Kommentar
11:00 Uhr, 05.11.2018

Anleihemarkt: Technologieunternehmen verkaufen Bonds in großem Stil

Dass die US-Notenbank dem Markt Liquidität entzieht, wissen wir. Sie sind aber nicht die einzigen. Auch Großunternehmen steigen in die Geldpolitik ein.

Persönlich sehe ich keinen Zusammenhang zwischen der Geldpolitik und dem aktuellen Marktgeschehen. Konkreter sehe ich keinen Zusammenhang zwischen der Bilanzverkleinerung der Notenbank und dem Aktienmarkt. Was den Leitzins anbelangt, sieht die Sache etwas anders aus. Hier droht die Notenbank zu übertreiben.

Generell, ob nun wegen des Leitzinses oder der Bilanzverkleinerung, ist die Liquiditätssituation in den USA nach wie vor solide. Stressindizes, die die Liquidität messen, sind alle im grünen Bereich. Dem Markt fehlt es nicht an Geld.

Das ist eine kleine Überraschung. Niemand hätte das noch vor wenigen Jahren für möglich gehalten. Inzwischen wirft die Notenbank 300 Mrd. Dollar an Anleihen und Hypothekenpapieren pro Jahr auf den Markt (Grafik 1). Dieser Wert wird in den kommenden Monaten auf 600 Mrd. ansteigen. Monat um Monat werden dem Markt dann 50 Mrd. entzogen.

Dies betrifft vor allem US-Staatsanleihen. Hier werden bald 30 Mrd. pro Monat an Anleihen verkauft. Der Anleihemarkt kann damit derzeit noch gut umgehen. Einen großen Selloff hat es nicht geben. Die Rendite der Anleihen ist nicht sprunghaft angestiegen. Vielmehr fragt man sich, ob die Rendite langlaufender Anleihen überhaupt noch vom Fleck kommt.

Wie lange das so bleibt, müssen wir abwarten. Es kommen nämlich neue Akteure hinzu, die im großen Stil Anleihen verkaufen. Die großen US-Technologieunternehmen wie Apple und Microsoft haben in den vergangenen Jahren horrende Summen gehortet. Das Geld wurde im Ausland geparkt, um Steuern zu sparen. Es lag aber nicht einfach auf dem Konto herum, sondern wurde verwendet, um Anleihen zu kaufen.

Dank der Steuerreform kann dieses Geld nun ohne zu schmerzhafte Abstriche verwendet werden. Den Unternehmen ermöglicht dies Rekordausschüttungen an Aktionäre. Ein Teil der Ausschüttungen wurde durch Schulden finanziert. Anstatt Geldreserven anzuzapfen war es billiger, Schulden aufzunehmen.

Damit ist jetzt Schluss. Anstatt die Schulden zu erhöhen, wird das vorhandene Geld verwendet. Bei Apple hat das allein in den ersten beiden Quartalen zu einer Reduktion der Cashbestände von 38 Mrd. geführt (Grafik 2). Ein Großteil dieses Geldes steckte in Unternehmens- und Staatsanleihen.


Apple steht hier nicht alleine da. Dutzende Großunternehmen verkaufen Monat um Monat Anleihen in Milliardenhöhe. Bei Apple waren es in diesem Jahr pro Monat über 7 Mrd. Dollar. Apple ist sicherlich der größte Fisch in diesem Teich. Zusammen mit anderen Unternehmen kann man jedoch davon ausgehen, dass zwischen 20 und 25 Mrd. an Anleihen pro Monat verkauft werden.

Das Tapering der Fed in der Höhe von 50 Mrd. pro Monat wird so quasi um 50 % aufgestockt. Das ist schon eine nennenswerte Größenordnung. Immerhin wird das Geld an Aktionäre ausgeschüttet, die dann mit diesem Geld Apple die Anleihen abnehmen können. Insofern ist es lediglich eine Umverteilung. Wie gut diese Umverteilung funktioniert, muss sich mittelfristig noch zeigen. Aktuell kann der Markt mit dem erhöhten Angebot von Anleihen umgehen.

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2 Kommentare

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  • tschak
    tschak

    super Artikel! Dankeschön !!

    11:28 Uhr, 05.11.2018
  • new-agens
    new-agens

    Naja, mit "werden bald auf den Markt geworfen" ist das sone Sache: Die letzte FED-Reduktions-Tranche Ende Oktober waren schon ca. 35 Mrd. USD. Zumal: Hochrechnen ist durchaus erlaubt: 50 Mrd. von der FED + 100 Mrd. neue Schulden von der US-Regierung macht: 150 Mrd. USD pro Monat, die dem Markt entzogen werden. Den interessanten (!!!) Hinweis mit den Anleihenverkäufern Apple & Co. mal ganz außen vorgelassen. Gehe da mal contra und postuliere: Da kommt der Markt überhaupt nicht mit klar. Im Gegenteil: Geht das so weiter, hat das glasklar deflatorische Auswirkungen. Genau deswegen wird´s auch morgen interessant. Sollte Trump (wider Erwarten vieler) beide Kammern behalten, passiert da noch was im November. Da er eh noch nicht mal weiß, wie Tabu geschrieben wird, könnte er per Basta-Entscheidung die FED versuchen wegzuknüppeln (kenne aber die Rechtslage nicht wirklich), um im Gegenzug einen Deal mit China zu machen. Dann und damit würde der Dollar abwerten - mit bekannten Folgen...

    11:21 Uhr, 05.11.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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