Kommentar
08:31 Uhr, 07.07.2016

Bankaktien - das Megaschnäppchchen?

Ob Commerzbank, Deutsche Bank oder irgendeine andere Bank in Europa: die Kurse stehen nahe ihrer Allzeittiefs und teils deutlich unterhalb der Werte aus dem Jahr 2009. Ist das das Zeichen für Schnäppchen?

Die kurze Antwort lautet: Nein.

Aus fundamentaler Sicht bleiben die Probleme der europäischen Banken auf absehbare Zeit (Jahre) unverändert. Zu nennen sind da nicht nur die niedrigen Zinsen, die die Margen senken, sondern auch der nach wie vor kaum funktionierende Interbankenmarkt über Ländergrenzen hinweg.

Das Misstrauen unter den Banken ist nach wie vor groß. Solange die Banken in einigen Ländern (z.B. Italien) nicht von ihren faulen Krediten befreit oder kräftig rekapitalisiert werden, wird sich daran wenig ändern.

Die Profitabilität der Banken leidet in mehrfacher Hinsicht. Das klassische Kreditgeschäft, in dem es immer weniger Marge zu holen gibt, ist nur ein Faktor. Der andere sind die Geschäftsfelder, in denen sich Banken sonst noch betätigen.

Nach der Finanzkrise drängte die Regulierung Banken alle in eine Richtung. Vor der Finanzkrise gab es Investment-, Geschäfts- und Retailbanken. Inzwischen buhlen alle um die gleichen zwei Segmente – dem Geschäfts- und Privatkunden Kredit- und Anlagegeschäft.

Die Regulierung macht es unattraktiv, in anderen Bereichen tätig zu sein. Für den Geschäftsbereich Investmentbanking müssen Banken, je nach genauer Tätigkeit, deutlich mehr Eigenkapital halten als im Kreditgeschäft. In der Folge haben die meisten Banken ihr Investmentbanking entweder vollkommen eingestampft oder zumindest drastisch gestutzt. Die Einnahmen aus diesen Bereichen sind entsprechend eingebrochen.

Derzeit befinden sich fast alle Banken im Konkurrenzkampf um ein Segment, dem Kreditgeschäft. Die Regulation hat Banken quasi dazu gezwungen, während die Notenbanken durch Zinssenkungen die Margen in diesem Geschäft schmälerten.

Viele Banken sind trotz Einsparungen und Umstrukturierungen noch nicht dort, wo sie hinwollen. Dies gilt insbesondere für die Eigenkapitalquoten. Um Eigenkapital aufzubauen haben Banken zwei Optionen: sie behalten Gewinne ein oder führen Kapitalerhöhungen durch.

Da nun die Margen in dem Geschäftsbereich, in dem sich alle tummeln, klein sind, schreiben die meisten Banken zu wenig Gewinn, um ihre Kapitaldecke durch Gewinneinbehaltung zu stärken. Was bleibt, das sind Kapitalerhöhungen. Diese sind das Hauptargument dafür, dass Aktienkurse zwar derzeit günstig erscheinen, aber nicht günstig sind.

Um das Problem zu verdeutlichen genügt ein Blick auf die Deutsche Bank. Obwohl der Kurs der DB Aktie merklich unter den Tiefs aus dem Jahr 2009 steht, ist das Unternehmen keinesfalls günstiger zu haben als damals. Die Grafik zeigt, weshalb das so ist.

Vor der Finanzkrise hatte die Deutsche Bank eine Marktkapitalisierung von annähernd 60 Mrd. Euro. Mit fallenden Kursen fiel auch die Marktkapitalisierung. Sie fiel allerdings nicht so stark wie der Kurs. Deutlich wird dies im Vergleich der Jahre 2008/09 und 2016. Obwohl die Tiefstkurse aus den Jahren 2008/09 über den heutigen lagen, war die Marktkapitalisierung damals geringer. Das liegt daran, dass die Deutsche Bank vor der Finanzkrise gut 500 Mio. Aktien im Umlauf hatte. Durch die Kapitalerhöhungen seit 2009 hat sich die Anzahl der Aktien mehr als verdoppelt. Der Kurs der Aktie steht heute also niedriger, doch die Marktkapitalisierung ist höher, weil es mehr Aktien gibt.

Als Anleger weiß man nicht wie viele Kapitalerhöhungen in Zukunft noch stattfinden werden. Das ist ein großer Risikofaktor. Zudem sehen die Kurse optisch attraktiv aus, doch faktisch sind die meisten Unternehmen deutlich höher bewertet als 2008/09. Die trüben Aussichten, was die Möglichkeiten der Gewinnerwirtschaftung anbelangt, sind auch kein Argument sein Depot mit Bankaktien vollzuladen.

Nicht alle Bankaktien sind deswegen schlecht. Die Commerzbank-Aktie erreicht Kurse und das Unternehmen erreicht eine Marktkapitalisierung, die langsam wieder interessant werden. Wer investieren will, muss sehr genau auf das Einzelunternehmen achten. Der Bankensektor ist gesamthaft kein pauschaler Kauf – Kurssturz hin oder her.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Ein Humorist wer nicht bedenkt, das die Bank kein Geld verschenkt. Der Tiefstkurs stimmt den Käufer froh, doch leider ist's ein Griff ins Kloo. :-))

    09:52 Uhr, 07.07. 2016
  • nonu
    nonu

    Das Misstrauen unter den Banken ist nach wie vor groß. Solange die Banken in einigen Ländern (z.B. Italien) ???????nicht von ihren faulen Krediten befreit oder kräftig rekapitalisiert werden, wird sich daran wenig ändern.

    Lieber Clemens kläre doch mal die Deutschen Leser mit der Wahrheit auf wie es real um die

    DEUTSCHEN BANK steht oder ist eine Zensur in Deutschland aufgelegt worden?

    Wette,,,, das die nächste grosse Kernschmelze aus Deutschland kommt und nicht aus Italien !

    09:51 Uhr, 07.07. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • Mitdenker
    Mitdenker

    Na ja. Da das Modell Rettung durch Aktionäre und Kunden Schule machen wird, würde ich nie eine Aktie einer europäischen Bank kaufen..... Schon der Hammer... EZB = EU "zwingt" die Banken regelrecht Kredite zu vergeben und die Aktionäre und Kunden müssen es ausbaden..... Au Weia....

    09:13 Uhr, 07.07. 2016
  • Weißer Ritter
    Weißer Ritter

    Der Bankensektor "gesamthaft pauschal" kein Kauf - ach nee! Aber einzelne Banken evtl. durchaus. Wahrscheinlich am besten solche auf einer einsamen Insel ohne Internet mit Muschelgeld... Da kann ich nur sagen: Zugreifen Herr Schmale....!

    08:49 Uhr, 07.07. 2016
  • Vali44
    Vali44

    Ich möchte jedenfalls im aktuellen Umfeld kein Langfristinvestor oder Fondsmanager sein.

    Oft laufen die Kurse den Ereignissen voraus.

    Man darf gespannt sein, wann die erste Bank offiziell die Türen schliessen muss. Und was danach für ein Domino-Effekt ausgelöst werden könnte.

    Danke für den Beitrag.

    08:41 Uhr, 07.07. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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