Kommentar
07:52 Uhr, 03.02.2016

Bärenmarkt? Entscheidung steht an!

Mitte Januar war noch klar: Es kommt ein Bärenmarkt. Nach den Zinsentscheiden der EZB, der US-Notenbank und der Bank of Japan scheint nun wiederum vollkommen eindeutig zu sein: Der Bullenmarkt geht weiter. Diese Woche kommen daran wieder Zweifel. Was gilt denn nun?

So schnell kann sich die Lage an den Börsen ändern. Nach einer eher neutralen Haltung Ende 2015 kam Anfang 2016 schnell Panik auf. Das Sentiment wurde stark bärisch. Nicht einmal einen Monat später sieht die Lage wieder anders aus. Die Hoffnung auf eine Fortsetzung des Bullenmarktes ist groß, bröckelt jedoch auch schon wieder.

Während sich die Gefühlslage schnell ändert und der kurzfristige Trend rasch wechselt, steht die Entscheidung auf höherer Zeitebene noch aus. Die Märkte befinden sich derzeit genau auf der Schaltstelle zwischen dem Ende einer Korrektur und dem Beginn eines Bärenmarktes. Das zeigt sich insbesondere anhand zweier Indikatoren: den Leerverkäufen und der Spekulation auf Kredit.

Grafik 1 zeigt den Prozentsatz leerverkaufter S&P 500 Aktien. Nachdem Shortpositionen lange Zeit nicht besonders beliebt waren steigt das Short Interest seit dem dritten Quartal 2015 rasch an. Von Ende 2013 bis Mitte 2015 war das Volumen leerverkaufter Aktien so niedrig wie lange nicht. Diese Phase ging mit einem extrem robusten Aufwärtstrend einher.

Als sich die Leerverkäufe auf niedrigem Niveau zu stabilisieren begannen hörten Aktien auf zu steigen. Seitdem das Short Interest ansteigt korrigiert der Markt heftig. Inzwischen haben die Leerverkäufe wieder einen Bereich erreicht, den wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Im Januar übertrafen die Leerverkäufe das Niveau aus dem Jahr 2011 als der Markt einen kurzen, aber starken Einbruch verzeichnete.

Der Anstieg des Short Interest seit einem Dreivierteljahr ist für eine bloße Korrektur inzwischen zu deutlich. Die Dauer und das Ausmaß des Anstiegs deuten auf mehr als eine einfache Korrektur hin. 2011 und 2012 war der Spuk schnell wieder vorbei. Die jeweiligen Anstiege dauerten zwei bis drei Monate. Verfolgt man das Short Interest weiter zurück, dann gehen Korrekturen Hand in Hand mit einem Anstieg der Leerverkäufe in einem Zeitrahmen von 2 bis 6 Monaten. Das wurde inzwischen deutlich überschritten. Zu der Regel gab es bisher nur eine Ausnahme. Das war 1997/98. Die Leerverkäufe stiegen über ein Jahr lang an. Das Ganze entlud sich dann in einer kurzen, aber heftigen Korrektur im Rahmen der Asienkrise. Der Bullenmarkt ging danach ungebrochen weiter bis zum Jahr 2000.

Der zweite Indikator, die Margin Debt, bewegt sich ebenfalls auf einem Niveau, welches zwischen dem Ende einer Korrektur und der Fortsetzung eines Bärenmarktes liegt. Grafik 2 zeigt die Margin Debt der New Yorker Börse. Sie erreichte im April 2015 ein Hoch bei 511 Mrd. USD. Bis Dezember 2015 sank sie auf 461 Mrd.

Bereits 2014 ging die Margin Debt kurzfristig zurück. Es reichte jedoch nicht, um den Markt zu einer ausgedehnten Korrektur zu zwingen. Die Lage normalisierte sich Anfang 2015. Es fand ein regelrechter Exzess statt. Das sieht ganz stark nach einem letzten Aufbäumen des Marktes vor dem Bärenmarkt aus.

Besonders interessant ist der Rückgang im Dezember. Mit einem Rückgang von 2,4 % war er außergewöhnlich groß. Normalerweise steigt die Margin Debt im Dezember im Zuge der Jahresendrallye. Wie man es dreht und wendet, die Optik ist schief. Argumente für eine Fortsetzung des Bullenmarktes fehlen an allen Ecken und Enden.
Die Margin Debt und auch das Short Interest sind Indikatoren, die normalerweise relativ klare Trends ausweisen. Ist ein Trend eingeschlagen, dann setzt er sich mittel- bis langfristig fort. Eine Rückkehr der Marktteilnehmer zur Spekulation auf Kredit scheint relativ unwahrscheinlich. Der Markt ist einerseits angeschlagen, andererseits ist das Risiko aufgrund der US Zinswende relativ groß. Ein einmal eingeschlagener Abwärtstrend dauert in der Regel 2 Jahre. Knapp die Hälfte davon hat der Markt bereits absolviert.

Die Entscheidung über einen Bärenmarkt steht an. Vieles deutet auf einen Bärenmarkt hin. Die Lage ist jedoch noch nicht eindeutig. Der Markt befindet sich genau in diesen Wochen an der Schaltstelle. Der Trend der kommenden Monate und vielleicht sogar Jahre wird jetzt entschieden. Für Anleger ist das eine der schwierigsten Phasen überhaupt. Es gilt wachsam zu bleiben, denn wenn die Entscheidung fällt, geht es schnell in die eine oder andere Richtung.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

3 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • dschungelgold
    dschungelgold

    BOEH......da rennt er der Bulle

    11:04 Uhr, 03.02.2016
  • Morningstar
    Morningstar

    Wann fängt bei Ihnen bitte der Bärenmarkt an bei unter 8500? Die Lage ist noch nicht eindeutig? Vielleicht sollten sie sich mal die Kurse der europ. Bankaktien, die zugehörigen CDS und unsere Bondmärkte ansehen. Es brennt lichterloh, Asien, Brasilien, Russland und die Daten aus den USA sind auch keine Erleuchtung. Wie lange hat der Kursaufschwung nach BoJ gedauert?

    09:26 Uhr, 03.02.2016
    1 Antwort anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
Follower
Folgen

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten