Kommentar
09:45 Uhr, 26.01.2016

Aufatmen bei den Ölkonzernen

Der Ölpreis ist für Ölkonzerne derzeit kein Grund zum Jubeln. Es gibt aber einen anderen Grund: Der Klimagipfel von Paris ist gerade zwei Monate alt und schon zeigt sich, dass sich eigentlich wenig ändern wird.

Statt einer Reduktion des CO2 Ausstoßes kann erst einmal weiter kräftig Öl und Kohle verbrannt werden. Den Ölkonzernen dürfte das gefallen.

Der Schock für Ölkonzerne saß zunächst tief. Als die Beschlüsse des Pariser Klimagipfels veröffentlicht wurden, feierte die Welt. Teilnehmer waren gerührt und Spitzenpolitiker brachen vor Freude in Tränen aus. Man hatte den Eindruck, dass CO2 Ausstoß ein Relikt der Vergangenheit ist und ab morgen fossile Brennstoffe verbannt werden.

Die Beschlüsse wurden so ausgiebig gefeiert, dass man ein sofortiges Ende der Öl-, Gas- und Kohleindustrie befürchten musste. Dem ist nicht so. Mit etwas zeitlichem Abstand stellt sich immer mehr heraus, wie substanzlos die Einigung ist. Zugegeben, es ist ein großer Schritt, der in Paris gemacht wurde. Keiner hätte gedacht, dass sich fast 200 Staaten auf gemeinsame Ziele einigen könnten.

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Vermutlich war die Freude vor allem deswegen so groß. Die Erwartungen waren hoch, doch insgeheim hat wohl keiner zu hoffen gewagt, dass sich die Staaten einigen. Da nun aber genau das geschah, sorgte es für eine große Überraschung.
Die Beschlüsse sind ambitioniert und werden doch nicht einmal ansatzweise ausreichen, um die Ziele zu erreichen. Als Ziel wurde eine Begrenzung des Temperaturanstiegs von maximal 2° ausgegeben. Im Idealfall bleibt die Erderwärmung bei maximal 1,5°. Dieses Ziel steht nun aber im Widerspruch zu den CO2 Reduktionszielen.

Die Grafik zeigt den historischen CO2 Ausstoß seit 1990. 1990 betrug er ungefähr 35 Gigatonnen. Inzwischen ist dieser Wert auf knapp 50 Gigatonnen pro Jahr angestiegen. Um das 2°-Ziel zu erreichen müsste der Ausstoß nun ab sofort deutlich sinken. Bis 2030 dürfte der jährliche Ausstoß maximal zwischen 28 und 45 Gigatonnen liegen.

Die teilnehmenden Staaten haben sich auf das 2°-Ziel verständigt, doch die Reduktion der Treibhausgase, die ebenfalls beschlossen wurde, passt nicht zu diesem Ziel. Vielmehr steigt der Treibhausgasausstoß bis 2030 auf 52 bis 55 Gigatonnen. Das jährliche Wachstum des CO2 Ausstoßes beträgt damit im besten Fall 0,5 % pro Jahr. In den vergangenen Jahren lag das Wachstum bei 1,5 %. Das Wachstum verlangsamt sich also, doch es bleibt bei substantiellem Wachstum.

Die Wachstumsrate kehrt auf das Niveau der 90er Jahre zurück. Das ist sicherlich ein Fortschritt, aber gewiss kein Befreiungsschlag. Soll der Temperaturanstieg trotz des Anstiegs der Treibhausgase bis Ende des Jahrhunderts auf 2° begrenzt werden, müsste der Ausstoß ab 2030 massiv sinken. Er müsste so stark sinken, dass man selbst in den kühnsten Träumen nicht daran glauben kann.

Die Beschlüsse sind grundsätzlich bindend. Sie sollen regelmäßig überprüft werden. Doch was bringt es, wenn es keine Sanktionen gegen Verstöße gibt? Ebenso problematisch ist die zeitliche Verzögerung, mit der alles geschehen wird. Bis 2020 ist mit wenig Veränderung zu rechnen. Bis dahin wird jeder Staat seine Pläne zur Reduktion des Ausstoßes ausarbeiten. Erst danach wird es ernst.

Bis es ernst wird, sind die meisten Politiker, die den Beschluss tragen, nicht mehr im Amt. Das ist vielleicht nicht einmal das größte Problem, sondern vielmehr, dass entwickelte Länder ab 2020 mindestens 100 Mrd. Dollar pro Jahr für den Klimaschutz aufbringen sollen. Dieses Geld soll Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden, um die Kosten zu meistern. Spätestens dann, wenn es um Milliardensummen geht, werden die Beschlüsse ins Wanken kommen.

Die Beschlüsse von Paris haben unterm Strich eher Symbolcharakter. Für die Ölkonzerne dieser Welt ist das eine gute Nachricht. Sie müssen nicht um ihr Geschäftsmodell bangen. Sie müssen nicht einmal fürchten, dass der Ölverbrauch wegen der Beschlüsse in naher Zukunft zurückgeht oder weniger stark wächst als zuletzt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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