Analyse
08:30 Uhr, 16.07.2014

Auch für deutsche Aktien keine Gnade: Drägerwerk stürzt ab

Bei einem Tagesminus von 16% muss die Lage verheerend sein. Das Unternehmen gab ein Update zum Gesamtjahr heraus. Ist es wirklich so schlimm?

Erwähnte Instrumente

  • Drägerwerk AG & Co. KGaA Vz - WKN: 555063 - ISIN: DE0005550636 - Kurs: 65,79 € (XETRA)

Die Frage lässt sich ziemlich einsilbig beantworten: nein. Trotzdem stürzt die Aktie ab. Das sieht nach einer Überreaktion aus. Das Unternehmen verlor heute 120 Mio. EUR Marktkapitalisierung. Für das, was das Unternehmen gestern als Ad Hoc Mitteilung brachte, ist das schon deftig. Das Update der Jahresprognose beinhaltet eine Korrektur nach unten. Der Jahresumsatz wird voraussichtlich nur noch um 2 bis 4 % zulegen. Anfang des Jahres wurden 3 bis 6 % prognostiziert. Aber immerhin: der Umsatz wächst. Was allerdings unterm Strich übrig bleiben wird, das wird schrumpfen. Die operative Gewinnmarge wird auf 4,5 bis 6,5 % sinken. 2013 lag die Marge bei 8,42 %. Das ist ein deutlicher Abrieb. Das operative Ergebnis sollte somit im schlimmsten Fall auf 110 Mio. EUR sinken. Im besten Fall sinkt es auf 160 Mio.

Der Rückgang des operativen Ergebnis hat es deutlich mehr in sich als die Revision der Umsatzprognose. Hier dürfte es zwischen 20 und 45 % nach unten gehen. Als Reingewinn blieben dann zwischen 35 und 50 Mio. übrig. Diese Zahlen basieren auf einer Nettomarge wie sie Drägerwerk in Krisenjahren erwirtschaftete. Es ist also eher ein Worst Case Szenario. Im Normalfall sollte am Jahresende ein Gewinn von 60 Mio. verzeichnet werden können. Damit wäre Drägerwerk aktuell mit einem KGV von 11 bewertet. Gegenüber dem DAX ist das sehr wenig. Hier beträgt das durchschnittliche KGV 16. Der MDax ist etwas billiger mit ca. 15. Drägerwerk ist auch hier im Vergleich sehr günstig.

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Drägerwerk handelt derzeit an der Börse zum Buchwert. Einen Euro Umsatz kann man inzwischen um 25 Cents kaufen. Das sind gute Werte, zumal das Unternehmen noch immer einen soliden Gewinn erwarten lässt. Der Kursrutsch ist damit nicht gerechtfertigt. Fundamental macht er keinen Sinn. Die lange Gewinnhistorie zeigt auch, dass nicht mehr mit weiteren großen Rückgängen gerechnet werden muss - unter normalen Umständen. Vergleicht man das Niveau des Gewinns mit dem Aktienkurs, dann kann der Kurs trotzdem noch deutlich nachgeben. Denkbar wären Abgaben bis 48 EUR. Soweit muss es freilich nicht kommen. Nach dem heutigen Abverkauf kommt einem das allerdings gar nicht mehr so absurd vor.

Drgerwerk AG Co KGaA
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Die Flucht der Anleger kann wahrscheinlich mit Befürchtungen erklärt werden, dass Drägerwerk grundlegendere Probleme hat. Das Unternehmen erklärt einen Teil des Gewinnrückgangs mit dem starken Euro. Nun ja, das ist eine schlechte Erklärung. Andere Unternehmen konnten damit auch gut umgehen. Man stellt sich zu Recht die Frage, weshalb es andere können sollen, aber Drägerwerk nicht. Ebenso gibt die stark rückläufige Gewinnmarge zu denken. Mit sehr viel Fantasie lässt sich auch hier auf Probleme schließen. Wechselkurse sind das eine, ein Rückgang der Marge um 25 bis 40 % das andere. Wechselkurse allein erklären das nicht mehr. Entweder ist die Nachfrage gering (der Umsatz zeigt etwas anderes an) oder die Konkurrenz ist einfach günstiger. Dann hat Drägerwerk ein strukturelles Problem. Der Gewinn könnte langfristiger sinken. Das sind aber wilde Spekulationen. Noch sehe ich keinen Grund, dafür das schlimmste zu befürchten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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