ideale Lösung stellt der Biotreibstoff vom Acker bislang noch nicht dar. Zum einen ist dessen Klimabilanz nicht restlos sauber, zum anderen stellt sich die moralische Frage, ob Agrarprodukte verbrannt werden sollten, wenn in vielen Regionen dieser Welt noch Hungersnöte grassieren.

Nicht mehr beliebt in Deutschland

Für Deutschland bringt der hohe Ölpreis nicht nur Nachteile. Grund: Wenn Öl teuer bleibt, werden umweltfreundliche Energiequellen wie Biomasse, Wind, Wasser und Sonne gegenüber dem Klimakiller Rohöl mehr und mehr wettbewerbsfähig. Da Deutschland dank der rot-grünen Koalition (1998 bis 2005) früher als andere Staaten ökologische Themen aufgegriffen, entsprechende Gesetze verabschiedet und so diese Industrien frühzeitig gefördert hat, genießt sie nun im Bereich Erneuerbare Energien einen Wettbewerbsvorteil. Dieser schlägt sich vor allem in den Bereichen Windenergie und Photovoltaik (Solarstrom) nieder. Bei Biosprit gehören deutsche Unternehmen aus globaler Sicht sicherlich nicht zu den Marktführern, zumal Biodiesel und Bio-Ethanol in Staaten wie Brasilien und in den USA eine erheblich wichtigere Rolle spielen. Die deutsche Bundesregierung hat ihre anfängliche Förderung durch mehrere Steuererhöhungen wieder spürbar zurückgefahren. Einige Öko-Experten bezweifeln die Umweltfreundlichkeit von manchem Biotreibstoff, weil dessen Klimabilanz bei der Berücksichtigung sämtlicher Einflussfaktoren oftmals enttäuschend ausfällt. Wenn beispielsweise Tropenwälder für die Anlage von Palmölplantagen geroded werden, deren Rohstoffe dann über weite Strecken zu den Verbrauchern transportiert werden, fällt die Klimabilanz dieses Biotreibstoffs verständlicherweise eher mager aus.

EU gibt neue Zielmarken vor

Laut der jüngsten Zielvorgabe der EU-Kommission vom 23. Januar soll im Jahr 2020 der Anteil der Biotreibstoffe am gesamten Kraftstoffverbrauch eines EU-Staats zehn Prozent betragen. Dieser Bedarf soll durch europäische Produzenten sowie durch Importe aus Drittländern gedeckt werden, allerdings nur, falls deren Klimabilanz und Nachhaltigkeit bestimmte Mindestkriterien erfüllt. Hier muss der Gesetzgeber strenge, ökologische Nachhaltigkeits-Kriterien festlegen. Sie sollen sicherstellen, dass der Biosprit nachhaltig erzeugt wurde und nicht mit den umweltpolitischen Zielen der EU in Konflikt steht. Dies bedeutet, dass sie bestimmte Mindestlevels an Treibhausgasersparnissen erreichen und mehrere Anforderungen bezüglich des Schutzes der Artenvielfalt erfüllen müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass Urwälder oder Naturschutzgebiete den Anbaugebieten von Rohstoffen zur Produktion von Biosprit weichen müssen.

Die EU-Kommission weist darauf hin, dass Biotreibstoffe mehr kosten als andere erneuerbare Energien und sie durch die Vorgabe konkreter Mindestziele zu fördern sind. Ohne diese Maßnahmen würde deren Entwicklung nicht voranschreiten und der Biosprit somit auch künftig nicht wettbewerbsfähig werden. Neben dem Einsatz sparsamerer Motoren stuft die EU-Kommission den Einsatz von Biosprit als wichtige Chance zur Reduktion der Treibhausgase im Transportsektor ein. Außerdem betrachtet sie die Zielvorgabe als Signal für die Autoindustrie, schließlich werden die alten Autos des Jahres 2020 bereits heute entwickelt. Autohersteller müssen deshalb wissen, für welchen Kraftstoff die Fahrzeuge ausgerichtet sein müssen.

Biodieselbranche verärgert über Bundesregierung

In Deutschland sind derzeit die Hersteller von Biodiesel (B100) auf deutsche Politiker nicht gut zu sprechen. Grund: Zum Jahresanfang wurde die Steuer von 9 auf 15 Cent pro Liter erhöht. Bereits im August 2006 wurde das Privileg der Steuerfreiheit gekippt und ein Steuersatz in Höhe von neun Cent pro Liter erhoben. Mit der jüngsten Steuererhöhung können die Biodieselhersteller nicht mehr rentabel produzieren und sind nun in ihrer Existenz bedroht. Auf diesen Umstand hat in diesem Jahr der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V (VDB) bereits zweimal hingewiesen. Am 11. Januar wurde der Markt für reinen Biodiesel (B100) im Zuge der Steuererhöhung und gestiegener Agrarpreise für tot erklärt. Fünf Tage später erfolgte ein dringender Appell des Industrieverbands an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dieser zielte auf ihr ökologisches Gewissen und ihre ostdeutsche Herkunft ab, schließlich hat diese Branche vor allem in den neuen Bundesländern zusätzliche Absatzchancen für Landwirte sowie Arbeitsplätze geschaffen. Von der auf 4,4 Prozent erhöhten Beimischungsquote bei herkömmlichem Diesel können die meist mittelständischen Betriebe nicht profitieren, da die großen Mineralölkonzerne sich überwiegend über Importe mit Biodiesel versorgen.

Offensichtlich mag man in Berlin zwar die CO2-Emissionen reduzieren, auf Steuereinnahmen zu verzichten, sieht man aber nicht ein. In der Zeit von 1951 bis 2003 stieg bei herkömmlichem Benzin der Steueranteil pro Liter von 2,29 Cent auf 65,45 Cent. Bei Diesel war ein Anstieg von 1,68 auf 47,04 Cent zu beklagen. Wie die Gier des Staates im Laufe der Jahre zunahm, zeigt die Grafik. Die derzeitigen Steuerpläne der Bundesregierung sehen vor, dass bis 2012 eine jährliche Steueranhebung um sechs Cent erfolgen soll. Ab 2012 würde dann der volle Mineralölsteuersatz zu Buche schlagen. Ob der Fiskus davon profitieren wird, bleibt jedoch fraglich, schließlich sind die Verkäufe von reinem Biodiesel und damit auch die diesbezüglichen Steuereinnahmen seit dem Jahreswechsel regelrecht eingebrochen.

Lesen Sie in Teil 2 dieses Artikels, der am Freitag den 15 Februar um 15 Uhr erscheint, wie die neue Generation der Biokraftstoffe die Zukunft der Treibstoffe verändern wird und erfahren Sie, wie Sie in diesen Sektor investieren können. Oder laden Sie sich das Godmode Klimawandel-Spezial herunter unter [Link "www.godmode-trader.de/downloads" auf www.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar]

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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