Kommentar
14:51 Uhr, 08.10.2015

Anlagechancen, wie sie nur alle paar Jahrzehnte auftreten

Kurzfristige Marktturbulenzen können Portfolios mitunter stark schwanken lassen, doch Michael Hasenstab von der Templeton Global Macro arbeitet geduldig an seiner Strategie, die auf langfristige Marktveränderungen ausgerichtet ist. Seines Erachtens ergeben sich durch die Panik der Anleger für Renteninvestoren Chancen, wie sie nur einmal alle paar Jahrzehnte auftreten, vor allem auf manchen angeschlagenen Schwellenmärkten.

Klare Zweiteilung der Marktphasen in 2015

Die Marktaktivitäten lassen sich für 2015 klar in zwei Phasen unterteilen: was im ersten Halbjahr bis Ende Juni passierte, und was wir seit Ende Juni beobachten. In der ersten Jahreshälfte entsprach das Marktgeschehen ziemlich genau der Ausrichtung unserer globalen Anleihestrategien. Der Euro und der Yen gaben weiter nach, und US-Schatzpapiere entwickelten sich unterdurchschnittlich. Diese Entwicklungen eröffneten Chancen, Positionen auf bestimmten Schwellenmärkten einzugehen und aufzustocken, deren Währungen zwischen 10% und 15% an Wert verloren hatten.

Ende Juni traten die Märkte schließlich in eine von Panik und gewaltiger Risikoscheu geprägte Phase ein, ausgelöst durch Konjunktursorgen um China. Viele Schwellenländerwährungen gaben noch einmal um 10% bis 15% nach, während Yen und Euro weitgehend unverändert blieben und als sichere Häfen wahrgenommen wurden. Parallel dazu zogen US-Schatz- papiere an. Im Zusammenspiel schufen diese Ereignisse Bedingungen, die unseren globalen Anleihestrategien komplett zuwiderliefen. Zuversichtlich stimmt uns aber, dass viele Schwellenländerwährungen unserer Einschätzung nach inzwischen vielfach um 15% bis 30% unterbewertet sind. Wir konnten diese volatile Phase nutzen, um in notleidenden Anlagen Chancen zu entdecken und darauf zu setzen. In bestimmten Fällen erreichten die Bewertungen ein Niveau, wie es nicht nur lediglich einmal alle zehn Jahre vorkommt, in manchen Fällen sogar, wie Sie nur alle paar Jahrzehnte vorkommen.

Auf steigende US-Zinsen vorbereitet

Wir gehen nicht davon aus, dass sich die jüngste Phase absoluter Panik fortsetzen dürfte. Die größere Gefahr sehen wir in der Sensibilität der Finanzmärkte für steigende Zinsen. Aus diesem Grund möchten wir unsere Strategien so aufstellen, dass wir für steigende Zinsen (insbesondere bei US- Schatzanleihen) gerüstet sind und eine negative Korrelation mit dem Rentenmarkt und mit anderen riskanten Anlagen besteht, die von höheren Zinsen beeinträchtigt werden könnten.

Die große künftige Tragödie für viele Anlegerportfolios ist unserer Ansicht nach die Überzeugung, dass die Korrelationen der letzten 30 Jahre fortbestehen – insbesondere die umgekehrten Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen. Andernfalls – falls es parallel zu Abwärtstrends auf Renten- und Aktienmärkten kommt – sind die Portfolios vieler Anleger unter Umständen ungünstig positioniert. Ein solches Szenario hat es in den letzten 30 Jahren nicht gegeben, doch für die Zukunft ist das nicht ausgeschlossen. Wir befinden uns in einer Ausnahmephase. Nie zuvor sind die Märkte für US- Schatzpapiere von der Geldpolitik so verzerrt worden wie heute. Wir müssen daher umdenken. Was in den letzten 30 Jahren funktioniert hat, funktioniert nicht unbedingt auch in den nächsten fünf Jahren. Deshalb müssen wir proaktiv ein Portfolio aufbauen, das diese anderen Merkmale aufweist und nicht unbedingt mit steigenden Zinsen korreliert.

Drei Bereiche, die künftig Anlagechancen bieten

Mit unserer Strategie fokussieren wir uns derzeit auf drei Hauptbereiche mit Anlagepotenzial: 1) die profunden Wertchancen auf bestimmten Schwellenmärkten, 2) Short- Engagement in US-Schatzpapieren bei steigenden Zinsen und 3) flexibles Management auf den Währungsmärkten zum Eingehen von Long- und Short-Positionen. Diese drei grundlegenden Treiber für Anlageerträge finden wir bezüglich der Investmentchancen für die nächsten Jahre wirklich spannend.

Erstens konzentrieren wir uns zurzeit auf bestimmte Schwellenmärkte, die so niedrig bewertet sind wie seit zig Jahren nicht mehr und/oder überhaupt noch nie. Dazu gehört der mexikanische Peso, der einen historischen Tiefststand erreicht hat. Auch der malaysische Ringgit und die indonesische Rupiah verzeichnen ein Niveau, wie wir es zuletzt während der asiatischen Finanzkrise 1998 beobachtet haben. Auf Bewertungsbasis sind das Chancen, wie sie nicht nur einmal alle zehn, sondern einmal alle zig Jahre vorkommen – zum Kauf von Anlagen, die wir als äußerst günstig erachten. Sicherlich bieten nicht alle Schwellenländer soliden Wert. Wir kaufen längst nicht alles. So investieren wir beispielsweise nicht in Länder wie die Türkei oder Südafrika. Es gibt aber eine Handvoll Länder, die von den aktuellen Marktturbulenzen mitgerissen wurden und die wir für ungeschliffene Diamanten halten – die Chancen bieten, wie es sie einmal alle zig Jahre oder bei manchen dieser Länder vielleicht nur einmal in ihrer Geschichte gibt.

Zweitens richten wir unsere Portfolios so aus, dass sie negativ mit US-Schatzpapieren korrelieren. Eines der größten Risiken für die nächsten fünf Jahre stellen unserer Ansicht nach steigende US-Zinsen dar. Nach unserer Einschätzung rechtfertigt die Stärke der US-Wirtschaft höhere Zinsen, und die Inflation ist in der Zinskurve von US-Schatzpapieren nicht angemessen eingepreist. In den letzten 30 Jahren verdienten die meisten Anleger an fallenden Zinsen. In den nächsten fünf Jahren sollte man unseres Erachtens an steigenden Zinsen verdienen. Daher setzt unsere Strategie auf kurze Duration bei US-Schatzpapieren.

Drittens halten wir es für wichtig, eine ausgesprochen flexible Strategie zu verfolgen, die sich über alle Währungsmärkte hinweg in unterschiedlicher Richtung engagieren kann. Einer der attraktivsten Aspekte der Devisenmärkte ist, dass generell immer irgendeine Währung unterbewertet ist. Es passt niemals alles perfekt zusammen. Daher können Anleger Allokationen in gegenläufige Richtungen vornehmen – etwa durch Long- bzw. Short-Engagement im US-Dollar. Aktuell sind wir so flexibel, dass wir im US-Dollar in Long-Position gehen können gegenüber Short-Positionen im Yen, im Euro und im australischen Dollar. Gleichzeitig können wir Short-Engagement im US-Dollar mit Long-Positionen kombinieren, die wir als unterbewertet erachten, etwa im mexikanischen Peso. Solche Strategien könnten sich in ein paar Jahren komplett drehen, wenn wir Bewertungsanpassungen feststellen. Die Flexibilität, sich auf den Währungsmärkten immer dort zu engagieren, wo Wert geboten wird, sorgt dafür, dass uns die Anlagechancen nie ausgehen. Andere Wertpapiermärkte sind dagegen oft von ihrer jeweiligen Position in einem Investmentzyklus abhängig. In der Summe erkennen wir für die kommenden Jahre enorme Chancen.

Abschließend sind wir daher der Auffassung, dass sich derzeit attraktive Value-Chancen auf vielen Schwellenmärkten ergeben. Zweitens setzen wir auf Short-Engagement in US- Schatzpapieren bei steigenden Zinsen, und drittens auf die Flexibilität für Long-/Short-Engagement auf den Devisenmärkten. Diese drei Bereiche finden wir im Hinblick auf die Investmentchancen der nächsten Jahre wirklich aufregend.

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