Kommentar
14:30 Uhr, 05.02.2018

Bankaktien - wie die Amerikaner die Europäer alt aussehen lassen

Bankaktien werden in Europa immer noch gemieden wie die Pest. In den USA werden gerade wieder die Hochs aus 2007 erreicht. Woher kommt der große Unterschied?

Die Frage lässt sich in zwei Teilen beantworten. US-Banken sind profitabel. Sie sind wahre Geldmaschinen. In Europa sind sie es nicht. Man muss schon froh sein, wenn Banken hierzulande kein Geld verbrennen. Der US-Finanzsektor weist voll und ganz zu Recht eine Outperformance aus. Hier wird richtig Geld verdient. Aber wieso?

Es muss einem fast wie Finanzalchemie vorkommen. Seit geraumer Zeit sinkt der Zinsspread zwischen langfristigen und kurzfristigen Zinsen. Das ist eigentlich schlecht für Banken. Sie machen Geld durch Zinsdifferenzgeschäfte. Sie leihen sich bei der Zentralbank zum Leitzins kurzfristig Geld und verleihen es langfristig zu höheren Zinsen an Verbraucher und Unternehmen.

Der Spread sinkt nun seit Jahren. Mit dem immer kleineren Spread sollte auch die Marge fallen, tut sie aber nicht (Grafik 1). Tatsächlich können Banken in den USA seit Herbst 2014 ihre Nettozinsmarge wieder steigern. Dies ist gelungen, obwohl die langfristigen Zinsen wie bei Immobilienkrediten immer noch historisch niedrig sind.

Die Marge sollte eigentlich im Eiltempo in sich zusammenfallen. Bis 2013/14 gab es einen engen Zusammenhang aus Zinsspread und Marge der Banken. Heute ist das nicht mehr der Fall. Der Zusammenhang in früheren Jahren ist nicht immer sofort eindeutig erkennbar. Das liegt unter anderem daran, dass Banken Kredite mit festem Zinssatz z.B. mit einer Laufzeit von 10 Jahren begeben. Dieser Zinssatz ist dann eingeloggt - egal, ob sich das Zinsumfeld nun zum Besseren oder Schlechteren wandelt.

Fast 10 Jahre lang waren die Zinsen praktisch bei 0 %. Das Argument zieht also nicht mehr. Banken verdienen inzwischen also ganz anders Geld. Grafik 2 gibt einen gewissen Aufschluss darüber. Die Zinsen für Autokredite und Kreditkartenschulden bleiben auch im Niedrigzinsumfeld vergleichsweise hoch. Mit Autokrediten konnten Banken zuletzt wieder fast 6 % brutto verdienen. Mit Kreditkartenschulden sind es fast 15 %.

Banken vergeben seit Jahren kaum Immobilienkredite. Das Kreditvolumen stagniert in diesem Bereich. Stattdessen steigen die ausstehenden Kreditsummen, die Geld bringen (Kreditkarten, Auto). Die Zinsmarge konnte unter anderem durch diese Umschichtung gesteigert werden.

Inzwischen gibt es aber auch noch einen anderen Grund. Durch die Geldschwemme bauten US-Banken massive Überschussreserven auf. Die Summe beläuft sich auf über 2 Billionen Dollar. Werden diese bei der Notenbank geparkt, bekommen Banken dafür inzwischen pro Jahr 30 Mrd. an Zinsen.

In der Eurozone müssen Banken Milliardenbeträge an Strafzinsen zahlen. US-Banken verdienen hingegen an der hohen Liquidität. In Europa kämpfen Banken immer noch mit faulen Krediten und einem Mangel an Alternativen. Amerikanische Banken verdienen allein an Kreditkartenschulden 150 Mrd. pro Jahr. In Europa gibt es dieses System so nicht. Banken können also nicht einfach mehr Kredit in einem Bereich vergeben, der höhere Margen bringt. Sie sind überproportional von Immobilienkrediten abhängig und hier sinkt die Marge praktisch täglich.

Die Finanzalchemie in den USA ist nicht nur bloßer Schein. Ein bisschen Alchemie steckt aber dann doch darin. Die Überschussreserven werden sinken und Kreditkartenschulden sowie Autokredite haben höhere Ausfallquoten. Kühlt sich die Wirtschaft erst einmal ab, werden US-Banken stärker bluten als jene in Europa. Bis es soweit ist bleibt der US-Finanzsektor attraktiv.

Clemens Schmale

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    coole Analyse.....Alchemie bleibt es trotzdem.

    17:59 Uhr, 05.02.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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