Kommentar
17:05 Uhr, 07.04.2021

Autoindustrie in Produktionshölle

2021 sollte alles besser werden. Einerseits ist ein Ende der Pandemie absehbar, andererseits haben Konsumenten viel gespart und warten nur darauf Geld auszugeben. Viele Branchen werden davon profitieren. In Ländern, in denen Lockdowns beendet werden, findet oft ein regelrechter Ansturm auf Geschäfte statt. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um Möbel, Bekleidung oder Dienstleistungen handelt. Die aufgestaute Nachfrage ist groß und sobald Konsum wieder möglich ist, findet dieser auch statt. Das würde auch für die Autoindustrie gelten. Das Problem: Sie kann nicht produzieren wie sie will. Die Produktion brach wegen des Lockdowns vor einem Jahr ein. Im April 2020 wurden in den USA nur noch 1.700 Fahrzeuge produziert. In Deutschland waren es immerhin gut 11.000. Nach dem Ende des ersten Lockdowns erholte sich die Produktion schnell. In den USA wurden im Juli sogar so viele Autos produziert wie seit Jahren nicht mehr. Das erwies sich letztendlich als Strohfeuer. Es liegt jedoch nicht an mangelnder Nachfrage, dass seither immer weniger produziert wird.


Seit Sommer 2020 hat sich die Produktion in den USA fast halbiert. Ähnlich sieht es in Deutschland aus. Es fehlt an wichtigen Komponenten. Chips sind Mangelware. Autobauer schätzten die Lage vor einem Jahr falsch ein und bestellten weniger Halbleiter. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Gütern wie Computern, Tablets und Smartphones. Der Homeoffice-Boom und der Mangel an Konsumalternativen ließ die Nachfrage rasant ansteigen.

Da Autobauer nicht bestellten, haben andere den Vorrang. Dieser Vorrang nutzt nicht allen. Die Produktionskapazitäten sind überall knapp. Im Durchschnitt vergehen zwischen der Bestellung und der Lieferung von Halbleitern inzwischen vier Monate.

Das sind lange Wartezeiten, die bisher nur 2018 kurzfristig erreicht wurden. Die Gründe für den Anstieg 2018 waren andere als heute. Unter anderem der beginnende Handelskrieg zwischen den USA und China führte dazu, dass chinesische Firmen aufkauften, was sie konnten.

Exportbeschränkungen von bestimmten Chips und Maschinen, um Halbleiter herzustellen, verschärfen nun die Situation. China hat Kapazitäten, doch Maschinen aus den USA können nicht importiert werden. Dank des Handelskrieges produziert China weniger als es könnte. Die Kapazitäten fehlen nun global und es trifft auch die USA.

Aktuell sind es vor allem die Autobauer, die leiden. Ihnen entgehen nicht nur Verkäufe. Das allein ist natürlich ärgerlich. Die Nachfrage ist robust und nach einem schwierigen Jahr mit Umsatzrückgängen wäre ein gutes Jahr mit Wachstum willkommen. Die Engpässe führen nicht nur zu Produktionskürzungen und geringeren Verkäufen, sondern auch zu erheblichen Mehrkosten. Werke regelmäßig hochzufahren, nur um die Produktion drei Wochen später wieder auszusetzen, ist nicht effizient.

Die ganze Lieferkette, die auf Just-in-time Produktion ausgelegt ist, kommt durcheinander. Die Autoindustrie ist, wenn alles läuft, sehr effizient. Große Lagerbestände gibt es nicht. Aktuell ist die Produktionsmenge schlechter planbar. Mehr Kapital wird gebunden.

Die Autos, die hergestellt und exportiert werden, können aktuell nicht im gewohnten Tempo geliefert werden. Chaos und Knappheit im Schiffsverkehr lässt das nicht zu. Für Autobauer wird 2021 nicht leichter als 2020. Anleger dürften mehr als einmal von den Auswirkungen auf die Geschäftszahlen überrascht werden.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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