Kommentar
14:40 Uhr, 03.04.2020

Berichtssaison der Unternehmen steht an: Wie katastrophal wird es?

Die Auswirkungen der Krise auf die Unternehmensbilanzen sind noch nicht abschätzbar. Wir wissen, dass es einige Industrien besonders hart treffen wird.

Die Luftfahrt- und Freizeitindustrie wird vermutlich bereits für das erste Quartal 2020 tiefrote Zahlen ausweisen müssen, obwohl sie noch fast zwei normale Geschäftsmonate hatten. Das zweite Quartal wird vermutlich noch schlimmer. So manche Fluglinie hat weniger als 5 % der Flugzeuge noch in Betrieb. Bestimmte Kosten fallen trotzdem an. Nicht umsonst werden für Fluglinien Rettungspakete geschnürt. Die besonders hart getroffenen Industrien stellen jedoch eine Minderheit in den großen Indizes dar. Einige Unternehmen profitieren. Der Gewinn von Nahrungsmittelhändlern und einigen Logistikunternehmen wird sprunghaft ansteigen. Versandhändler boomen. Dieser Boom wird den Rückgang in stark betroffenen Industrien allerdings nicht ganz ausgleichen.

Die Entwicklung im ersten und zweiten Quartal kann man nur erahnen. Vermutlich wird es einen gehörigen Gewinnrückgang bei vielen Unternehmen geben. Auch Technologieriesen wie Facebook sind davon nicht ausgenommen. Zwar verbringen Menschen mehr Zeit zu Hause und nutzen das Internet noch ausgiebiger, aber die Kunden, die Werbung schalten, müssen nun sparen. Daher steigen nicht automatisch die Werbeeinnahmen für Facebook und Google.

All diese Effekte machen es sehr schwer die genau Gewinnentwicklung zu prognostizieren. Persönlich halte ich es aber für weniger wichtig, was innerhalb von zwei Quartalen geschieht. Quartalsdenken ist genau das, was zu Fehlentscheidungen führt, sei es bei Unternehmen oder Anlegern.

Es macht Sinn, sich davon etwas zu distanzieren. Dies gelingt, indem man nicht auf die Gewinne im nächsten Quartal blickt, sondern auf die, die für die Zukunft erwartet werden. Das Forward KGV (Gewinne in einem Jahr) tut das. Der Kursrutsch hat das KGV einbrechen lassen. Die Gewinnerwartungen sind allerdings erst um 6 % zurückgekommen. Daher kann man die Bewertung so nicht einfach stehenlassen.

Gehen die Gewinne von der reduzierten Prognose noch einmal um 10 % zurück, steht das KGV bei gut 15 und bei 20 % Gewinnrückrang bei 17. Beides ist im Vergleich zu den letzten fünf Jahren absolut vertretbar (Grafik 1).


Der Drawdown des KGV ist mit 30 % inzwischen sogar so groß, dass er sich mit früheren Rückgängen vergleichen lässt (Grafik 2). 2008 war der Rückgang noch ausgeprägter. Mit einem Minus von 41 % war es der größte Rückgang der jüngeren Geschichte. Die Aussage ist allerdings erbaulich. Die Historie gibt keinen Anlass dafür, einen weiteren Rutsch von 30 % zu erwarten.

Kurzfristig werden die Gewinne stark zurückgehen. Es gab keine Krise, in der das nicht der Fall gewesen wäre (Grafik 3). Man sieht allerdings auch, dass sich die Gewinne innerhalb von wenigen Quartalen wieder erholen konnten. Die Einschätzung, dass der Kursrückgang für langfristige Anleger eine Chance ist, ist nicht ganz falsch.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten