Ausblick Schwellenländeranleihen: Weniger bekannte Unbekannte 2020
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In einem Umfeld der wirtschaftlichen Abkühlung wachsen die Schwellenmärkte immer noch am schnellsten
Die Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das weltweite Wirtschaftswachstum im Jahr 2020 lag Ende 2018 noch bei 3,7 % und wurde Ende 2019 auf 3,4 % nach unten korrigiert. Allerdings entfällt der größte Teil der Verlangsamung auf die Industrieländer. Somit vereinen die Schwellenländer einen immer größeren Anteil der Weltwirtschaft auf sich.
Der IWF nennt den zögerlichen Handel als wichtigen Grund für die Abkühlung. Wir erwarten 2020 keine umfassende Lösung für die Unausgewogenheiten im Handel zwischen den USA und China, aber sicherlich werden gewisse Fortschritte erreicht. Es könnten sich jedoch weitere Gräben auftun, etwa zwischen den USA und Europa. Je mehr der Handel bei den Industrieländern in Stocken gerät, desto wichtiger dürften die Verbindungen zwischen Schwellenländern werden.
Wahlen sorgten 2018 für Störungen, während sie 2019 eher konstruktive Ergebnisse hervorbrachten, beispielsweise in der Ukraine, in Indonesien und Indien. Für 2020 sind wenige Wahlen geplant, was für eine gewisse politische Stabilität sorgen dürfte. In manchen Ländern könnte es vorgezogene Neuwahlen geben, etwa im Libanon oder Irak.
Die Schwellenländer bieten vielfältige Risiko-Rendite-Profile
Mit Stand von Ende 2019 bot Afrika mit die höchsten Renditen bei Staatsanleihen und die größten Renditespreads. Und Angola gehört zu einer Reihe afrikanischer Länder, die sich auf dem Weg zu Reformen befinden. Die sambianische Regierung arbeitet mit Blick auf die Wahlen 2021 gemeinsam mit dem IWF an einem Ausbau der Währungsreserven. Die ghanaische Regierungsbilanz zeigt bislang eine überdurchschnittlich gute Finanzdisziplin, während das Land auf die Parlamentswahlen im Dezember 2020 zusteuert. In Mosambik ebnete die Wiederwahl des Präsidenten Filipe Nyusi den Weg für eine lange erwartete Umschuldung. Dies soll der mosambikanischen Offshore-Gasgewinnung, die in den nächsten zehn Jahren einen grundlegenden Wandel hervorrufen dürfte, Starthilfe geben.
Der jüngste Haushalt von Südafrika hingegen war nicht gerade gelungen und eine Lösung für die staatlich garantierten Schulden des nationalen Stromversorgers scheiterte (erneut). Die hohen Kosten für die Ölproduktion in Nigeria und das ungenügende nicht auf Öl basierende Wachstum hindern das Land gemäß unserer Analyse daran, sein Potenzial zu verwirklichen. Außerdem belastet der an den US-Dollar gekoppelte Wechselkurs des äthiopischen Birr das Wirtschaftswachstum.
Einige der wertvollsten Anleihen stammen aus asiatischen Schwellenländern, aber die Renditespreads gegenüber Industrieländern sind klein. Die Aufnahme von China in die wichtigsten Indizes für Lokalwährungsanleihen wird ein wichtiges Ereignis darstellen. Sie wird im Februar 2020 beginnen, aber wahrscheinlich wird die Beteiligung der internationalen Anleger anfangs schwach sein.
In manchen anderen asiatischen Märkten ist Kontinuität entscheidend: 2019 wurde der indische Premierminister Narendra Modi wiedergewählt. Es ist zu hoffen, dass sein Liberalisierungsansatz dem stotternden Wachstum des Landes neuen Anschub geben kann. Auch in Indonesien warten unerledigte Aufgaben auf den wiedergewählten Präsidenten Joko Widodo. Größte Dringlichkeit haben der Ausbau der Infrastruktur, die Finanzdisziplin und höhere Sozialausgaben.
In Lateinamerika dürften die Schlagzeilen Anfang 2020 von der argentinischen Umschuldung beherrscht werden. Der designierte Präsident Alberto Fernández wird bei den Neuverhandlungen über die ausstehenden Staatsanleihen möglicherweise neue Wege beschreiten. Er könnte nämlich zunächst versuchen, die von privaten Anlegern gehaltenen Anleihen umzustrukturieren, bevor er beim IWF ähnliche Bedingungen beantragt. Üblich ist die umgekehrte Reihenfolge.
Die Krise in Venezuela wird sich wahrscheinlich fortsetzen, solange Präsident Nicolás Maduro an der Macht bleibt. Doch nachdem die US-Politik 2019 mit Sanktionen scheiterte, könnte sie 2020 einen anderen Weg einschlagen. Brasilien fährt derweil mit einer verwässerten Version der Rentenreform des Präsidenten Jair Bolsonaro fort, die ausreicht, um eine unmittelbare Krise zu verhindern, aber laut unserer Analyse nicht geeignet ist, den brasilianischen Staatshaushalt langfristig auf eine stabile Grundlage zu stellen.
Sind 2020 die Industrieländer der Unsicherheitsfaktor für die Schwellenländer?
Im Jahr 2020 könnten Ereignisse in Industrieländern für eine mögliche Volatilität der Schwellenländer entscheidend sein. Bei den US-Staatsanleihen sind vor den Präsidentschaftswahlen Turbulenzen zu erwarten und die Finanzmärkte haben ihre Anfälligkeit gegenüber den Handelsgesprächen zwischen den USA und China bereits unter Beweis gestellt. Außerdem könnte in Europa die Abkühlung bei traditionellen Wachstumsmotoren wie dem deutschen verarbeitenden Gewerbe einen Dominoeffekt auf die europäischen Schwellenländer entfalten.
In den meisten Schwellenmärkten ist unserer Ansicht nach klarer, wohin die Reise geht. Daher werden wir uns 2020 darauf konzentrieren, die von uns verwalteten Portfolios von der Volatilität der Schwellenmärkte abzuschirmen, während wir die höheren Renditen und vielfältigen Chancen der Schwellenmärkte nutzen.
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