Kommentar
18:08 Uhr, 20.12.2017

Anlagenotstand wird zu Anlagepanik?

Seit Jahren wird argumentiert, dass eigentlich niemand mehr weiß, wohin mit all dem Geld. Wegen niedriger Zinsen herrscht Anlagenotstand. Dieser erreicht eine neue Dimension.

Geld muss irgendwohin. Das gilt vor allem für diejenigen, die sehr viel Geld haben. Das müssen nicht unbedingt Millionäre und Milliardäre sein. Es geht auch um Unternehmen. Insbesondere Versicherungen müssen gigantische Summen anlegen. Allein die Allianz Gruppe hat eine Bilanzsumme von knapp 900 Mrd. EUR.

In diesen 900 Mrd. EUR stecken eine ganze Menge Investitionen. So hält die Allianz 241 Mrd. EUR an Unternehmensanleihen. Weitere 200 Mrd. EUR stecken in Staatsanleihen und immerhin noch 46 Mrd. EUR in Aktien. Ein Teil dieser Anlagen gehört nicht der Allianz. Er gehört den Kunden, die z.B. eine Lebensversicherung bei der Allianz haben. Der Konzern muss das Geld aber trotzdem anlegen.

Versicherungen können nicht einfach ihr ganzes Geld in den Aktienmarkt stecken. Für die Verbindlichkeiten ist der Aktienmarkt zu volatil. Es braucht vorhersehbare Renditen und Cashflow. Anleihen sind daher die erste Wahl. Nun haben Notenbanken viele hunderte Milliarden an Anleihen aufgekauft. Der Kuchen, an dem sich Anleger bedienen können, ist kleiner geworden.

Es sind je nach Region weniger Anleihen verfügbar als vor QE. Eine so hohe Nachfrage treibt die Preise von Anleihen nach oben und die Renditen nach unten. Das hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Unternehmensanleihen zum Ersatz für Staatsanleihen wurden. Nicht zuletzt deswegen können Unternehmen Schulden zu Spottpreisen aufnehmen.

Der Anlagenotstand ist damit zwar behoben, doch es gibt ein weiteres Problem: Renditenotstand. Lebensversicherungen haben oft garantierte Zinsen. Liegen diese z.B. bei 3 %, doch Anleihen liefern nur 1 %, ist das ein Problem. Es bleibt nur die Anlage in riskantere Assets.

Ein solches Asset sind etwa griechische Anleihen. Die Rendite für 10-jährige Papiere fiel zuletzt unter 4 % (siehe Grafik). Das ist rekordverdächtig. Vor der Finanzkrise lag die Rendite einmal bei knapp über 3 %. Das waren die guten Zeiten, in denen Griechenland noch solvent war. Heute kann davon überhaupt keine Rede sein.

Anlagenotstand-wird-zu-Anlagepanik-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1

Es ist nicht bekannt, wer hier Anleihen im großen Stil kauft. Doch die Kaufpanik, die die Renditen hat einbrechen lassen, ist nahezu absurd. Griechenland ist und bleibt bankrott. Die Staatsverschuldung liegt bei knapp 180 % der Wirtschaftsleistung. Die Wirtschaft wächst mit weniger als 2 %.

Griechenland hat inzwischen zwar einen Primärüberschuss (Staatsbudget vor Berücksichtigung der Zinszahlungen), doch dieser reicht aktuell noch nicht, um die Zinsen zu bedienen. Das mag in wenigen Jahren durchaus möglich sein, doch damit sind nur die Zinsen gedeckt und keine Rückzahlung von Schulden.

Mir ist absolut rätselhaft, wie es möglich ist, dass irgendwelche Anleger hier Anleihen aufkaufen als wären sie Gold. Griechenland ist auf unbestimmte Zeit bankrott. Daran ändert auch eine temporäre Rückkehr an den Finanzmarkt nichts. Es wirkt wie Anlagenotstand einer ganz neuen Dimension.

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

2 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Elchness
    Elchness

    Zitat aus Ihrem Artikel https://www.godmode-trader.de/...

    "Dass die Schulden streng genommen nicht tragfähig sind, ist kein Argument. Es geht nicht darum, ob die Schulden wieder zurückgezahlt werden können oder nicht. Es geht allein um den Glauben, dass die Zinsen pünktlich gezahlt werden."

    Zitat in diesem Artikel

    "[...] doch damit sind nur die Zinsen gedeckt und keine Rückzahlung von Schulden. [...]Griechenland ist auf unbestimmte Zeit bankrott."

    Ja was denn nun? Geht es bei Anleihen nur darum, dass die Zinsen pünktlich gezahlt werden, oder spielt es auch eine Rolle ob die Zinsen jemals zurückgezahlt werden können?

    10:57 Uhr, 21.12.2017
  • Silberpapst
    Silberpapst

    Willkommen im Geldsozialismus....

    07:56 Uhr, 21.12.2017

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten