Kommentar
09:30 Uhr, 30.07.2018

Aufschwung bis 2030?

Alle warten auf den Abschwung und eine Rezession. Trotz aktuellen hohen Wachstums sind sich viele sicher, dass wir in den nächsten 2 Jahren eine schrumpfende Wirtschaft sehen werden. Irrt die Mehrheit vielleicht?

Allein schon die Dauer des Aufschwungs ist suspekt. In den USA ist es der zweitlängste seit dem Zweiten Weltkrieg und möglicherweise sogar der zweitlängste, den es je gegeben hat. Intuitiv ist da die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch, dass es noch jahrelang so weitergehen kann.

Es gibt auch ausreichend Hinweise für einen Abschwung. Der US-Arbeitsmarkt läuft zwar derzeit noch rund, doch der Zenit ist wohl überschritten. Befragte Unternehmen schätzen die Entwicklung der Beschäftigung in den kommenden Monaten immer noch positiv ein, aber die Dynamik lässt nach (Grafik 1).

Nachlassende Dynamik bedeutet nicht automatisch eine Rezession. Bereits 2011 und 2015/16 gab es einen Abwärtstrend. Die Wirtschaft kühlte tatsächlich ab, aber zu einer Rezession kam es nicht. Es ist durchaus möglich, dass wir nicht die ersten Ansätze vom Ende des Aufschwungs sehen, sondern lediglich eine temporäre Abkühlung wie 2015/16.

Neue Wachstumsrekorde – das kann man immerhin sagen – sind nicht zu erwarten. Konsumenten geben bereits alles. Für höhere Wachstumsraten müssten Unternehmen mit ihren Investitionen nachziehen. Diese liegen immer noch unter dem Wert von 2014 und die Stimmung trübt sich bereits ein (Grafik 2).

Auch das Verbrauchervertrauen will nicht mehr steigen, sondern scheint sich langsam nach unten zu bewegen. Auch die Zinskurve, die kurz vor der Inversion steht, deutet eine nahende Rezession an. Eigentlich deutet alles darauf hin. Man könnte sich der Sache also recht sicher sein. Könnte.

Ein Aufschwung kann auch mehrere Jahrzehnte dauern. Australien ist so ein Beispiel (Grafik 3). Seit Anfang der 90er Jahre schrumpfte die Wirtschaft auf Jahressicht nicht mehr. Die letzte offizielle Rezession wurde vor 26 Jahren beendet.

Anzeichen für eine Rezession gab es immer wieder. So invertierte die Zinskurve in Australien zur Jahrhundertwende und dann wieder 2006/07. Eine Rezession folgte nicht. Genau das sagt auch die US-Notenbank: die Zinskurve ist ein Hinweis, aber kein Schicksal. Eine Inversion bedeutet nicht automatisch Rezession.

Der Track Record der US-Zinskurve ist deutlich höher als in vielen anderen Ländern. Ganz vergleichbar sind Australien und die USA nicht, zumal Australien starken Binnenkonsum hat und Rohstoffe exportiert. Rohstoffe sind Zyklen unterworfen, aber am Ende werden Rohstoffe immer gebraucht. Das gibt eine gewisse Sicherheit.

Am Ende können wir nicht wissen, ob es Ende 2019 oder 2020 zu einer Rezession kommt. Vieles deutet daraufhin. Schicksal ist das aber nicht. Die Option, dass wir lediglich eine Delle wie 2015/16 sehen, besteht immer noch. Alles hängt letztendlich am Handelskonflikt. Zieht sich dieser zu sehr in die Länge, werden Unternehmen ihre Investitionen massiv zurückfahren. Andere Gründe für einen Abschwung lassen sich aktuell einfach nicht finden.

Wird der Handelskonflikt beigelegt (das Vorhaben der EU und der USA jetzt über Zollabbau zu verhandeln ist übrigens noch keine Entwarnung im Handelskonflikt), ist denkbar, dass plötzlich sehr viel investiert wird. Das trägt den Aufschwung dann noch jahrelang. Die Chancen auf den längsten Aufschwung aller Zeiten (in den USA) würde ich noch nicht abschreiben.

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3 Kommentare

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  • Sheldon35
    Sheldon35

    "Trotz aktuellen hohen Wachstums sind sich viele sicher, dass wir in den nächsten 2 Jahren eine schrumpfende Wirtschaft sehen werden"....wenn sich viele so sicher wäre wie sie schreiben, dann würden wir im DJIA nicht bei 25440 stehen sondern ehern bei 10 000 !

    12:17 Uhr, 28.07. 2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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