Kommentar
07:36 Uhr, 21.10.2015

Bank an Kunde: Ich will dein Geld nicht!

Während der Finanzkrise waren Banken um jeden Euro oder Dollar dankbar, den Kunden auf ihren Konten beließen. Inzwischen ist das anders. Wer zu viel Cash bei der Bank hat wird mit Gebühren davon gejagt. Banken wollen das Geld ihrer Kunden nicht mehr.

In Europa denken viele Banken noch darüber nach, ob und in welcher Höhe sie Gebühren für große Einlagen von Privatpersonen und Unternehmen erheben wollen. In den USA kommen immer mehr Banken auf den Geschmack, genau das zu tun: Gebühren auf Einlagen zu erheben. JP Morgan scheint dies in Einzelfällen bereits zu tun und konnte so die Einlagensumme um 150 Mrd. Dollar senken. Wie das Wall Street Journal berichtet, geht diesen Weg nun auch State Street, einem großen Asset Manager für institutionelle Investoren.

Während der Finanzkrise suchten Banken händeringend nach Einlagen. Banken müssen ihre Assets (vor allem Kredite) refinanzieren. Das geschieht über den Interbankenmarkt und die Zentralbank auf der einen und Kundengelder auf der anderen Seite. Je höher die Kundeneinlagen sind, desto geringer ist der Betrag, den Banken über die Zentralbank refinanzieren müssen.

Die Anpassung der Regulation nach 2008 hat dazu geführt, dass Banken nun relativ hohe Reserven für Bareinlagen (sofort oder innerhalb sehr kurzer Zeit verfügbares Geld auf dem Konto) halten müssen. Für Einlagen von Unternehmen müssen bis zu 40% und für Hedgefonds bis zu 100% als Reserve gehalten werden. Hat ein Unternehmen z.B. 10 Mrd. auf dem Konto, dann muss die Bank 4 Mrd. davon sofort verfügbar haben. Sie kann das Geld daher nicht für die Vergabe von langfristigen Krediten verwenden. Stattdessen müssen die Reserven sehr schnell verfügbar sein. Praktisch heißt das, dass Banken das Geld maximal verwenden können, indem sie es in sichere und hoch liquide Staatsanleihen stecken.

Gerade Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit bringen derzeit keine Zinsen mehr. In den USA sind die kurzfristigen Zinsen auf 0% gefallen. In Europa sind sie in vielen Ländern bereits negativ. Für Banken ist es profitabler, die hohen Kundeneinlagen abzuweisen. Sie tun das nicht direkt, sondern erheben hohe Gebühren, um die Kunden von alleine dazu zu bewegen, eine andere Bank zu suchen.

Kunden wollen mehr Cash halten. Privatpersonen, die Risiko scheuen, halten lieber Bargeld als Aktien zu kaufen oder eine minimale Rendite bei Anleihen zu erhalten. Unternehmen, gerade US Unternehmen, sitzen auf riesigen Cashbeständen, die nicht investiert werden. Ihnen erscheint es nicht lukrativ genug zu investieren und horten lieber Bargeld.

Bankkunden wollen immer mehr Bargeld halten, Banken wollen genau das Gegenteil, weil es ihren Gewinn reduziert. Zu hohe Einlagen bringen nur Kosten und keinen Gewinn. Dieses Spannungsfeld ist von Zentralbanken durchaus gewollt. Es soll Banken dazu bewegen, mehr Kredite zu vergeben und Unternehmen und Privatpersonen bewegen, Geld auszugeben oder zu investieren.

Das mit der Kreditvergabe funktioniert nicht besonders gut. Seit 2008 ist die Gesamtsumme an Bankkrediten von 6,8 auf 7,8 Billionen gestiegen, doch im gleichen Zeitraum sind die Einlagen von 8 auf 11 Billionen angewachsen. Die Kredite machen also 71% der Einlagen aus. Vor der Krise lag der Prozentsatz bei 91%.

Banken vergeben nur wenig neue Kredite. Sie achten sehr viel mehr auf die Bonität der Kunden als vor der Krise. Diejenigen, die eine sehr gute Bonität haben, sind oft jene, die ohnehin hohe Einlagen haben und nicht unbedingt einen Kredit brauchen. Unternehmen wiederum finanzieren sich vor allem über den Anleihenmarkt. Einlagen sind hingegen bei Banken geparkt.

In den USA kommt noch eine Besonderheit hinzu. Banken geben einen Großteil ihrer Immobilienkredite an Fannie Mae und Freddie Mac (und damit indirekt an den Staat) ab. Würden Banken diese Kredite selbst halten, dann läge das Kreditvolumen nicht bei 7,8, sondern bei 12,8 Billionen. Banken wollen die Kredite allerdings nicht selber halten. Knapp 4 Billionen an Immobilienkrediten sind Risiko genug.

Die Lage ist verzwickt. Es ist auch vielsagend, dass Banken jetzt erst beginnen, Gebühren zu erheben. Würden Banken an die Zinswende in den USA glauben, dann würden sie jetzt nicht beginnen, Kunden durch Gebühren zu verjagen.
Wenn die Zinsen in den USA nicht steigen, dann werden immer mehr Banken Gebühren erheben. Kunden müssen sich andere Möglichkeiten suchen, um ihr Geld unterzubringen. Bisher haben sie es nicht ausgegeben und auch Gebühren werden wohl nicht dazu führen. Wer weiß, vielleicht verursachen Banken einen Bank-Run, weil sie ihre Kunden durch Gebühren verjagen und diese dann lieber echtes Cash halten wollen.

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4 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Cold hard Cash?? DA glaubt niemand an eine Zinserhöhung, anscheinend sogar nicht zu X-MAS sonst würde Gold nicht so "gut" dastehen.

    21:14 Uhr, 21.10. 2015
  • steakholder
    steakholder

    youtube links schienen nicht zu gehen, schade dann eben so:

    (Y) outube.com/watch?v=jt377DV2BKs

    Name 8youtube suche): Fed Audit Shocker: They Come from Planet Klepto

    15:45 Uhr, 21.10. 2015
  • steakholder
    steakholder

    Problematisch ist auch, dass die Banken selbst ihre Liquidität verringern indem 'Excess Reserves' in enormen Ausmaßen bei der FED gehalten werden.

    erklärender Chart: https://research.stlouisfed.org/fred2/series/EXCSR...

    tiefer gehendes Video:

    15:42 Uhr, 21.10. 2015
  • fehu001
    fehu001

    Mein Broker nimmt mein Geld aber gerne an.

    12:43 Uhr, 21.10. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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