Analyse
17:10 Uhr, 27.11.2025

BAYWA - Der 9-Monats-Bericht ist da! *** Update

Der Agrarkonzern BayWa verzeichnet nach neun Monaten einen deutlichen Umsatzrückgang, sieht sich bei der Restrukturierung jedoch auf Kurs.

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  • BayWa AG
    ISIN: DE0005194062Kopiert
    Kursstand: 2,500 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • BayWa AG - WKN: 519406 - ISIN: DE0005194062 - Kurs: 2,500 € (XETRA)

***Update von der Pressekonferenz. Die wichtigste Botschaft: Ende 2028 soll eine BayWa stehen, die noch ca. 10 Mrd. EUR Umsatz macht und noch etwa 1,3 Mrd. EUR Schulden hat.

Um die erdrückende Schuldenlast zu bewältigen, plant der Vorstand, etwa zwei Drittel des Geschäfts zu verkaufen. Das hat Folgen für die Belegschaft und die internationale Ausrichtung. In den kommenden Jahren soll der Schuldenberg um gut 4 Mrd. EUR abgetragen werden. Bislang wurden 700 Mio. EUR getilgt, doch der weitaus größere Teil der Wegstrecke liegt noch vor dem Management.

Um die ambitionierten Tilgungsziele zu erreichen, steht ein umfassender Ausverkauf von Unternehmensteilen an. Michael Baur, der für die Restrukturierung zuständige Vorstand, gab Einblicke in den Zeitplan. Noch vor Jahresende soll der Verkauf der niederländischen Tochter Cefetra finalisiert werden. Der erste Versuch einer Veräußerung war gescheitert, nun soll der Deal unter Dach und Fach gebracht werden, um mit dem Erlös weitere 600 Mio. EUR an Schulden zu begleichen.

Auch das Neuseeland-Geschäft steht zur Disposition. Im kommenden Jahr ist der Verkauf der Tochtergesellschaft Turners & Growers geplant, einem bedeutenden Betreiber von Apfelplantagen. Bis Ende 2028 sollen die Bankverbindlichkeiten auf ein tragfähiges Niveau von rund 1,3 Mrd. EUR sinken.

Diese strategische Neuausrichtung bedeutet faktisch eine Rückabwicklung der Expansionspolitik der vergangenen Dekade. Kern des Sanierungsprogramms ist der Rückzug aus dem internationalen Geschäft, das unter der Ägide des bis Frühjahr 2023 amtierenden Vorstandschefs Klaus Josef Lutz aufgebaut wurde. Künftig soll die Baywa wieder ein primär auf den deutschen Markt fokussiertes Handelsunternehmen sein.

Belegschaft schrumpft mit

Die geplante Verkleinerung des Konzerns wirdnatürlich auch Auswirkungen auf die Beschäftigungsstruktur haben. Während die Baywa Ende 2023 weltweit noch über 23.000 Menschen beschäftigte, könnte diese Zahl nach Abschluss der Sanierung auf etwa 8.000 sinken. Dies entspricht einer Reduktion der Belegschaft um rund zwei Drittel.

Für das Jahr 2028 visiert CEO Frank Hiller ein deutlich schlankeres Unternehmen an. '"Wir reden dann über eine Größenordnung rund 10 Milliarden Euro Umsatz, das wird ein leistungsfähiges Gebilde und regionaler Marktführer sein"', prognostizierte Hiller. Zum Vergleich: Im letzten gewinnbringenden Geschäftsjahr 2022 erzielte der Konzern noch einen Umsatz von über 27 Mrd. EUR. Auf dieses Rekordjahr folgten in den Jahren 2023 und 2024 jedoch hohe Verluste.

Kritik am Ex-Management

Der amtierende Vorstandschef fand deutliche Worte für die Verantwortung der früheren Führungsebene, ohne dabei explizit Namen zu nennen. '"Da ging es im Management wahrscheinlich weniger um die Firma, sondern eher um sich selber, muss man leider so feststellen"', kritisierte Hiller die fehlgeschlagene Expansionsstrategie.

Parallel zur Sanierung läuft eine interne Untersuchung, um mögliches Fehlverhalten ehemaliger Spitzenmanager und die Rolle der Aufsichtsräte zu beleuchten. '"Die Vorgehensweise ist generell immer so, dass zunächst mal der Aufsichtsrat feststellen muss, ob es vorstandsseitig irgendwelche Verfehlungen oder Pflichtverletzungen gab"', erläuterte Hiller das Prozedere. '"Und dann letztendlich muss in einem zweiten Schritt dann geprüft werden, ob die Aufsichtsratpflicht des Aufsichtsrats richtig wahrgenommen wurde."'

Die Ergebnisse dieser Prüfung sollen auf der Hauptversammlung im kommenden Jahr präsentiert werden. Je nach Ausgang könnten Schadenersatzforderungen im Raum stehen. Der Druck auf den Aufsichtsrat, dem unter anderem Bauernpräsident Joachim Rukwied und die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier angehören, wächst indes weiter. Sowohl der Bayerische Genossenschaftsverband als Hauptaktionär als auch diverse Aktionärsvereinigungen haben den langjährigen Kontrolleuren bereits den Rückzug nahegelegt

*** Update Ende


Die finanzielle Lage des Münchner Traditionskonzerns bleibt im laufenden Sanierungsjahr 2025 angespannt, wenngleich das Management operative Fortschritte vermeldet. In den ersten neun Monaten sank der Konzernumsatz um 22,2 % auf 9,6 Mrd. EUR im Vergleich zum Vorjahreswert von 12,3 Mrd. EUR.

Dieser signifikante Rückgang ist laut Unternehmensangaben jedoch zu mehr als der Hälfte auf Entkonsolidierungseffekte zurückzuführen, insbesondere durch den vollzogenen Verkauf der RWA (Raiffeisen Ware Austria). Bereinigt um diese strukturellen Veränderungen belasteten zudem gefallene Rohstoffpreise und Standortschließungen die Erlöse. Dennoch betont der Vorstand, dass die eingeleiteten Sparmaßnahmen greifen:

"Mit dem weiteren Ausrollen des Transformationsprogramms sowie zusätzlichen Effizienzsteigerungen im Einkauf und in der Logistik konnten substanzielle Fortschritte erzielt werden", heißt es im Quartalsbericht. Die Umsatzrentabilität habe sich verbessert, und das Vertrauen von Kunden und Lieferanten kehre zurück, was sich in gesteigerten Wareneingängen widerspiegele.

Kapitalerhöhung geglückt, Cefetra-Verkauf in neuer Runde

Ein zentraler Baustein des Sanierungskonzepts ist die Stärkung der Eigenkapitalbasis. Die BayWa AG konnte ihre Bezugsrechts-Barkapitalerhöhung abschließen und erlöste insgesamt rund 179 Mio. EUR. Dies entspricht einer Zeichnungsquote von fast 90 %, wobei die Ankeraktionäre bereits frühzeitig Aktien zeichneten, um Liquidität bereitzustellen. Dennoch enttäuschend, wenn man bedenkt mit welchem Abschlag zum damaligen Kurs die Aktien angeboten wurden.

Komplexer gestaltet sich hingegen der geplante Verkauf der Cefetra Group B.V., einer auf den internationalen Agrarhandel spezialisierten Tochter. Der ursprünglich im Juni 2025 unterzeichnete Kaufvertrag mit der First Dutch Group scheiterte, da die Käuferseite die Finanzierung nicht sicherstellen konnte. Nun befindet sich die BayWa in fortgeschrittenen Verhandlungen mit einer neuen Investorengruppe. Diese plant, den Kaufpreis mit Eigenkapital zu finanzieren und die bestehende Struktur zu übernehmen. Der Vorstand strebt den Vollzug noch im vierten Quartal 2025 an. Auch der Verkauf der "UNSER LAGERHAUS'' Warenhandelsgesellschaft m.b.H. schreitet voran; hier wurde das Signing bereits vollzogen.

US-Regulierung erzwingt Prognoserücknahme

Während die Sanierung in Europa voranschreitet, droht Ungemach aus den Vereinigten Staaten. Das Segment Regenerative Energien, lange Zeit ein Wachstumstreiber, steht unter Druck. Aufgrund verschärfter regulatorischer Rahmenbedingungen durch den sogenannten,"One Big Beautiful Bill Act''(OBBBA) in den USA musste der Vorstand die Ergebnisprognose für das Jahr 2025 zurückziehen. Grundsätzlich wurde das aber schon im September angekündigt.

Insbesondere drohen Steuervorteile für Projekte mit ausländischer Beteiligung wegzufallen. Zudem müssen Wind- und Solarprojekte bis Ende 2027 in Betrieb gehen, um Steuergutschriften zu erhalten. ''Die Prüfungen der möglichen Auswirkungen auf die Ergebniserwartungen für das laufende Geschäftsjahr 2025 dauern derzeit noch an'', so die Unternehmensführung. Der Umsatz in diesem Segment fiel um 17,6 % auf 2,4 Mrd. EUR, was auch auf einen Rückgang bei den Absatzmengen von Solarmodulen und Wechselrichtern zurückzuführen ist.

Gemischtes Bild in den Kernsegmenten

Im Segment Agrar drückten gute Ernten und hohe Lagerbestände weltweit auf die Preise für Weizen und Mais. Der Umsatz ging hier um rund 18 % auf 1,7 Mrd. EUR zurück.

Auch das Technik-Segment spürte die Investitionszurückhaltung der Landwirte. Die Zulassungszahlen für Traktoren in Deutschland sanken um 13,1 %. Zwar lief der Handel mit Gebrauchtmaschinen stabil, konnte aber das schwache Neumaschinengeschäft nicht kompensieren, was zu einem Umsatzminus von 12 % auf 1,4 Mrd. EUR führte.

Einen Lichtblick bot das Segment Global Produce. Dank einer überdurchschnittlichen Apfelernte in Neuseeland und guter Vermarktung in Asien stieg der Umsatz gegen den Trend um rund 4 % auf 704,1 Mio. EUR.

Im Baustoffhandel hingegen setzt sich die Branchenflaute fort. Trotz leichter Impulse durch Förderprogramme verharrt die Bautätigkeit auf niedrigem Niveau. Der Umsatz im Segment Baustoffe schrumpfte um 17,9 % auf 883,7 Mio. EUR.


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Konflikt mit der BaFin

Neben den operativen Herausforderungen beschäftigt das Unternehmen auch eine Auseinandersetzung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Behörde stellte Fehler im Konzernlagebericht 2023 fest und monierte, dass bestimmte Risiken nicht zutreffend dargestellt worden seien. Die BayWa hat hiergegen Widerspruch eingelegt. Der Vorstand argumentiert, dass aus der späteren Krisenentwicklung im Sommer 2024 nicht rückblickend auf eine fehlerhafte Berichterstattung zum damaligen Zeitpunkt geschlossen werden könne. Die Feststellungen sind somit noch nicht bestandskräftig.

Fazit

BayWa befindet sich Ende 2025 in einer entscheidenden Phase. Die Kapitalerhöhung und die Fortschritte beim Verkauf von Randbereichen verschaffen dem Konzern ein wenig Luft zum Atmen, aber ob es zum Überleben reicht ist noch unklar. Die operative Restrukturierung zeigt erste Früchte in Form besserer Margen, doch die Umsatzbasis bröckelt in fast allen Kernbereichen. Die Unsicherheit im US-Geschäft der erneuerbaren Energien hätte es on top nicht auch noch gebraucht, BayWa hatte schonso genug Probleme. Für die Anleger und Gläubiger bleibt entscheidend, ob der Cefetra-Verkauf wie geplant noch in diesem Jahr finalisiert werden kann, um die Liquiditätsziele der Sanierungsvereinbarung zu erfüllen.

Die BayWa-Aktie ist schwer zu beurteilen. Das Unternehmen kommt nur noch auf einen Börsenwert von 250 Mio. EUR, das wird im Zusammenspiel mit dem nominal hohen Umsatz des Konzerns immer wieder Zocker anziehen. Aber ob das jemals wieder eine interessante Investmentstory wird? Da darf man skeptisch sein.

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