Kommentar
09:44 Uhr, 27.05.2022

Bärenmarktrally dank Fed gestartet?

Die vergangenen Wochen waren für den US-Aktienmarkt brutal. Die kommenden dürften wahrscheinlich besser werden.

In dieser Woche habe ich viel über den laufenden Bärenmarkt geschrieben und wie trickreich er sein kann. Will man die Aussagen kurz und knapp zusammenfassen, kommt dies dabei heraus: Wir sind im Bärenmarkt, doch eine kurzfristige Erholung ist wahrscheinlich. Seit Mittwoch ist diese Erholung noch wahrscheinlicher geworden. Die großen Tagesgewinne am Donnerstag zeugen davon. Zunächst aber ein Blick auf die vergangenen Wochen. Sieben Wochen lang ging es für den S&P 500 bergab. Das ist eine sehr lange Verlustserie. Die letzte Verlustserie, die länger dauerte, geht auf das Jahr 2001 zurück (Grafik 1). In über 130 Jahren Historie gab es nur 14 Verlustserien, die länger oder gleichlang waren.


Eine Verlustserie ist per se kein Grund für eine Rallye. Intuitiv hat man das Gefühl, dass es nach einer so langen Verlustserien auch wieder einmal bergauf gehen muss und historisch war die längste Serie acht Wochen lang. Tatsächlich liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Woche bzw. Wochen positiv verlaufen, nur minimal über dem Durchschnitt. Die Chance, dass der Markt in vier Wochen höher steht, liegt bei 70 %. Betrachtet man alle Perioden, liegt die Wahrscheinlichkeit bei knapp 60 % (Grafik 2).

Blickt man drei, sechs oder zwölf Monate in die Zukunft, ist die Chance für eine positive Performance nach einer Verlustserie geringer als im Gesamtdurchschnitt. Das kann man so interpretieren: Irgendwann ist der Markt so überverkauft, dass eine Gegenbewegung einsetzt. Für die Verlustserie gab es jedoch einen Grund, der nicht verschwunden ist. Nach der Gegenbewegung ist mit weiteren Verlusten zu rechnen.

Immerhin liegt die Performance kurzfristig auf überdurchschnittlichem Niveau (Grafik 3). Gigantische Kursbewegungen nach oben sind jedoch nicht zu erwarten. Aktuell trifft ein überverkaufter Markt auf gute Neuigkeiten von der US-Notenbank. Der überverkaufte Markt hat nur auf ein Signal gewartet und nun ist es gekommen.


Das Protokoll der letzten Notenbanksitzung ließ erkennen, dass nach zügigen Zinserhöhungen bis Juli oder September eine Neubeurteilung der Lage vorgenommen wird. Bisher hatten Anleger Angst, dass die Fed die Zinsen anhebt, komme, was wolle. Anleger glaubten nicht daran, dass der Fed an Wirtschaftswachstum gelegen ist. Vielmehr wurde vermutet, dass die Inflationsbekämpfung das oberste und einzige Ziel ist. Entsprechend wurden Zinsanhebungen erwartet, selbst wenn eine Rezession droht.

Diese Angst wurde Anlegern genommen. Manche Notenbanker sprechen sich nach September für eine Pause aus, andere beschrieben es so: Selbst Feuerwehrautos im Einsatz fahren an Kreuzungen langsamer.

Ob die Fed ab September wirklich langsamer fährt, wird man sehen. Es hängt alles an der Inflationsentwicklung. Kurzfristig sorgen die Aussagen und das Protokoll für Erleichterung. Bis vor kurzem kannten die Zinserwartungen nur die Richtung nach oben. Aktuell fallen die Erwartungen, für Juli leicht und für Dezember 2022 sogar merklich. Bis Dezember wird inzwischen ein Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten weniger erwartet als noch vor wenigen Tagen (Grafik 4).


Damit verschafft die Fed Anlegern und der Wirtschaft etwas Luft. Die Lage hatte sich nicht nur am Aktienmarkt zugespitzt, sondern auch auf dem Anleihe- und Kreditmarkt. Bei gleichbleibend hohem Tempo wäre in wenigen Wochen eine Rezession nicht mehr abzuwenden gewesen. Jetzt dürfte sich die Lage am Finanzmarkt etwas entspannen. Damit steht einer Bärenmarktrallye wenig im Wege. Anleger sollten im Kopf behalten, dass ein Rebound keine Trendwende ist. Bärenmarktrallyes können den Markt jedoch problemlos 10 % und mehr nach oben treiben, bevor die Kurse wieder nach unten drehen.

Clemens Schmale


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  • phaidros54
    phaidros54

    Sg Hr Schmale,

    Frage zu Ihren Berechnungen bzgl. Trefferquote und Performance nach Verlustserie:

    Wie ist "Verlustserie" definiert?

    Mindestens 1, 2, 3, 4, ... Wochen abwärts?

    Hab ich was überlesen?

    Danke & MfG

    gez. Dr. U. Meßmer

    10:56 Uhr, 27.05.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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