Auswuchernde Verschuldung - Kalifornien vor der Pleite?
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In der ökonomischen Theorie der Demokratie von Anthony Downs werden Politiker und ihre Parteien als Organisationen zur Stimmenmaximierung auf dem Wählermarkt aufgefasst, deren einziges Ziel darin besteht, sich ein Maximum an Wählerstimmen zu sichern. Die ökonomischen Modelle weisen nach, dass nachhaltiges Wirtschaften und die Beachtung volkswirtschaftlicher Grundprinzipien für die Erreichung dieses Ziels bedeutungslos sind. Die Theorie geht davon aus, dass es im politischen Kräftefeld einen Kampf um die Ämter gibt. Politische Entscheidungen werden als Nebenprodukt angesehen. Das Ziel der Politiker ist es, ihre Wiederwahl zu sichern und ihren eigenen Vorteil zu maximieren. Die stetig steigende Verschuldung vieler Staaten wird als Folge dieses Handelns begründet.
Steigende Staatsverschuldung Unter www.steuerzahler.de ist die Schuldenuhr vom Bund deutscher Steuerzahler sehen. Die Staatsverschuldung in Deutschland beträgt demnach pro Kopf derzeit 18.619 Euro. Jede Sekunde wächst die Staatsverschuldung der Bundesrepublik um 4.439 Euro. Etwa ein Fünftel der durch den Bund aufgenommen Kreditsumme geht schon wieder für die Zinszahlungen des Bundes an seine Gläubiger drauf, d.h. den Kreditverpflichtungen kann nur noch durch die Aufnahme neuer Kredite nachgekommen werden.
Schuldenstand im Verhältnis zum BIP In Deutschland betrug die Staatsverschuldung zum Ende des Jahres 2008 fast zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Dass es andere Staates verstehen, noch unvernünftiger zu wirtschaften, zeigen Japan oder Italien mit Schuldenständen von 183% und 103% des BIP. Die USA lagen Ende 2008 bei einem Wert von 65,6%, wobei in diesen Wert die jüngsten US-Konjunkturprogramme noch keinen Eingang gefunden haben.
Bisherige Staatsbankrotte Ähnlich wie ein Unternehmen kann auch ein Staat zahlungsunfähig werden. Der Staat kann dann seine Schulden nicht mehr bedienen. Staatsbankrotte waren in der Vergangenheit meist auf die Überschuldung von Staaten zurückzuführen. Im Umfeld der Russlandkrise erklärte die russische Regierung 1998 die Restrukturierung von Zins- und Tilgungszahlungen von Staatsanleihen im Volumen von 13,5 Mrd. USD, was einem Ausfall dieser Anleihen gleich kam. Argentinien erlag im Jahr 2002 einem Staatsbankrott. Island ist durch die Finanzkrise de facto zahlungsunfähig geworden. 2008 mussten die drei größten Banken des Landes verstaatlicht werden, die kaum glaubliche 900% des BIP als Schulden angehäuft hatten. Ende letzten Jahres gab die isländische Regierung dann bekannt, eine fällige Anleihe einer der verstaatlichten Banken nicht mehr zurückzahlen zu können.
Die nächsten Pleitekandidaten Mit Hilfe sogenannter Versicherungsprämien gegen das Ausfallrisiko von Schuldnerländern können sich Gläubiger gegen Staatsbankrotte absichern. Nach diesen Prämien ist die Wahrscheinlichkeit für Staatsbankrotte in der Ukraine, Argentinien und Rumänien derzeit am höchsten.
Kalifornien ruft Finanznotstand aus
Mit einem Anteil von etwa einem Siebtel am gesamten US-Bruttoinlandprodukt ist Kalifornien der wichtigste Industrie- und Handelsstaat der USA und für sich genommen die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt. Kalifornien steht derzeit vor der Zahlungsunfähigkeit und musste jüngst den Finanznotstand ausrufen. Fast sämtliche öffentlichen Bauvorhaben wurden gestoppt. In der Haushaltskasse fehlen bis Ende Juni 2010 derzeit 40 Mrd. US-Dollar, weshalb Zahlungen an Schulen, Universitäten und Kranke aufgeschoben wurden. Hinzu kommen Gehaltskürzungen und Zwangsurlaub bei öffentlichen Bediensteten. Einzelne Städte meldeten bereits Insolvenz an. Die endgültige Zahlungsunfähigkeit Kaliforniens wäre der größte Staatskollaps seit dem Zweiten Weltkrieg.
Kalifornien hat Strukturprobleme Kalifornien kann sich über den Anleihemarkt kaum noch Gelder beschaffen, da der Bundesstaat infolge der desaströsen Budgetlage mittlerweile die schlechteste Kreditwürdigkeit in den USA überhaupt hat. Die globale Finanzkrise hat den Sonnenstaat durch den Zusammenbruch des kalifornischen Häusermarktes nach Jahren des Immobilienbooms besonders stark getroffen. Das veraltete Steuersystem lässt eine Haushaltsverabschiedung nur mit einer Zweidrittelmehrheit zu, so dass die politische Handlungsfähigkeit des österreichischen Terminators gering ist. Eine Obergrenze für staatliche Ausgaben gibt es bis heute nicht und Einschnitte in einen laufenden Haushalt lassen sich nur schwer umsetzen. In den letzten zwei Jahren hat sich die offizielle Arbeitslosigkeit von unter 5,0% auf derzeit 9,3% fast verdoppelt.
Staatspleite ausgeschlossen Kalifornien wird man niemals Pleite gehen lassen. Eine derartige Staatspleite würde Dämme brechen lassen, welche die Geister von Lenin und Marx aus ihrer Mottenkiste herausholen würde und den Kapitalismus und den globalen Kapitalmarkt in seiner Funktionsfähigkeit als Ganzes gefährden würde. Ein derartiger Staatskollaps wäre mindestens so verheerend wie eine Bankenpleitewelle, die jüngst durch die Aufwendung enormer finanzieller Mittel noch einmal abgewendet werden konnte.
Notanleihen zur Finanzierung Eine langfristige Lösung könnte darin bestehen, dass die kalifornische Regierung Notanleihen emittiert, falls herkömmliche Wege der Kreditbeschaffung wegen der Finanzkrise und der schlechten Bonität nicht mehr gegangen werden können. Im Zweifel werden dann die US-Regierung und damit der US-Steuerzahler für die Zahlungsfähigkeit Kaliforniens gerade stehen.
Schuldeninflation als Lösung Die einfachste Möglichkeit der Staatsverschuldung beizukommen ist die Inflationierung der Schulden. Mit ihrer Geldschwemme, die zu einem Geldmengenwachstum mit der Geschwindigkeit einer sich vermehrenden Bakterienkultur geführt hat, hat die US-Notenbank dafür bereits die Grundlage geschaffen. Der Profiteur der Inflation wird zukünftig der US-Staat sein, da der Realwert der Verschuldung wegen der Inflation deutlich abnehmen wird. Die größten Verlierer werden wie immer die Inhaber von Geldvermögen und festverzinslichen Wertpapieren wie Staats- oder Unternehmensanleihen sein, deren Vermögen durch die Inflation entwertet werden. Die ökonomische Theorie der Demokratie von Anthony Downs wird dann mal wieder ihre empirische Bestätigung finden.
Jens Lüders
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